Nach der Lernberichts-Verweigerung der «Gotthelf»-Lehrer melden sich nun andere zu Wort. Offenbar hat das ED bereits vor Längerem eine Weisung herausgegeben, die es Lehrern untersagt, gegenüber Medien Auskünfte zu geben oder Stellung zu beziehen.
Das Schweigen bröckelt, Basler Zeitung, 1.11. von Nina Jecker
Es war ein ungewöhnlicher
Akt des Widerstands. Ein Dutzend Primarlehrer des Basler Gotthelfschulhauses
haben an einem Elternabend mitgeteilt, dass sie für Erstklässler keine
Lernberichte ausfüllen werden – ausser, Eltern wünschten dies explizit. Diese
Weigerung, über die auch die BaZ berichtet hat, ist nicht einfach eine
Provokation. Es ist ein Zeichen, das gesetzt wurde, vielleicht sogar eine
Verzweiflungstat. Die Gotthelf-Lehrer waren mit ihrem Anliegen, Erstklässlern
noch keine detaillierten Lernberichte auszufüllen, um unnötigen Druck zu
vermeiden, bereits ans Erziehungsdepartement (ED)gelangt. Ohne Erfolg.
Mit seiner Unzufriedenheit
über die seit 2013 verlangten Lernberichte, die bereits im Kindergarten
erstellt werden müssen, steht das Kollegium des Gotthelf-Schulhauses
offensichtlich nicht alleine da. Bei der Leserbriefabteilung der BaZ ist ein
Leserbrief eingegangen, gezeichnet von Lehrerinnen und Lehrern der Primarschule
Wasgenring. Diese solidarisieren sich mit ihren Kollegen und schreiben, sie wären
«manchmal auch gern mutiger».
Die Redaktion der BaZ hat
sich dazu entschieden, den Brief nicht wie üblich auf der Leserbriefseite
abzudrucken, sondern hier an prominenter Stelle im Lokalteil. Weil sich in
diesem Fall nicht eine einzelne mehr oder weniger betroffene Person zu Wort
meldet. Sondern eine ganze Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern, die unzufrieden
sind mit der Art, wie mit ihren Einwänden beim ED umgegangen wird. Und damit,
wie sie bereits die Kleinsten nicht nur aufgrund ihrer Leistungen, sondern auch
aufgrund ihrer persönlichen und sozialen Kompetenzen schriftlich beurteilen
müssen.
Maulkorb für die Lehrer
Die BaZ hat versucht, noch
mit weiteren Lehrpersonen aus anderen Schulhäusern über das Thema zu sprechen.
Und ist dabei auf viel Schweigen gestossen. Offenbar hat das ED bereits vor
Längerem eine Weisung herausgegeben, die es Lehrern untersagt, gegenüber Medien
Auskünfte zu geben oder Stellung zu beziehen. Die Angst vor den Konsequenzen
scheint gross. Bis hin zu einer Verwarnung könne das gehen, befürchtet ein
junger Lehrer. Er würde sich gerne äussern, sei er doch mit vielem nicht
einverstanden, so wie es aktuell gehandhabt werde. Und ein offenes Ohr für die
Anliegen der Lehrer habe leider auch Conradin Cramer, der Christoph Eymann als
Bildungsdirektor gefolgt ist, nicht. Doch auch der junge Lehrer traut sich wie
viele andere nicht, das ED und seinen Vorsteher öffentlich zu kritisieren.
Simon Thiriet vom ED
bestätigt, dass es eine entsprechende Weisung gibt, die bereits seit Jahren gelte
und regelmässig auch an Konferenzen vorgestellt werde. Im Departement würden
7000 Menschen arbeiten. «Da gehören gewisse Abläufe und Dienstwege dazu.» Einer
davon sei, dass sich Lehrpersonen im Rahmen der Gewerkschaften oder von
Arbeitsgruppen frei äussern können. Wenn es aber um eine Medienanfrage zu einem
Departementsthema gehe, gehöre eine Absprache mit der Schulleitung und
allenfalls der Volksschulleitung des Departements dazu. Eine Anfrage der BaZ,
ob man denn via ED mit den Gotthelf-Lehrern sprechen dürfe, beantwortet Thiriet
jedoch abschlägig. Möglich sei lediglich ein Gespräch mit der betroffenen
Schulleitung. Er versichert jedoch, dass der Ungehorsam für das Kollegium keine
weiteren Konsequenzen habe. Lernberichte müssen aber, so wollen es die
Schullaufbahnverordnung und das ED, auch von den Aufmüpfigen für jedes Kind
erstellt werden.
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