Wenn eine Zürcher Kindergärtnerin bis anhin voll gearbeitet hat, bekam
sie nur 87 Prozent eines vollen Lohnes. Da liegt der Verdacht nah, dass hier
die Löhne in einem Frauenberuf absichtlich tief gehalten, dass
Kindergärtnerinnen wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurden. Umso mehr,
als die Primarlehrerinnen und -lehrer in einer höheren Lohnklasse bei vollem
Pensum auch einen ganzen Lohn bekommen.
Der Job wird nicht attraktiver, Tages Anzeiger, 19.9. von Daniel Schneebeli
Stossend scheint auch, dass die Kindergärten seit knapp zehn Jahren zwar
offiziell zur Schule gehören,
dieser Aufstieg auf dem Papier hat den Beruf der Kindergärtnerin aber nicht
aufgewertet. Darum ist es verständlich, wenn die Kindergärtnerinnen vor dem
höchsten Gericht für bessere Löhne kämpften.
Nun haben sie den Kampf verloren. Für das Bundesgericht ist die
derzeitige Entlöhnung nachvollziehbar. Im Vergleich mit den Primarlehrern
müssen Kindergärtnerinnen vier Lektionen pro Woche weniger geben, zudem sind
die Zulassungsbedingungen zur Ausbildung noch weniger streng. Die angestrebte
Gleichstellung würde womöglich neue Unzufriedene hinterlassen: die
Primarlehrerinnen und -lehrer.
Selber für die Niederlage verantwortlich?
Bessere Chancen hätte die Lohnklage gehabt, wenn in Zürich 2012 die
Grundstufe eingeführt worden wäre. In diesem Schulmodell war eine Verschmelzung
von Kindergarten und Schule vorgesehen. Kindergärtnerinnen hätten mit den
Lehrerinnen in den gleichen Klassen gearbeitet, was ihr Jobprofil aufgewertet
hätte. Doch gegen diese Reform haben sich die Kindergärtnerinnen gewehrt und
vom Volk recht bekommen. Darum haben sie die gestrige Niederlage ein Stück weit
selber zu verantworten. Der Kanton Zürich geht als Sieger aus dem Streit
hervor, und es bleiben ihm Lohnkosten in Millionenhöhe erspart. Grund zum
Zurücklehnen gibt es aber nicht.
Denn der Job der Kindergärtnerin ist nicht attraktiver geworden, und in
den Kindergärten ist das Personal heute schon knapp. Es stellt sich etwa die
Frage, ob es weiter Sinn macht, an der Pädagogischen Hochschule eine
Grundstufenausbildung anzubieten, obwohl es im Kanton Zürich gar keine
Grundstufe gibt. Dieser Studiengang soll potenzielle Kindergärtnerinnen fit für
die Schule machen.
Leserkommentar Tages Anzeiger online von Edith Wernli.
AntwortenLöschen"Wenn eine Zürcher Kindergärtnerin bis anhin voll gearbeitet hat, bekam sie nur 87 Prozent eines vollen Lohnes."
Guess what: die Arbeitszeit eines/r Kindergärtners/in beträgt auch nur 87% desjenigen einer Primarschulperson. Der Stundenlohn ist identisch. Gleich viel Lohn für weniger Arbeit? Das ist nicht mein Verständnis von Gleichberechtigung!