Chronischer
Lehrermangel, umstrittene Unterrichtsmethoden, Herausforderungen durch
Inklusion und Migration: Gerade verspielt die Politik bei der Bildung das, was
in Jahrzehnten aufgebaut wurde.
Tendenz: Abwärts! Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10. Kommentar von Jasper von Altenbockum
Mit einer Portion Sarkasmus ließe
sich die Bildungsstudie der Kultusminister als Bestätigungdafür lesen, was
jedermann in Deutschland längst weiß, der Kinder auf der Grundschule hat:
Lesen, rechnen und schreiben lernt dort nur, wem zu Hause kräftig unter die
Arme gegriffen wird. Die Landesregierungen haben die Elternhäuser längst in
Haft genommen für ihre defizitäre Schulpolitik. Können Eltern zu Hause nicht
nachhelfen, haben vor allem Kinder mit Migrationshintergrund große Nachteile.
Während
die staatlichen Unterrichtsmethoden bei Eltern seit Jahren Kopfschütteln
hervorrufen (Schreibenlernen nach
Gehör!), wurden Lehrern und Schulen aber noch zusätzliche Aufgaben
aufgebürdet, für die sie weder ausgerüstet noch ausgebildet sind. An erster
Stelle sind zu nennen: Inklusion und Migration. Hinzu kommt ein chronischer
Lehrermangel, der von allen Bundesländern kunstvoll kleingeredet wird.
Das
Ergebnis mag von Land zu Land unterschiedlich sein, aber die Tendenz ist doch
eindeutig: abwärts. Dass nun zum wiederholten Mal auch die Leistungen im
Einwanderungsland Baden-Württemberg drastisch nachlassen, sollte als
Alarmzeichen aufgenommen werden. Es zeigt, dass selbst in einstmals
erfolgreichen Ländern in wenigen Jahren verspielt werden kann, was in
Jahrzehnten vorher aufgebaut wurde.
Und vor
allem zeigt es, was auf die Bundesländer noch alles zukommt. Denn zumindest die
Herausforderungen, die durch die Einwanderung bildungsferner Familien
entstehen, werden sich noch vergrößern. Die Grundschulen werden die ersten
sein, die das merken und, so ist offenbar der Stand der Dinge, damit
überfordert sind.
Die
Länder stecken in einer selbstgewählten Zwickmühle. Ihre Aufgaben ließen sich
nur durch drastische Mittel lösen, von denen eine Umkehr bei den Lehrmethoden
noch das einfachste wäre. Lehrkräfte und Sozialpädagogen lassen sich nicht von
heute auf morgen ausbilden, einstellen und gut bezahlen. Ebenso wenig wie der
Bund sind die Länder aber bereit, Einwanderung so auszurichten, dass Maß, Mitte
und Methode zu erkennen sind.
Viel
wahrscheinlicher ist, dass die neue Bundesregierung so weitermacht, wie die
alte aufgehört hat: mit dem angeblichen Allheilmittel überstürzter
Zentralisierung, das den Ländern durch Bundeshilfen schmackhaft gemacht wird.
Geld ist aber seit Jahren im Überfluss vorhanden. Man müsste es nur richtig
einsetzen – oder endlich zugeben, dass es Grenzen des Machbaren gibt.
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