Die Abstimmung über die Luzerner Fremdspracheninitiative spaltet die Lehrerschaft. Zwei Lehrerinnen äussern sich kontradiktorisch.
Sind zwei Fremdsprachen in der Primarschule zu viel? Luzerner Zeitung, 13.9.
Anzeige
PRO
Die Fremdsprachen-Initiative will die Primarstufe entlasten und die
zweite Fremdsprache auf die Sekundarstufe verschieben. Die Initiative richtet
sich nicht gegen die Mehrsprachigkeit. Unsere Kinder sollen während der
Volksschule zwei Fremdsprachen lernen und nach neun Schuljahren beide Sprachen
in gleicher Kompetenz beherrschen. So verlangt es das Bundessprachengesetz von
den Kantonen. Luzern wird also nicht zur «Insel».
Für die Primarstufe muss Qualität vor Quantität stehen. Die erste
Fremdsprache soll basierend auf einer soliden Kenntnis der Muttersprache
Deutsch gefestigt werden, bevor auf der Sekundarstufe eine weitere Fremdsprache
dazukommt. Ob mit Englisch oder Französisch begonnen wird, entscheidet
letztlich die Stimmbevölkerung.
Der Sprachenkompromiss von 2004 war ein Fehler auf Kosten der
Primarschulkinder. Kinder aber sind wichtiger als politische Kompromisse. Der
Mythos vom erfolgreichen frühen Sprachenlernen gilt für den Spracherwerb im
Vorschulalter und nicht für den Schulunterricht. Die Initiative will
kindergerechteren und erfolgreicheren Fremdsprachenunterricht. Das ist
günstiger als die geplanten teuren Nachbesserungen des jetzigen Systems.
Trotz grossem personellem und finanziellem Aufwand wurden die Ziele des
Fremdsprachenunterrichts auf der Primarstufe bei weitem nicht erreicht.
Kürzlich durchgeführte Erhebungen zeigen vernichtende Resultate. Das beweist
deutlich: Das System ist falsch, es braucht eine Korrektur. Die Annahme der
Initiative macht es möglich.
Trix Dettling, Buchrain, Lehrerin und alt
SP-Kantonsrätin
CONTRA
Vor drei Wochen ist im Kanton Luzern der Lehrplan 21 eingeführt worden.
Am 24. September stimmen wir darüber ab, ob ein integrierender Bestandteil
dieses Lehrplans – die zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe – gekippt werden
soll. Das widerspricht der breit abgestützten Forderung nach mehr Ruhe und
weniger Reformen an der Volksschule.
Eine Änderung zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht angebracht. Umso mehr,
als es sich bei den zwei Fremdsprachen auf Primar um ein Gebot der Stunde
handelt. Die Landessprache Französisch und vor allem die Weltsprache Englisch
sind aus dem späteren Berufsalltag unserer Kinder nicht mehr wegzudenken. Sind
unsere Schüler denn so viel schlechter als jene in der übrigen Schweiz, dass
wir als einziger Kanton eine von zwei Fremdsprachen auf die Oberstufe verlegen
müssen? Nein. In der von den Initianten immer wieder zitierten Studie der
Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz steht klar: Vier von fünf Schülern
fühlen sich in den Fremdsprachen nicht überfordert – und vier von fünf Lehrern
sind motiviert, weiterhin zwei Fremdsprachen zu unterrichten. Ausserdem ist
wissenschaftlich belegt, dass der Zugang zu einer Fremdsprache besser glückt,
wenn die Schüler noch wissbegierig und ungehemmt sind – also im vorpubertären
Alter.
Als Lehrerin erlebe ich die Mehrheit der Lernenden als neugierig und
wissensdurstig. Haben Sie Vertrauen in unsere Kinder und sagen Sie Nein zu
dieser schädlichen Initiative, dann müssen wir auf der Oberstufe auch den
Unterricht in Mathematik und Naturwissenschaften nicht reduzieren, um der
zweiten Fremdsprache Platz zu machen.
Priska Wismer, Rickenbach, Lehrerin und
CVP-Kantonsrätin
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen