1. November 2017

Maulkorb für Basler Lehrer

Nach der Lernberichts-Verweigerung der «Gotthelf»-Lehrer melden sich nun andere zu Wort. Offenbar hat das ED bereits vor Längerem eine Weisung herausgegeben, die es Lehrern untersagt, gegenüber Medien Auskünfte zu geben oder Stellung zu beziehen.

Das Schweigen bröckelt, Basler Zeitung, 1.11. von Nina Jecker



Es war ein ungewöhnlicher Akt des Widerstands. Ein Dutzend Primarlehrer des Basler Gotthelfschulhauses haben an einem Elternabend mitgeteilt, dass sie für Erstklässler keine Lernberichte ausfüllen werden – ausser, Eltern wünschten dies explizit. Diese Weigerung, über die auch die BaZ berichtet hat, ist nicht einfach eine Provokation. Es ist ein Zeichen, das gesetzt wurde, vielleicht sogar eine Verzweiflungstat. Die Gotthelf-Lehrer waren mit ihrem Anliegen, Erstklässlern noch keine detaillierten Lernberichte auszufüllen, um unnötigen Druck zu vermeiden, bereits ans Erziehungsdepartement (ED)gelangt. Ohne Erfolg.

Mit seiner Unzufriedenheit über die seit 2013 verlangten Lernberichte, die bereits im Kindergarten erstellt werden müssen, steht das Kollegium des Gotthelf-Schulhauses offensichtlich nicht alleine da. Bei der Leserbriefabteilung der BaZ ist ein Leserbrief eingegangen, gezeichnet von Lehrerinnen und Lehrern der Primarschule Wasgenring. Diese solidarisieren sich mit ihren Kollegen und schreiben, sie wären «manchmal auch gern mutiger».

Die Redaktion der BaZ hat sich dazu entschieden, den Brief nicht wie üblich auf der Leserbriefseite abzudrucken, sondern hier an prominenter Stelle im Lokalteil. Weil sich in diesem Fall nicht eine einzelne mehr oder weniger betroffene Person zu Wort meldet. Sondern eine ganze Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern, die unzufrieden sind mit der Art, wie mit ihren Einwänden beim ED umgegangen wird. Und damit, wie sie bereits die Kleinsten nicht nur aufgrund ihrer Leistungen, sondern auch aufgrund ihrer persönlichen und sozialen Kompetenzen schriftlich beurteilen müssen.

Maulkorb für die Lehrer
Die BaZ hat versucht, noch mit weiteren Lehrpersonen aus anderen Schulhäusern über das Thema zu sprechen. Und ist dabei auf viel Schweigen gestossen. Offenbar hat das ED bereits vor Längerem eine Weisung herausgegeben, die es Lehrern untersagt, gegenüber Medien Auskünfte zu geben oder Stellung zu beziehen. Die Angst vor den Konsequenzen scheint gross. Bis hin zu einer Verwarnung könne das gehen, befürchtet ein junger Lehrer. Er würde sich gerne äussern, sei er doch mit vielem nicht einverstanden, so wie es aktuell gehandhabt werde. Und ein offenes Ohr für die Anliegen der Lehrer habe leider auch Conradin Cramer, der Christoph Eymann als Bildungsdirektor gefolgt ist, nicht. Doch auch der junge Lehrer traut sich wie viele andere nicht, das ED und seinen Vorsteher öffentlich zu kritisieren.

Simon Thiriet vom ED bestätigt, dass es eine entsprechende Weisung gibt, die bereits seit Jahren gelte und regelmässig auch an Konferenzen vorgestellt werde. Im Departement würden 7000 Menschen arbeiten. «Da gehören gewisse Abläufe und Dienstwege dazu.» Einer davon sei, dass sich Lehrpersonen im Rahmen der Gewerkschaften oder von Arbeitsgruppen frei äussern können. Wenn es aber um eine Medienanfrage zu einem Departementsthema gehe, gehöre eine Absprache mit der Schulleitung und allenfalls der Volksschulleitung des Departements dazu. Eine Anfrage der BaZ, ob man denn via ED mit den Gotthelf-Lehrern sprechen dürfe, beantwortet Thiriet jedoch abschlägig. Möglich sei lediglich ein Gespräch mit der betroffenen Schulleitung. Er versichert jedoch, dass der Ungehorsam für das Kollegium keine weiteren Konsequenzen habe. Lernberichte müssen aber, so wollen es die Schullaufbahnverordnung und das ED, auch von den Aufmüpfigen für jedes Kind erstellt werden.


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