Neun Kantone haben den
Lehrplan 21 schon eingeführt. Dieser soll den Informatikunterricht stärken.
Fachleute erhoffen sich einen Schub bei der Digitalisierung der Schule. Die
Umsetzung ist aber nicht einfach.
Steiniger Weg ins digitale Zeitalter, Luzerner Zeitung, 27.10. von Maja Briner
Die Digitalisierung ist
das Schlagwort der Stunde. In den Schulen aber, da ist die Welt der Bits und
Bytes noch nicht überall angekommen. Einen Schritt in diese Richtung macht der
Lehrplan 21: Bereits in der Primarschule sollen die Kinder gewisse Kompetenzen
im Bereich «Medien und Informatik» erwerben. Ende der zweiten Klasse sollen sie
etwa in der Lage sein, am Computer Dokumente «selbstständig abzulegen und
wieder zu finden». So steht es im Lehrplan 21, den neun Kantone im August
zumindest teilweise eingeführt haben: alle Zentralschweizer ausser Zug sowie
St.Gallen, Thurgau, Glarus und Appenzell Ausserrhoden. Medien und Informatik
wird je nach Kanton ab der 5. oder 7. Klasse als separates Fach unterrichtet,
aber bereits zuvor soll der Stoff in andere Fächer einfliessen.
Doch es gibt
Stolpersteine. Damit die Umsetzung des Lehrplanauftrags gelinge, müssten
wesentliche Bedingungen erst noch erfüllt werden, hielt der Lehrerdachverband
LCH kürzlich in einem Positionspapier fest. Es brauche unter anderem Weiterbildung
für die Lehrpersonen, eine aktuelle technische Infrastruktur und digitales
Lernmaterial. LCH-Präsident Beat W. Zemp sagt, heute gebe es grosse
Unterschiede zwischen den Schulen: «Manche sind schon sehr weit, programmieren
sogar mit ihren Schülern Roboter. Andere stehen noch am Anfang.»
Die digitale Revolution
habe in der Schule bisher nicht stattgefunden, schrieb Beat Döbeli Honegger,
Professor an der Pädagogischen Hochschule Schwyz, in einem 2016 erschienenen
Buch. Heute sagt er: «Selbstverständlich ist die Schule nicht stehen
geblieben.» Aber im Vergleich dazu, welche Bedeutung das Digitale heute in fast
allen Lebensbereichen habe, sei in der Schule wenig passiert. Der
technologische Wandel sei lange unterschätzt worden. Inzwischen sei das anders:
«Jetzt machen die Schulen, was sie können, um den Rückstand aufzuholen», sagt
er. Und die Einführung von «Medien und Informatik» bringe viel: «Das löst einen
Schub aus.» Unter anderem würden dadurch die IT-Kompetenzen der Lehrpersonen
besser, da sie in den meisten Kantonen eine Weiterbildung absolvieren müssten.
Mit der Digitalisierung
im Schulzimmer müssen sich auch die Lehrmittelhersteller auseinandersetzen. Gestern
lud der Klett und Balmer Verlag zu einem Mediengespräch zum Thema. Von den
Verlagen wird erwartet, dass sie neben den klassischen Schulbüchern auch
digitale Lernhilfen liefern. Ein Problem dabei sind indes die Kosten, wie
LCH-Präsident Zemp sagt: «Häufig gibt es zum Lehrbuch zusätzliche
Online-Module, was das Ganze verteuert.»
«Situation entschärft sich langsam»
Für die Verlage wiederum
ist die rasche technologische Entwicklung eine grosse Herausforderung, wie
Marcel Gübeli, Direktor der Interkantonalen Lehrmittelzentrale, sagt. Früher
hätten Lehrmittel eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren gehabt, heute seien es 10
bis 15 Jahre. «Lehrmittel basieren auf einer gewissen Stabilität. Digitale
Angebote sind aber der technischen Entwicklung ausgesetzt», sagt er.
Wie schwierig es für die
Verlage ist, beim hohen Tempo mitzuhalten, zeigt sich aktuell bei «Medien und
Informatik»: Noch gibt es dafür kein Lehrmittel, das alles aus einem Guss
bieten würde, wie Gübeli sagt. Die Situation entschärfe sich aber langsam. «Es
braucht alles Zeit», sagt er.
Auch Döbeli Honegger
fordert, man müsse den Schulen Zeit geben: «Es bringt nichts, die Schulen heute
zu kritisieren, dass sie zu wenig machen im Bereich der Digitalisierung. Das
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Man hätte es früher säen
müssen.»
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