Dass
die «heilige Kuh» der automatischen Lohnerhöhungen bei den Baselbieter
Kantonsangestellten geschlachtet wird, ist das erklärte Ziel der Regierung. Sie
arbeitet an einem Wechsel des Lohnsystems weg von den fixen
Erfahrungsstufen-Anstiegen alle paar Jahre hin zu einem Leistungslohn, bei dem
Erhöhungen von den jährlichen Mitarbeitergesprächen (MAG) abhängen. Dies
bestätigte Personalamtschef Martin Lüthy dieser Zeitung bereits vor knapp einem
Jahr. Doch ob es tatsächlich so weit kommt, ist noch ungewiss.
Personal fürchtet Leistungslohn, Schweiz am Wochenende, 2.12. von Michael Nittnaus
Denn die
Unzufriedenheit des Personals wächst – und damit auch der Widerstand. Dies
wurde nicht zuletzt an der grossen Protestveranstaltung des Staatspersonals
Anfang November in der Mittenza Muttenz deutlich, an der die Gesamtregierung
und allen voran Finanzdirektor Anton Lauber ins Kreuzverhör genommen wurde. Wie
Recherchen der «Schweiz am Wochenende» nun zeigen, hat sich die
Arbeitsgemeinschaft der Baselbieter Personalverbände (ABP) kurz davor, Ende
Oktober, aus der Beratergruppe des Projekts, dem sogenannten Sounding Board,
zurückgezogen. Dies aus Protest, da die eigentliche Projektgruppe des Kantons
sämtliche Vorschläge der Verbände des Staatsund Gemeindepersonals (VSG), der
Lehrerschaft (LVB), der Polizisten (PVPBL) und des Personals öffentlicher Dienste
(VPOD) komplett ignoriert habe.
Stufenlose Lohnbänder kommen
«Von Anfang an
wurden wir an den Rand gedrängt. Es war null Bereitschaft bei der Regierung zu
erkennen, unsere Inputs nur schon zu prüfen», sagt LVBPräsident Roger von
Wartburg auf Anfrage. Und VSG-Präsident Simon Habermacher ergänzt: «Das Ziel
des Projekts schien von Beginn weg in Stein gemeisselt, an Alternativen war der
Kanton nie interessiert, sondern man stellte uns jeweils vor vollendete
Tatsachen.»
Auch wenn das neue Lohnsystem erst 2022 – nach einer Übergangsphase
von zwei Jahren – umgesetzt werden soll und das Personalamt die Vorlage noch
erarbeitet, fügt sich langsam ein Bild zusammen. Fest steht, dass bereits 2018
die Mitarbeitergespräche des gesamten Kantonspersonals umgestellt werden.
Zurzeit laufen zwar noch jene fürs Jahr 2017, doch schon im Sommer 2018 folgen
die nächsten. Ab dann sollen die MAG nämlich jeweils Mitte Jahr stattfinden,
damit danach noch Zeit für die Festlegung der Lohnauswirkungen bleibt. Nach
einem Übergangsjahr wird das MAG im Sommer 2019 dann lohnrelevant, so die
Informationen der «Schweiz am Wochenende». Diese werden von Lüthy auf Anfrage
bestätigt. Er ergänzt aber: «Die neuen MAG funktionieren mit oder ohne neuem
Lohnsystem.»
Auch zum geplanten Leistungslohn gibt das Personalamt nun erstmals
Auskunft: Statt den fixen Lohnklassen mit automatischen
Erfahrungsstufenanstiegen alle ein oder zwei Jahre will man auf ein System mit
stufenlosen Lohnbändern wechseln. Abhängig von der Bewertung des MAG, die von
AAA bis C reicht, und ihrer Lage im Lohnband hätten die Mitarbeiter dann
Anspruch auf eine leistungsbezogene Erhöhung. Die Mittel, die für diese
Erhöhungen zur Verfügung stehen, wären allerdings beschränkt.
Hier setzt ein
Kritikpunkt der Personalverbände an: «Wenn die verteilbare Lohnsumme fix und
knapp ist, muss ein Vorgesetzter am Ende zwingend gewissen Angestellten den
Lohn kürzen, damit er anderen die verdiente Erhö- hung gewähren kann. Das kann
doch nicht der Sinn sein», sagt Habermacher. Es besteht also die Befürchtung,
dass die Regierung trotz gegensätzlicher Beteuerungen mit dem Systemwechsel
Einsparungen anstrebt. Lüthy entgegnet: «Die Lohnsumme wird analog zu den
Vorjahren zur Verfügung stehen. Sie bleibt konstant.» Auch der Landrat bekomme
keinen grösseren Einfluss darauf. Auch wenn es besonders viele gute
MAG-Bewertungen gäbe, würden alle eine Lohnerhöhung erhalten. Diese fiele
höchstens etwas niedriger aus, da die Gesamtsumme wie gesagt beschränkt sei.
Was ist ein guter Lehrer?
Die Verbände beraten nun «intensiv», wie von Wartburg
sagt, was genau ihre Vorstellungen sind. Mitte Dezember legen sie ihre
Strategie fest. «Wir verwehren uns nicht generell, etwas am Lohnsystem zu
ändern», hält VPOD-Präsident Martin Kaiser fest, «doch das jetzige System
sollte nicht schlechtgeredet werden». Auch bei den Erfahrungsstufen seien
Aussetzer oder doppelte Anstiege möglich. Beim Leistungslohn setzen die
Verbände ein Fragezeichen hinter die Messbarkeit der Leistung, gerade bei
Lehrern oder Polizisten. «Ist ein Lehrer gut, wenn er gute Noten verteilt? Hier
gerechte Kriterien zu finden, ist eine Illusion», sagt von Wartburg. Lüthy
nennt die grundsätzlichen drei Kriterien: Die erbrachten Leistungen, die auf
der Stellenbeschreibung basieren, die Kompetenzen der Mitarbeiter sowie die
erreichten Ziele, die in Projekten festgelegt würden. Dies könne durchaus auch
für Lehrer angewendet werden. Das Projekt wird im ersten Quartal 2018 in die
Vernehmlassung gehen. Lüthy sieht nur Vorteile, auch was das Image der
Kantonsangestellten angeht: «Die Öffentlichkeit wird dadurch sehen, dass sich
das Staatspersonal aufgrund seiner Leistung auch messen lässt.»
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