Der Übertritt an die Mittelschule ist für
Privatschüler nur nach bestandener Aufnahmeprüfung möglich. Schüler von
öffentlichen Bezirksschulen können mit dem verlangten Notenschnitt hingegen
prüfungsfrei in die Mittelschule eintreten. Nun wehrt sich eine Privatschule.
"Diskriminierend": Aargauer Privatschüler müssen zur Aufnahmeprüfung - Bezschüler nicht, Aargauer Zeitung, 20.11. von Jörg Meier
Das «Lernpodium Private Oberstufe» ist eine private
Tagesschule in Wettingen. Rund 60 Schülerinnen und Schüler besuchen die Schule,
die in kleinen Klassen auf Stufe Sekundar- und Bezirksschule unterrichtet. Dies
geschieht mit ausdrücklicher Bewilligung des Kantons. Das «Lernpodium Private
Oberstufe» finanziert sich ausschliesslich aus den Beiträgen der Eltern; der
Kanton gewährt der Schule keinerlei Unterstützung.
Mit dieser Tatsache hat die Schule leben gelernt.
Für Unmut und Unverständnis aber sorgt nun eine Regelung aus dem
Bildungsdepartement. «Unsere Bezirksschülerinnen und –schüler werden im
Vergleich zu den Schülern an den staatlichen Bezirksschulen klar benachteiligt»,
ärgert sich Schulleiter Thomas Koemeter.
Doppelt benachteiligt
Denn obwohl das Lernpodium eine bewilligte
Bezirksschule ist, müssen die Schülerinnen und Schüler obligatorisch eine
Aufnahmeprüfung ablegen, wenn sie in die Mittelschule wechseln wollen. Wer
hingegen die öffentliche Bezirksschule absolviert, muss das nicht. Wer den
verlangten Notenschnitt erreicht, kann prüfungsfrei in die Mittelschule
eintreten. Die obligatorische Abschlussprüfung wurde 2016 abgeschafft.
«Wir bieten eine gleichwertige Ausbildung wie die
staatliche Bezirksschule, deshalb ist die ungleiche Behandlung von Privatschule
und öffentlicher Bezirksschule diskriminierend», sagt Koemeter.
Auch bei der vom Kanton aufgezwungenen
Aufnahmeprüfung an die Mittelschule seien die Privatschulen benachteiligt, sagt
Koemeter. Die Prüfung findet jeweils bereits im März statt, also drei Monate
früher als seinerzeit die Abschlussprüfung.
Wer von der staatlichen Schule kommt und die
Aufnahmeprüfung an die Mittelschule absolvieren will, darf das erst im Jahr
nach dem Austritt aus der Volksschule tun. Und wer etwa von der
Fachmittelschule ans Gymnasium wechseln möchte, hat die gleiche Aufnahmeprüfung
zu bestehen. Die meisten Absolventen der Aufnahmeprüfung haben also rund ein
Jahr mehr schulische Erfahrung als die Privatschüler.
«Damit sind unsere Schüler gleich doppelt
bestraft», sagt Koemeter. «Auch wenn sie den notwendigen Notenschnitt
erreichen, dürfen sie nicht prüfungsfrei in die Kanti wechseln, sondern müssen
an die Prüfung, wo die meisten andern Prüflinge im Vorteil sind, weil sie einen
erheblichen Wissensvorsprung haben.»
Die Privatschule wehrt sich
Entsprechend fiel auch das Resultat aus: Von den
sieben Prüflingen des Lernpodiums bestand 2017 nur ein einziger die
Aufnahmeprüfung an die Kanti. «Wir hatten mindestens drei Schüler, welche den
erforderlichen Notenschnitt in den Zeugnissen deutlich übertroffen haben. Doch
sie mussten trotzdem zur Prüfung unter den genannten Umständen antreten.» Wer
nicht bestanden hat, stehe nun mit leeren Händen da.
In der Folge hat sich Thomas Koemeter an das
Bildungsdepartement gewandt und verlangt, die Ungleichbehandlung der
Privatschulen sei aufzuheben; künftig sollen auch Schülerinnen und Schüler des
Lernpodiums prüfungsfrei an die Kanti übertreten können, wenn sie den
erforderlichen Notenschnitt erreichen. «Bei uns unterrichten gleich
ausgebildete Lehrpersonen wie an der staatlichen Bezirksschule», argumentiert
Koemeter, «wir stellen die gleichen Anforderungen im Unterricht, und weil wir
kleine Klassen haben und als Tagesschule funktionieren, können wir unsere
Schüler wohl eher noch besser fördern als das an einer grossen öffentlichen
Bezirksschule in der Regel geschieht.» Für Koemeter ist nicht nachvollziehbar,
dass seine Privatschule zwar für den Übertritt von der Primar- an die Oberstufe
relevante Empfehlungen abgibt; beim Übertritt von der Oberstufe an die
Mittelschule sind hingegen die Einschätzungen der Schule nicht gefragt.
Verwaltungsgericht entscheidet
Das Bildungsdepartement sieht indes keinen Verstoss
gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und will deshalb nichts an der
Regelung ändern. «Die Übertrittsbedingungen mit Notenschnitt gelten
ausschliesslich für Schülerinnen und Schüler von öffentlichen Bezirksschulen»,
erklärt Simone Strub, Mediensprecherin des Departements.
Privatschulen müssten sich zwar an den geltenden
Lehrplan halten, seien aber in der Gestaltung ihres Betriebs weitgehend frei.
«Es kann deshalb Unterschiede zur öffentlichen Schule geben, die sich auf die
schulischen Leistungen und Zeugnisnoten auswirken und die Vergleichbarkeit von
Notenschnitten erschweren», sagt Simone Strub weiter. Es gebe viele
Privatschülerinnen und –schüler, welche die Prüfung problemlos bestehen. «Sie
beweisen damit, dass der Ausbildungsgang an der Privatschule es ermöglicht, das
von der Mittelschule geforderte Niveau zu erreichen», folgert Strub.
Gut denkbar, dass dennoch schon bald Bewegung in
die Sache kommt. Denn Koemeter will Grossrätinnen und Grossräte für die
Thematik sensibilisieren, aber auch aufzeigen, inwieweit der Kanton von den
Privatschulen profitiert; so werden in den Aargauer Privatschulen rund 800
Kinder unterrichtet. Sämtliche Schulkosten tragen die Eltern; Gemeinden und
Kanton sparen dadurch viel Geld.
Die Eltern eines betroffenen Schülers sind zudem
beim Verwaltungsgericht vorstellig geworden, das nun entscheiden wird, ob eine
Diskriminierung vorliegt oder nicht.
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