26. Juli 2017

Nachlese Inkompetenzkonferenz Frankfurt

Die 1. Inkompetenzkonferenz vom 7./8. Juni in Frankfurt/M. bot ein breites Spektrum von Kritikansätzen zur Kompetenzorientierung. Wir haben bereits auf den Festvortrag von Konrad Liessmann hingewiesen. Hier bieten wir noch ein paar Zückerchen aus den diversen Vorträgen. (uk)

Der Erziehungswissenschafter Andreas Gruschka (Goethe-Universität Frankfurt) kritisierte die Kompetenzdefinition von Weinert, die "wie eine Monstranz" hochgehalten werde. Ungeachtet vom Desaster werde so getan, als sei der Kompetenzfortschritt ersichtlich.

Andreas Gruschka: "Wenn die Reformer nicht wissen, was sie tun, wissen wir, was wir nicht tun dürfen", Bild: Urs Kalberer
Johanna Gaitsch und Bernadette Reisinger von der Universität Wien zeigten an Beispielen auf, wie die Kompetenzorientierung umgesetzt wird. Dabei konstatieren sie eine Dringlichkeitsrhetorik, welche tradierten Methoden ihre Einsatzfähigkeit abspricht. Auffallend seien die folgenden Merkmale der Kompetenzorientierung:

  • Fächerfeindlichkeit
  • Ausrichtung auf Nützlichkeit
  • Methodengläubigkeit
Stefan Kühl, Soziologe der Universität Bielefeld, wies auf die Kompetenzkaskaden hin, wie sie in den kompetenzorientierten Lehrplänen zum Ausdruck kommen. Die vorausgehende Kompetenz müsse erworben sein, damit die nächste erworben werden könne. Aber Erziehung funktioniere nicht so. Der Kompetenzaufbau sei komplexer. Wichtig dabei: Es gebe keine erfolgssichernde Methode.


Stefan Kühl: "Lernende werden wie Trivialmaschinen behandelt", Bild: Urs Kalberer
Aus Sicht der Universität stellt Kühl fest, dass kompetenzorientiertes Lernen ausschliesslich innerhalb von Modulen stattfinde. Dabei werden die Studenten eingetaktet, besonders auch der Kontakt zu älteren Studenten werde eingeschränkt. Grundsätzlich führe dies zu einer Verschulung der Universität.

Hans Jürgen Bandelt, Mathematiker der Universität Hamburg, stellt fest: "Schule und Hochschule sind unwiderruflich geschädigt." Der Widerstand müsse politisch und öffentlichkeitswirksam geleistet werden.

Doch Widerstand, so zeigte es sich, ist nicht einfach in einem System, das hohe Durchfallquoten (Abitur, Studium) finanziell bestraft. So geschieht es dann, dass immer mehr Studienabgänger immer weniger wüssten. Ausserdem wies Bernhard Kempen, Rechtswissenschafter der Universität Köln und Präsident des deutschen Hochschulverbands, darauf hin, dass sich auch viele Lehrerkollegen von der Bürokratie "kaufen" liessen, indem sie in Gremien mitarbeiteten.

Mit der Kompetenzorientierung werden Inhalte und Stoff variabel. Letztlich spielt es keine Rolle, ob wir Lesen üben mit Waschmaschinengebrauchsanleitungen oder mit einem Drama von Schiller. Hans Peter Klein, Biowissenschafter der Goethe-Universität Frankfurt, stellt denn auch lapidar fest: "Wie misst man einen Output, wenn man keinen Input hineingibt?" (uk)


2 Kommentare:

  1. Danke für diesen Einblick. Ob ich die Kompetenz habe, diesen Dank auszusprechen, weiss ich nicht, da dies nie von kompetenten Leuten überprüft worden ist.

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  2. Die Dank-Kompetenz scheint mir nachweisbar vorhanden zu sein :-)

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