6. August 2017

Fünf Jahre Starke Schule

Als der letzte SP-Bildungsdirektor Urs Wüthrich das Motto Gute Schule Baselland lancierte, fragte man sich, warum etwas gutreden, was doch angeblich gut ist, während sich Lehrkräfte an Orwells Roman «1984» erinnerten. Dort heisst die Propagandabehörde «Ministerium für Wahrheit». Die Parallelität zu jenem Slogan und der damit bezeichneten Schule ist offenkundig, begann es in der Volksschule doch schon lange vor dessen Lancierung unter Wüthrich zu kriseln. Aus Unmut an der Basis wegen des autokratischen Führungsstils erwuchs das heutige Komitee Starke Schule beider Basel.
Erfolgreich dank Beharrlichkeit, Basler Zeitung, 4.8. von Felix Hoffmann


«Alles unterliegt ständigem Wandel.» In Bezug auf die öffentliche Schule machen Bildungswissenschaftler, Politiker, Geschäftsleute und Schuladministratoren jene Wendung zum Instrument im jeweils eigenen Interesse und nennen es dann Reform. Schulreformen dienen ihnen für Forschungsaufträge, sie sind Mittel der öffentlichen Profilierung, Absatzmöglichkeit für neue Lehrwerke bzw. Weiterbildungen und Sicherung der eigenen administrativen Tätigkeit.

Weiss man zusätzlich um die Zweitrangigkeit ideologischer Lehrpläne gegenüber den realen Unterrichtsmöglichkeiten, begegnet man den ständigen Schulreformen mit Skepsis, ohne dabei echte Änderungsnotwendigkeiten zu bestreiten. Zusammengefasst liegt darin die strategische Stossrichtung der Starken Schule beider Basel (SSbB) im Landkanton. Ungleich anderen kantonalen Komitees bekämpft sie den Lehrplan 21 nämlich nicht gesamthaft, sondern erwirkt sinnvolle Korrekturen. Beispiele hierfür sind unter anderem die Beibehaltung von Einzel- anstelle von Sammelfächern, die Schwerpunktverlagerung vom schwer fassbaren Kompetenzbegriff hin zu Stoffinhalten oder die differenzierende Anpassung des Lehrplans an die Niveaus A, E und P. Demgegenüber stehen die gescheiterten Initiativen gegen den Lehrplan 21 etwa im Aargau oder im Thurgau.

Zupass kommt der Starken Schule bei der Beförderung ihrer Anliegen der landspezifische Konservatismus und der tendenziell reformkritische, bürgerlich dominierte Landrat in Liestal. Von Bedeutung ist im Weiteren die pragmatisch agierende, gegenüber Schulreformen eher konservativ eingestellte Bildungsdirektorin Monica Gschwind. Sie arbeitet integrativ mit allen am Schulbetrieb beteiligten Akteuren zusammen, insbesondere auch mit dem Lehrerverein Baselland oder eben der Starken Schule. Durch die Vorstandsmitglieder Regina Werthmüller und Jürg Wiedemann mit ihrem Landratsmandat ergibt sich eine effiziente Zusammenarbeit sowohl mit der Regierungsrätin als auch mit dem Parlament. Komitee-intern liegt die Effizienz in den fünf gut aufeinander eingespielten Vorstandsmitgliedern. Neben Werthmüller und Wiedemann sind dies Sekundarlehrer Michael Pedrazzi und die beiden Studentinnen Saskia Olsson als Geschäftsleiterin und Alina Isler, zuständig fürs Sekretariat.

Sektiererische Halsstarrigkeit
Nicht zuletzt verfügt die Starke Schule über eine Adresskartei mit über 4000 Personen, die sich zu 40 Prozent aus Lehrkräften der Sekundarstufen rekrutieren. Diese breite Unterstützung geht unter anderem darauf zurück, dass es dem Komitee gelang, die Abschaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule und der Berufsvorbereitenden Schule (BVS2) zu verhindern und die Reduzierung der Maximalschülerzahl auf Primar- und Sekundarstufe von 26 auf 24 zu erreichen. All diese Erfolge schaffen bei den Reformbefürwortern offenbar Neid und Ablehnung. So sieht sich Wiedemann als Chefstratege der Starken Schule seitens seiner politischen Widersacher dem Vorwurf der Unnachgiebigkeit und Kompromisslosigkeit ausgesetzt. Tatsächlich lassen sich damit die Niederlagen bei den Volksabstimmungen über kompetent ausgebildete Lehrpersonen oder gegen Zwangsverschiebungen von Schülern an den Sekundarschulen erklären. Mit Kompromissbereitschaft wären jene Fehlschläge zu vermeiden gewesen. Andererseits spiegelt Wiedemanns unterstellte Sturheit und die Menge getätigter Vorstösse die sektiererische Halsstarrigkeit gewisser Reformbefürworter und die fiebrig hohe Zahl angestrebter oder realisierter Reformen mit teilweise haarsträubenden Folgen für die Schülerschaft.

Wer gegen die eigennützige Instrumentalisierung von Schulreformen etwas erreichen will, schafft dies offensichtlich mit Beharrlichkeit und einer gewissen Kaltschnäuzigkeit. Der Erfolg, zum Wohle unseres Nachwuchses, gibt der Starken Schule jedenfalls nun seit fünf Jahren recht, ein Leistungsausweis, der sich bei aller auch berechtigten Kritik sehen lässt.


Felix Hoffmann ist Sekundarlehrer und wohnt in Himmelried.

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