Als der letzte SP-Bildungsdirektor Urs
Wüthrich das Motto Gute Schule Baselland lancierte, fragte man sich, warum
etwas gutreden, was doch angeblich gut ist, während sich Lehrkräfte an Orwells
Roman «1984» erinnerten. Dort heisst die Propagandabehörde «Ministerium für
Wahrheit». Die Parallelität zu jenem Slogan und der damit bezeichneten Schule
ist offenkundig, begann es in der Volksschule doch schon lange vor dessen
Lancierung unter Wüthrich zu kriseln. Aus Unmut an der Basis wegen des
autokratischen Führungsstils erwuchs das heutige Komitee Starke Schule beider
Basel.
Erfolgreich dank Beharrlichkeit, Basler Zeitung, 4.8. von Felix Hoffmann
«Alles
unterliegt ständigem Wandel.» In Bezug auf die öffentliche Schule machen
Bildungswissenschaftler, Politiker, Geschäftsleute und Schuladministratoren
jene Wendung zum Instrument im jeweils eigenen Interesse und nennen es dann
Reform. Schulreformen dienen ihnen für Forschungsaufträge, sie sind Mittel der
öffentlichen Profilierung, Absatzmöglichkeit für neue Lehrwerke bzw.
Weiterbildungen und Sicherung der eigenen administrativen Tätigkeit.
Weiss
man zusätzlich um die Zweitrangigkeit ideologischer Lehrpläne gegenüber den
realen Unterrichtsmöglichkeiten, begegnet man den ständigen Schulreformen mit
Skepsis, ohne dabei echte Änderungsnotwendigkeiten zu bestreiten.
Zusammengefasst liegt darin die strategische Stossrichtung der Starken Schule
beider Basel (SSbB) im Landkanton. Ungleich anderen kantonalen Komitees
bekämpft sie den Lehrplan 21 nämlich nicht gesamthaft, sondern erwirkt
sinnvolle Korrekturen. Beispiele hierfür sind unter anderem die Beibehaltung
von Einzel- anstelle von Sammelfächern, die Schwerpunktverlagerung vom schwer
fassbaren Kompetenzbegriff hin zu Stoffinhalten oder die differenzierende
Anpassung des Lehrplans an die Niveaus A, E und P. Demgegenüber stehen die
gescheiterten Initiativen gegen den Lehrplan 21 etwa im Aargau oder im Thurgau.
Zupass
kommt der Starken Schule bei der Beförderung ihrer Anliegen der landspezifische
Konservatismus und der tendenziell reformkritische, bürgerlich dominierte
Landrat in Liestal. Von Bedeutung ist im Weiteren die pragmatisch agierende,
gegenüber Schulreformen eher konservativ eingestellte Bildungsdirektorin Monica
Gschwind. Sie arbeitet integrativ mit allen am Schulbetrieb beteiligten
Akteuren zusammen, insbesondere auch mit dem Lehrerverein Baselland oder eben
der Starken Schule. Durch die Vorstandsmitglieder Regina Werthmüller und Jürg
Wiedemann mit ihrem Landratsmandat ergibt sich eine effiziente Zusammenarbeit
sowohl mit der Regierungsrätin als auch mit dem Parlament. Komitee-intern liegt
die Effizienz in den fünf gut aufeinander eingespielten Vorstandsmitgliedern.
Neben Werthmüller und Wiedemann sind dies Sekundarlehrer Michael Pedrazzi und
die beiden Studentinnen Saskia Olsson als Geschäftsleiterin und Alina Isler,
zuständig fürs Sekretariat.
Sektiererische
Halsstarrigkeit
Nicht
zuletzt verfügt die Starke Schule über eine Adresskartei mit über 4000
Personen, die sich zu 40 Prozent aus Lehrkräften der Sekundarstufen
rekrutieren. Diese breite Unterstützung geht unter anderem darauf zurück, dass
es dem Komitee gelang, die Abschaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule
und der Berufsvorbereitenden Schule (BVS2) zu verhindern und die Reduzierung
der Maximalschülerzahl auf Primar- und Sekundarstufe von 26 auf 24 zu
erreichen. All diese Erfolge schaffen bei den Reformbefürwortern offenbar Neid
und Ablehnung. So sieht sich Wiedemann als Chefstratege der Starken Schule
seitens seiner politischen Widersacher dem Vorwurf der Unnachgiebigkeit und
Kompromisslosigkeit ausgesetzt. Tatsächlich lassen sich damit die Niederlagen
bei den Volksabstimmungen über kompetent ausgebildete Lehrpersonen oder gegen
Zwangsverschiebungen von Schülern an den Sekundarschulen erklären. Mit
Kompromissbereitschaft wären jene Fehlschläge zu vermeiden gewesen. Andererseits
spiegelt Wiedemanns unterstellte Sturheit und die Menge getätigter Vorstösse
die sektiererische Halsstarrigkeit gewisser Reformbefürworter und die fiebrig
hohe Zahl angestrebter oder realisierter Reformen mit teilweise haarsträubenden
Folgen für die Schülerschaft.
Wer
gegen die eigennützige Instrumentalisierung von Schulreformen etwas erreichen
will, schafft dies offensichtlich mit Beharrlichkeit und einer gewissen
Kaltschnäuzigkeit. Der Erfolg, zum Wohle unseres Nachwuchses, gibt der Starken
Schule jedenfalls nun seit fünf Jahren recht, ein Leistungsausweis, der sich
bei aller auch berechtigten Kritik sehen lässt.
Felix Hoffmann ist Sekundarlehrer
und wohnt in Himmelried.
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