Unser neuer Lehrer war wirklich neu: Er kam damals frisch von der
Uni, wirkte engagiert, motivierend, aber auch strikt: Wer bei ihm nicht Vollgas
gab, fiel durch. Trotzdem war er bei den Schülern nicht nur respektiert. Er war
auch beliebt.
Seither sind 26 Jahre vergangen. Der Lehrer unterrichtet nach wie
vor an derselben Schule. Doch seine Einstellung ist nicht mehr dieselbe. Beim
Klassentreffen sagte er: «Die Schule ist ein Brotjob. Ich gebe keine
ungenügenden Noten mehr. Das bringt nur Ärger mit den Eltern, und die
Schulleitung gibt mir keinen Rückhalt. Warum soll ich mir das antun?»
Wie ihm geht es Tausenden Pädagogen in der Schweiz: Sie stehen
unter Druck – aber sie fühlen sich alleingelassen, unverstanden, überfordert.
Laut Umfragen ist ein Drittel von ihnen ausgebrannt.
Schwer erziehbare Eltern, Blick, 27.10. Kommentar von Christian Dorer
Ihr grösstes Problem sind nicht freche Schüler,
sondern unverschämte Eltern, die sich für die besseren Lehrer halten. Sie
lästern auf Facebook über «unfähige» Pädagogen. Protestieren
lautstark gegen schlechte Noten. Nörgeln, weil ihnen der Waldausflug zu
gefährlich erscheint. Beschweren sich, wenn der Geburtstagihres
Filius im Unterricht nicht ausreichend gewürdigt wurde. Und wenn es mit dem
Übertritt ins Gymnasium nicht klappt, fahren sie mit dem Anwalt ein.
BLICK machte diese Woche einen Extremfall aus Dietikon ZH
publik: Dort stürmte ein Elternpaar die Schule; die Mutter verprügelte
die Lehrerin vor der ganzen Klasse, der Vater stand
zufrieden lächelnd in der Tür!
Nun hat der Lehrerverband einen 52-seitigen Leitfaden dazu
herausgegeben, wie mit schwierigen Eltern umzugehen ist. Es wurde Zeit: Zu
lange haben sich die Funktionäre im Kampf um Löhne und Lehrpläne verloren.
Dabei finden Lehrer rasch eine Stelle, sind gut bezahlt und geniessen einen
sicheren Arbeitsplatz. Ihr Problem sind wuchernde Bürokratie,
starre Lehrpläne, schwindender Rückhalt – und eben: schwer erziehbare
Eltern.
Was den Pädagogen den Rest gibt: schwache Behörden, die beim geringsten
Gegenwind einknicken. Wie in Therwil BL. Da gaben zwei muslimische
Teenager ihrer Lehrerin nicht die Hand, denn sie ist eine Frau. Es folgen
Aussprachen, Krisensitzungen und die Lösung, dass die beiden nun weder Lehrern
noch Lehrerinnen die Hand schütteln müssen. Statt einfach anzuordnen: In
unserer Kultur gibt es Konventionen, und die werden befolgt. Dazu gehören das
Händeschütteln und die Gleichbehandlung von Frau und Mann. Punkt.
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Eltern müssen den Lehrern vertrauen – die wissen besser, wie man heute
unterrichtet.
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Wenn es Ärger gibt, müssen Behörden hinter ihren Pädagogen stehen – wie
es sich für gute Vorgesetzte gehört.
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Wir alle müssen die Lehrer wieder achten: Immerhin prägen sie die
Gesellschaft von morgen!
Hand aufs Herz: Haben wir damals nicht am meisten von jenen Lehrern
gelernt, die uns am unbequemsten waren, über die wir uns am meisten aufgeregt
haben? Heute sind das genau diejenigen, die den grössten Ärger mit den Eltern
haben.
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