10. November 2017

Lauter Protest in Baselland

Seit Wochen haben die Baselbieter Staatsangestellten in diskreten T-Shirts mit der Aufschrift «Wir sind das Staatspersonal» ihrem stummen Protest über ihre Situation Ausdruck verliehen. Unter anderem jeweils an den Landratssitzungen auf der Tribüne. Am Mittwochabend gingen sie unter der Führung der Arbeitsgemeinschaft Basellandschaftlicher Personalverbände (ABP) in der Mittenza in Muttenz «vom stillen zum lauten Protest» über. Mit einem Aufmarsch von gut 600 Personen in einem Meer von gelben Ballons war die Demonstration schon rein optisch ein Erfolg. Dabei konnten die Polizisten wegen eines nicht näher definierten Grosseinsatzes nicht einmal daran teilnehmen.
Der Regierung den Marsch  geblasen, Basler Zeitung, 10.11. von Thomas Gubler
Scharfer Protest der Staatsangestellten: "Jeden Tiefschlag folgt gleich der nächste", Basellandschaftliche Zeitung, 9.11. von Rebekka Balzarini
Baselbieter Personal findet: "Es längt!", SRF Regional, 9.11.

Die Veranstaltung erhielt noch zusätzlich Gewicht dadurch, dass die Kantonsregierung in corpore und die landrätliche Personalkommission (Peko) mit einer Delegation erschienen waren. Offenbar hatte man aus den Versäumnissen bei der Rümlinger S9-Landsgemeinde, als die «Offiziellen» mit Abwesenheit glänzten, Lehren gezogen. Roger von Wartburg, der Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB), der als Einpeitscher durch den Abend führte, fand jedenfalls hervorragende Bedingungen für eine eindrückliche Kundgebung vor, nachdem die Band Brazz Attack die Leute zuvor noch «in Stimmung» gebracht hatte.

Arbeitsfrieden in Gefahr?
«Seit 15 Jahren muss das Staatspersonal nur Verschlechterungen in seinen Arbeitsbedingungen hinnehmen. Es reicht. Wir sind es leid», rief Roger von Wartburg in den Saal. Und der donnernde Applaus der Anwesenden war ihm gewiss. Die Atmosphäre im voll besetzten Mittenza-Kongresszentrum wurde weiter angeheizt. VPOD-Sekretärin Toya Krummenacher beklagte die in der geplanten Lohngesetzrevision vorgesehene Stärkung der Leistungskomponente, und LVB-Geschäftsführer Michael Weiss zerfetzte die Abfederungsmassnahmen der Regierung bei der Senkung des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule förmlich in der Luft. Die von der Regierung vorgeschlagene Lösung sei inakzeptabel, sagte Michael Weiss. Wenn sie auf den absolut moderaten Vorschlag der ABP zur Milderung der Renteneinbussen nicht eintrete, «dann provoziert die Regierung eine Aufkündigung des Arbeitsfriedens», sagte Weiss.

Hätte man die anschliessende Mischung aus Applaus und Unmutskundgebung zum Nennwert genommen, dann müsste wohl demnächst mit einem Streik des Baselbieter Staatspersonals gerechnet werden. «Unterstützt» wurden die kämpferischen Voten der Verbandsvertreter jeweils mit Zwischenrufen, die jedoch meistens eher merkwürdig anmuteten oder für Heiterkeit sorgten, aber kaum geeignet waren, den Aussagen Nachdruck zu verleihen.

Man war sich auch so einig. So sehr, dass man bei der anschliessend lautstark verabschiedeten Resolution das Gegenmehr nicht ermitteln musste. In der Resolution wurden neben mehr Sozialpartnerschaft und sicheren Altersrenten auch ein vollständiger Teuerungsausgleich und mehr Wertschätzung für das Staatspersonal verlangt. In diesem Zusammenhang erging die Aufforderung an die Regierung, pauschalisierenden Verunglimpfungen und Vorurteilen «konsequent öffentlich» entgegenzutreten.

Laubers Auftritt
So hätte Regierungsrat Anton Lauber als Finanzdirektor und oberster Personalchef eigentlich einen schweren Stand haben müssen, als er sich nach einer kurzen musikalischen Pause «seinen» Staatsangestellten am Rednerpult stellte. «Wir haben die Resolution zur Kenntnis genommen und abgespeichert», sagte Lauber. Mit der Bekundung von Verständnis hier – allerdings ohne Zugeständnisse zu machen – und einer Prise Humor dort gelang es dem Finanzdirektor schnell, die Situation zu entschärfen. Natürlich gabs mal ein Buh oder ein Pfui. Es wurde aber auch schnell klar, dass man die Suppe nicht gar so heiss essen würde, wie sie gekocht worden war. Er könne jedenfalls nicht glauben, dass sich Regierung und Staatspersonal derart diametral wie eben geschildert gegenüberstünden. Die Situation unter den Sozialpartnern sei überhaupt nicht schlecht. «Ich behaupte sogar, die Zusammenarbeit mit der ABP war noch nie so intensiv wie jetzt», sagte Lauber.

Der Finanzdirektor mahnte aber auch, etwa bei der Lösung zur Abfederung der Rentenkürzung doch bitte zu berücksichtigen, dass diese auch vom Landrat verabschiedet werden müsse. Der Vorschlag der Regierung ist laut Lauber «keine Nulllösung. Er kostet den Kanton 280 Millionen Franken.» Und Ausgaben in dieser Höhe passieren im Parlament selten widerstandslos.


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