4. September 2017

Bezahlen für Testeinsicht

Diesmal betrifft die von Daniel Wahl rapportierte Geschichte mich insofern indirekt, weil die von diesem Schildbürgerstreich betroffene Schülerin in die (ehemals) sechste Klasse meiner Frau zur Schule gegangen ist. Ich habe die Informationen somit aus erster Hand.
Ein Übertrittstest soll bei einer nicht klar erteilbaren Empfehlung für die weitere Beschulung einer Schülerin/eines Schülers Klarheit schaffen. Umso wichtiger ist, dass transparent und klar korrigiert wird. Korrekturfehler sind immer möglich, das ist mir als Lehrperson noch so bewusst. Jede von mir korrigierte Prüfung wird aber in meinem Unterricht besprochen und eventuelle Fehler in der Bewertung werden umgehend behoben. Das sollte und müsste daher umso mehr bei laufbahnentscheidenden Übertrittstests gewährleistet sein.
Posse aus dem Bildungsstadl zu Lieschtal, Basler Zeitung, 4.9. von Daniel Vuilliomenet

Die Korrektur der Übertrittstests wurde vom Kanton Baselland für gutes Geld ausgelagert – nicht zuletzt, um die früher mit der Bewertung der Tests betrauten Lehrpersonen vor ungerechtfertigten Vorwürfen zu schützen.

Dass aber das mit dieser Arbeit betraute Institut IBE der Universität Zürich derart liederlich zu Werke geht, ist das eine und wirft ein eher schlechtes Licht auf die anderen Aktivitäten desselben Instituts bei weiteren ausgelagerten Beurteilungsaufgaben wie zum Beispiel den neu eingeführten Checks.

Das andere ist die Art und Weise der Kommunikation. Zwar haben die prüfungsdurchführenden Schulen die Übertrittstests zurückerhalten und Frau Sandra B. konnte den Test ihrer Tochter einsehen. Doch die Kontaktnahme mit dem IBE erfolgte ausschliesslich über das AVS – einem weiteren Player in dieser Geschichte. Das ist zwar verständlich, denn offenbar ist der Fall von Sandra B. kein Einzelfall. Dennoch ist der anschliessend vereinbarte und an die Adresse von Sandra B. übermittelte Kompromiss aller beteiligten Amtsstellen ein fauler Zauber. Man gibt der rekurrierenden Mutter teilweise recht (obwohl ihr, so wie die Sachlage geschildert wurde, mehr zugestanden hätte), kann das Gesicht wahren und erst noch kassieren.

Sandra B. hat also für eine miserable Leistung eines miserabel agierenden Instituts mehrere Hundert Franken zusätzlich bezahlt – zusätzlich zu dem, was sie und alle anderen Steuerzahlenden in diesem Kanton berappen und zwar für null Mehrwert.
Viele Politikerinnen und Politiker werden nicht müde, zu betonen, dass die Bildung immer mehr koste. Offenbar ist all diesen Sparkursverfechtern nicht klar, dass sich eine ganze Sozialindustrie aufgemacht hat, vom Bildungskuchen ein gutes Stück zu ergattern – das gegen gutes Geld notabene.

Die Schweiz am Wochenende hat unlängst im Interview mit dem neuen AVS-Chef Beat Lüthy getitelt: «Das Vertrauen in die Volksschule ist weg!» Wahrlich wahre Worte, zumindest für Betroffene wie Frau Sandra B.

Daniel Vuilliomenet ist Sekundarlehrer und wohnt in Ettingen.


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