Es ist eine Mitteilung,
die die leitenden Köpfe im Erziehungsdepartement (ED) schockiert und geärgert
haben dürfte. An einem Elternabend verkündeten mehrere Primarlehrerinnen und
-lehrer des Gotthelf-Schulhauses eigenmächtig, sie würden für die Erstklässler
keine Lernberichte mehr ausfüllen – es sei denn, einzelne Eltern würden dies
ausdrücklich wünschen. Es sei unnötig, bereits in der ersten Klasse durch
solche Bewertungen Druck aufzubauen, begründeten die Lehrpersonen ihren
Entscheid. Ohne Lernberichte – und damit mit weniger Druck – könnten Kinder
besser in die Schule starten. In drei Klassenzimmern soll es nach der
Verkündung der Lehrer vonseiten der Eltern zu spontanem Applaus gekommen sein.
Primarlehrer verweigern die Lernberichte, Basler Zeitung, 19.10. von Nina Jecker
Dass die
Weigerung der Schullaufbahnverordnung und damit dem Gesetz widerspricht, rief
die Schulleitung auf den Plan. Diese schickte allen Eltern einen Brief, in dem
steht, dass selbstverständlich Lernberichte erstellt würden; unabhängig davon,
was die Lehrpersonen gesagt hätten. Schulleiter Philip Kaeser hielt gegenüber
dem «Regionaljournal» von SRF fest, dass er zwar nicht hinter dem Vorgehen der
Lehrpersonen stehe, die ohne das Wissen der Schulleitung gehandelt hätten.
Pikant ist aber: Hinter der Haltung der Verweigerer steht Kaeser durchaus, er
nennt sie im Radio «eine gute Sache».
Neuerungen umstritten
Überrascht
von den Vorfällen im Gotthelf-Schulhaus zeigte sich Jean-Michel Héritier,
Präsident der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt. Das sei kein übliches
Vorgehen. Lehrpersonen seien kooperative Leute, die loyal ihre Arbeit machen
würden. Man sei aber seit Jahren in der Diskussion über Neuerungen, die
teilweise umstritten seien.
Die Lehrer,
die sich vor dem eigenmächtigen Auftritt mit ihrem Anliegen offenbar an das
Erziehungsdepartement gewandt hatten und abblitzten, bekommen unter anderem
Unterstützung aus der Politik. SP-Grossrätin Kerstin Wenk hat sich in der
Vergangenheit bereits gegen die Lernberichte ausgesprochen, die seit 2013
bereits im Kindergarten erstellt werden müssen. «Ich habe viel Verständnis für
die Lehrerinnen und Lehrer, die dies für Erstklässler nicht mehr machen
wollen», sagt sie zur BaZ. Man beginne viel zu früh mit der Bewerterei und
erzeuge damit unnötig Druck. «Es war viel besser, als das Ganze noch ohne
Berichte, sondern über Gespräche mit den Eltern lief», sagt die Politikerin.
Erziehungsdirektor
Conradin Cramer hat von der Weigerung der Lehrer erfahren, als die Schulleitung
den Brief an die Eltern versandte. Er gehe davon aus, dass die Lehrpersonen
nicht aus Lust an der Provokation so gehandelt haben, sondern aus einer pädagogischen
Haltung heraus. «Es gibt aber geltende Gesetze, an die wir uns alle halten
müssen, und deshalb kann man nicht einfach die Schullaufbahnverordnung ausser
Kraft setzen. Insofern war das Vorgehen tatsächlich nicht korrekt», sagt er auf
Anfrage der BaZ.
Aktuell
überarbeitet eine Arbeitsgruppe die Schullaufbahnverordnung, der auch die
Schulleitungen angehören. «Sie können dort ihre Wünsche und Bemerkungen
anbringen», sagt Cramer. In der Zwischenzeit heisst es aber laut Weisung aus
dem ED auch für die Gotthelf-Lehrer: Lernberichte sind Pflicht.
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