Die
Schülerzahl in Emmen steigt seit Jahren, der Platz in den Schulhäusern wird
knapp. Die Gemeinde will Schulanlagen ausbauen, doch die neuen Gebäude können
nicht vor 2019 bezogen werden. Hinzu kommt, dass der Lehrplan 21 auf der
Primarstufe bis zu zwei zusätzliche Lektionen vorschreibt.
Schule hat keinen Platz mehr für Religion, Luzerner Zeitung, 24.7. von Beatrice Vogel
«Es ist eine
grosse Herausforderung, bei der begrenzten Infrastruktur den Stundenplan zu
organisieren», sagt die Emmer Schuldirektorin Susanne Truttmann (SP). Deshalb
hat die Schule Emmen beschlossen, dem konfessionellen Religionsunterricht ab
kommendem Schuljahr keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung zu stellen.
Bis anhin
konnte die katholische Kirche ihren Religionsunterricht zu den offiziellen
Schulzeiten in Schulzimmern durchführen. Die reformierte Kirche bietet diesen
schon länger in eigenen Räumlichkeiten an. Die Gemeinde habe bereits im Januar
2016 mit der katholischen Kirche Kontakt aufgenommen, damit diese genügend Zeit
hatte, neue Lösungen zu suchen, erklärt Truttmann.
Eine «happige Nachricht» für
die Katholiken
Dies stellte
die katholische Kirche vor eine grosse Herausforderung. «Wir müssen schon seit einiger
Zeit mit einzelnen Klassen in Pfarreiräumlichkeiten ausweichen», sagt Markus
Müller, der gemeinsam mit Monika Senn die Fachstelle Religionsunterricht des
Pastoralraums Emmen-Rothenburg leitet. «Es war deshalb nicht überraschend, dass
die Schulen für uns keinen Platz mehr haben.» Nichtsdestotrotz sei es eine
«happige Nachricht» gewesen. Denn damals war der Pastoralraum gerade in der
Entstehung, es gab viele ungeklärte organisatorische Fragen. «Wir hatten auch
nicht mit so einem kurzfristigen Bedarf an Unterrichtsräumen gerechnet.»
Die grösste
Herausforderung sei die Einführung eines Anmeldeverfahrens, so Müller. Es gebe
Eltern, die mit Unverständnis reagierten, dass der Religionsunterricht nicht
mehr in der Schule stattfinden soll. «Bei Veränderungen sind nun mal viele
Leute skeptisch.» Manche Religionslehrpersonen bangten um ihre Stellen, weil
sie wenige Anmeldungen befürchteten. Doch: «Obwohl wir noch mittendrin stecken,
zeichnet sich eine grosse Anmeldequote ab.»
Müller und
Senn waren froh um die frühzeitige Information durch die Gemeinde und bringen
Verständnis auf: «Oft ist kaum die Hälfte der Schüler in einer Klasse
katholisch.» Ein Zusammenzug dieser Schüler für den Religionsunterricht werde
zusätzlich erschwert durch Förderungsmassnahmen wie IF oder DAZ (Deutsch als
Zweitsprache). Ein Blick in die Statistik des Schuljahrs 2014/15 zeigt: Von 2663
Emmer Schülern sind 1341 römisch-katholisch, also rund die Hälfte. Daneben gibt
es an Emmer Schulen Muslime (534), Orthodoxe (206), Reformierte (158) und
weitere Angehörige neun zusätzlicher Konfessionen. Konfessionslos sind 228
Schüler, die Tendenz ist laut Susanne Truttmann steigend. Das neue,
konfessionsneutrale Fach Ethik/Religionen/Gemeinschaft, das gemäss Lehrplan 21
für alle Schüler obligatorisch ist, trage dieser Tendenz und der
Religionsvielfalt in der Gemeinde Rechnung.
Dass der
katholische Religionsunterricht nun keinen Platz mehr in der Schule hat, sei
auf ein «rein logistisches Problem» zurückzuführen und ziele nicht gegen die
Katholiken, sagt Truttmann weiter. «Die Volksschule kann Zeit und Räume für den
konfessionellen Unterricht zur Verfügung stellen. Diese Möglichkeit besteht in
Emmen wegen der Schulraumknappheit kaum mehr, das Pflichtprogramm hat Vorrang.»
Sollten dereinst genügend Räumlichkeiten vorhanden sein, wäre es möglich, den
Religionsunterricht wieder an den Schulen anzubieten. Truttmann glaubt, dass
auch in anderen Gemeinden mit starkem Wachstum die Organisation des
konfessionellen Religionsunterrichts bald thematisiert werden muss.
Unterricht erfolgt nun in den
Pfarreiheimen
Die
Katholische Kirche Emmen hat derweil Lösungen gefunden. So wurde die Fachstelle
Religionsunterricht geschaffen, ein neues Konzept für den Unterricht
ausgearbeitet und bauliche Massnahmen in den Pfarreiheimen getroffen. Künftig
werden die Schüler als Lerngruppen in Pfarreiräumlichkeiten in der schulfreien
Zeit unterrichtet. Markus Müller sieht das positiv: «Der Unterricht wird
flexibler, freier und ein grösserer Ausgleich zum leistungsorientierten
Schulunterricht.» Die katholischen Religionslehrer arbeiten weiterhin mit den
Schulen zusammen, sei es bei der Mitgestaltung von Projekten oder als
Ansprechperson für den regulären Unterricht.
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