Viertklässler deutlich schlechter als vor fünf Jahren, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10. von Rüdiger Soldt
Viertklässler lesen und rechnen schlechter, Zeit, 13.10. von Martin Spiewak
Bildungspolitiker in Berlin und in den Ländern müssen sich
stärker mit den Folgen der Einwanderung auf das Schulsystem beschäftigen. Das
forderte Susanne Eisenmann (CDU), die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) und
baden-württembergische Kultusministerin, angesichts des abermals gesunkenen
Leistungsniveaus der Grundschüler in allen Bundesländern.
„Wir müssen
zur Kenntnis nehmen, dass unsere bisherigen Antworten auf die größere
Heterogenität der Schülerschaft unzureichend sind. Ein im hohen Maß
selbstorganisiertes und wenig durch Lehrer angeleitetes Lernen ist sicher nicht
die richtige Antwort“, sagte Eisenmann FAZ.NET.
Die Erkenntnis müsse für
alle Schularten gelten, denn die für die Studie des „Instituts zur
Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ (IQB) befragten Viertklässler seien
mittlerweile schon in der fünften Klasse. „In allen Schularten müssen die
Ursachen klar diagnostiziert werden, es wäre sinnvoll, wenn für alle Schularten
auch zentrale Klassenarbeiten geschrieben würden“, sagte die KMK-Vorsitzende.
Die zentralen Themen der künftigen bildungspolitischen Debatte müssten die
Auswirkungen der größeren Heterogenität sowie auch der Inklusion sein.
Das IQB stellte die
Ergebnisse der Studie am Freitag in Berlin offiziell vor: Die Kompetenzen der
Schüler in den Bereichen Orthographie und Zuhören haben sich in Deutschland
insgesamt verschlechtert. Erreichten 2011 bei der Orthographie noch 65 Prozent
der befragten Grundschüler in der vierten Klasse das Regelniveau, so waren es
2016 nur noch 55 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei der Fähigkeit, zuhören zu
können: Im Jahr 2011 waren 74 Prozent der Schüler in der Lage, den
Regelstandard zu erbringen, nun sind es nur noch 68 Prozent.
Auch
im Fach Mathematik ist das Qualifikationsniveau der Grundschüler in den Jahren
von 2011 bis 2016 deutlich gesunken: In der Befragung von 2011 erreichten noch
68 Prozent der Schüler den Regelstandard, jetzt sind es nur noch 62 Prozent.
Für die Studie sind in Deutschland 30.000 Grundschüler und 1.500 Schulen
befragt worden; Auftraggeber ist die KMK.
Leistungsabfall im Südwesten besonders groß
Besonders groß ist
der Leistungsabfall bei den Grundschülern in Baden-Württemberg. Das frühere
Bildungsvorzeigeland rangiert nur noch knapp vor dem Stadtstaat Bremen, der in
Bildungsvergleichsstudien traditionell schlecht abschneidet. „Jeder fünfte
Viertklässler verfehlte bei der Testung 2016 den KMK-Mindeststandard im Bereich
Orthographie, jeder sechste in Mathematik, jeder siebte im Lesen und jeder
achte im Zuhören“, heißt es in einer Zusammenfassung der Ergebnisse für
Baden-Württemberg.
Der Anteil von Kindern
mit Migrationshintergrund in der vierten Grundschulklasse liegt im Südwesten
derzeit bei 45 Prozent, bundesweit liegt er nur bei 33 Prozent. Ein Grund für
die schlechten Leistungen der Schüler dürften auch überholte
pädagogische Konzepte wie zum Beispiel „Schreiben nach Gehör“ sein.
Ein Konzept, das von Eisenmann Ende 2016 per Erlass abgeschafft wurde.
In
Baden-Württemberg haben die schlechten Ergebnisse schon jetzt zu einer
kontroversen Debatte über die Bildungspolitik geführt, auch innerhalb der
grün-schwarzen Koalition. Umstritten ist in der Landesregierung vor allem,
welche Konsequenzen die IQB-Ergebnisse für die Gemeinschaftsschulen haben
könnten. Die Schulart ist von der grün-roten Vorgängerregierung 2012 geschaffen
worden, mittlerweile gehen die Schülerzahlen an dieser neuen Schulform, die
stark auf das selbstorganisierte Lernen setzt, auch deutlich zurück.
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