4. Dezember 2017

Aargauer Schulstrukturen sollen unabhängige Schulgemeinden ermöglichen

Die politisch schwachen Schulverbände sollen in eine handlungsfähigere Organisation überführt werden. Grossrat David Burgherr (SP) aus Lengnau möchte, dass der Regierungsrat prüft, ob im Aargau Schulgemeinden gegründet werden können.
Dieser Aargauer Lehrer fordert die Unabhängigkeit für Schulen, Aargauer Zeitung, 4.12. von Jörg Meier


Die Führungsstrukturen der Aargauer Volksschule sollen überprüft werden. Dies geschieht im Rahmen des Entwicklungsleitbildes 2017–2026, das der Regierungsrat beschlossen hat. Ziel des Leitbildes ist, die Qualität und die Effizienz des Unterrichts zu steigern.

Vorgesehene Massnahmen sind etwa, die Handlungsfreiheit der Schulen vor Ort zu stärken, eine schlanke und leistungsfähige Schulführung zu installieren, aber auch, die räumlichen Strukturen im Bildungsbereich zu überprüfen und zu verbessern. Dabei soll auch geklärt werden, welche Schulstandorte weiterhin eine Berechtigung haben und welche Schulen geschlossen werden; aber auch über das Schicksal der Schulpflegen wird entschieden.

«Beschränkt leistungsfähig»
Rechtzeitig zu Beginn der Diskussion um die Optimierung der Führungsstrukturen in der Volksschule kommt nun ein Vorstoss von Grossrat David Burgherr (SP) aus Lengnau. Er möchte, dass der Regierungsrat prüft, ob im Aargau Schulgemeinden gegründet werden können. Diese Schulgemeinden sollen den Einwohnergemeinden gegenüber gleichberechtigt sein.

Schulzusammenlegungen über die Gemeindegrenzen hinweg werden zunehmen. Bisher sind solche Schulen jeweils als Verband organisiert und nennen sich «Kreisschule». Solche Schulverbände seien aber nur bedingt «schlank und leistungsfähig», stellt Burgherr fest. Vielmehr sei die Handlungsfähigkeit der Schulen oft durch Partikularinteressen der Verbandsgemeinden beschränkt; die Schaffung eigenständiger Schulgemeinden sei deshalb sinnvoll.

Pädagogik gegen Sparpolitik
Die Organisationsform «Schulgemeinde» kennen etwa die Kantone Zürich, St. Gallen oder Thurgau. Im Kanton Aargau hingegen können bisher keine rechtlich eigenständigen Schulgemeinden geschaffen werden, die eine oder mehrere Schulgemeinden umfassen.

Mehrere Gemeinden – eine Schule
In einer eigenständigen Schulgemeinde sieht David Burgherr «handfeste Vorteile»: Durch die konsequente Übereinstimmung von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung sei die Schulgemeinde in der Unternehmensführung den Schulverbänden deutlich überlegen. Die Schulführung aus einer Hand schaffe gemeinsame, tragfähige Lösungen und eine nachhaltige Schulentwicklung. Die Schulgemeinde kann einen eigenen Steuerfuss beschliessen; die Schulgemeindeversammlung entscheidet bei Bedarf.

Aufwertung der Schulpflege
Ein Blick in den Nachbarkanton Zürich, wo Schulgemeinden etabliert sind, zeigt, dass diese Organisationsform sowohl Vorteile als auch Nachteile zum Aargauer Modell des Schulverbandes aufweist.

In der eigenständigen Schulgemeinde richtet sich der Finanzbedarf nach den Bedürfnissen der Schule, sie konkurriert nicht mit anderen Gemeindeaufgaben. Pädagogische Argumente werden höher gewichtet als Macht- und Sparpolitik, Partikularinteressen treten in den Hintergrund.

Nachteilig kann sich für die beteiligten Gemeinden auswirken, dass die Investi- tions- und Finanzplanung erschwert wird, dass Doppelspurigkeiten etwa bei der Infrastruktur vorkommen können oder dass die Schulgemeinde den politischen Gemeinden ein hartnäckiger Partner ist.

Dennoch möchte Burgherr den Regierungsrat davon überzeugen, dass es sinnvoll wäre, das Gemeindegesetz so anzupassen, dass es künftig möglich ist, anstelle von Schulverbänden Schulgemeinden zu installieren, wenn das die beteiligten Gemeinden möchten. Zudem sollen auch einzelne Gemeinden künftig ihre Schule als unabhängige Schulgemeinde organisieren können. Eine spannende Überlegung auch im Hinblick auf die offene Zukunft der Schulpflegen im Aargau. Denn in einer Schulgemeinde hätte die Schulpflege wieder zentrale Bedeutung.


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