Ich mag mich noch gut erinnern: Um die Jahrtausendwende bekam der Begriff
der Professionalität einen
zentralen Wert in der Lehrerbildung. Lehrerinnen und Lehrer sollten fachlich
und didaktisch ganz auf der Höhe ihrer Aufgabe sein. Die Forderung war und ist
auch heute noch richtig. Nur hat man damals weitgehend ausgeblendet, dass es
noch etwas ganz Anderes braucht, um als Lehrerin oder Lehrer bei den Schülern
wirklich anzukommen. Bei den wichtigen pädagogischen Fähigkeiten hielt die
vorherrschende Lehrmeinung nicht viel von der Vorstellung, eine Lehrerin könne
aus einer gefühlten
inneren Berufung ihr Potenzial am besten entfalten. Dies
widerstrebte wissenschaftlichem Denken. Ja man ging so weit, dass die
Verantwortung für eine Klasse möglichst unter viele Lehrpersonen aufgeteilt
werden sollte. Auf diese Weise würden die Kinder eine wünschenswerte Meinungsvielfalt
und unterschiedliche Schulstile kennen lernen.
Neues Rollenverständnis für Lehrerinnen und Lehrer? 12.11. von Hanspeter Amstutz
Neues Rollenverständnis für Lehrerinnen und Lehrer? 12.11. von Hanspeter Amstutz
Unterdessen hat der Wind kräftig gedreht. Die Aufsplitterung der Unterrichtspensen hat sich in vielen Klassen als fatal erwiesen. Schon fast verzweifelt suchen manche Schulleitungen nach Lehrern, welche wirklich bereit sind, die volle Verantwortung für eine Klasse zu übernehmen. Offensichtlich hat man gemerkt, dass selbständig denkenden Lehrkräften mit innerem pädagogischem Feuer der Schnauf nicht so rasch ausgeht. Sie sind tragende Stützen in den Schulteams, und wo diese Allrounder rar sind, merkt man es.
Manche Schulreformer hoffen, mit der Digitalisierung der Volksschule werde sich das Rollenverständnis der Lehrer ohnehin so ändern, dass man die pädagogische Arbeit problemlos auf viele Schultern verteilen könne. Ja viele sind überzeugt, die Schüler könnten die meisten Kompetenzen über individuelle Lernprogramme schneller und kostengünstiger erwerben. Doch wollen Kinder und Jugendliche wirklich Lehrerinnen und Lehrer, die sich mit der Rolle des Lernbegleiters begnügen?
In unserem Newsletter haben wir versucht, die spannende Aufgabe des Lehrerseins von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Was es heisst, Lehrer in einer erwartungsfrohen Klasse zu sein und welche Unterrichtsformen dabei zum Zug kommen, stehen dabei im Zentrum. Sozusagen als Kontrapunkt zu den Vorstellungen unserer Redaktion stellen wir eine vom LCH skizzierte mögliche Zukunftsvision über die Volksschule zur Diskussion.
Liebe Leserinnen und Leser, mit den heutigen Schwerpunktthemen möchten wir zu einem lebendigen Dialog mit Ihnen anregen. Wir freuen uns riesig über Reaktionen von Eltern, Jugendlichen und Lehrkräften. Unsere Volksschule verdient es, dass diese Diskussion nicht nur in einem engen Expertenkreis stattfindet.
Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre und hoffen auf Zuschriften, die wir gerne in der nächsten Ausgabe veröffentlichen werden.
Für das Redaktionsteam «Lehrplan vors Volk»
Hanspeter Amstutz
Der Text von Hanspeter Amstutz ist die Einleitung zum Newsletter des Initiativkomitees "Lehrplan vors Volk" http://www.lehrplan-vors-volk.ch/newsletter/
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