25. Juli 2017

LCH fordert professionelle Begleitung von Junglehrern

Rund 3500 neue Kindergarten-, Primar- und Sekundarlehrer haben letztes Jahr ihr Diplom erhalten. Doch nicht alle werden lange vor einer Klasse stehen; etwa 700 steigen gar nicht in den Beruf ein oder bald wieder aus. Laut Bildungsbericht 2014 waren 17 Prozent der Absolventen fünf Jahre nach Abschluss der Ausbildung nicht mehr als Lehrer tätig, der Lehrerverband Schweiz rechnet mit 20 bis 30 Prozent.
Lehrerverband fordert mehr Unterstützung für Einsteiger, NZZaS, 23.7. von René Donzé

Es verschiedene Gründe dafür, dass Junglehrer dem Schulzimmer den Rücken kehren: Weiterbildungen, Reisen, Familiengründung können eine Rolle spielen. «Viele Junglehrer sind aber auch überfordert», sagt Jürg Brühlmann, Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des Lehrerverbands. Von einem Tag auf den anderen tragen sie Verantwortung, müssen sich mit zum Teil schwierigen Schülern auseinandersetzen und sich in manchmal schwierigen Gesprächen mit älteren und erfahreneren Eltern durchsetzen. «Hier fehlt es oft an professioneller Unterstützung», sagt er.

Darum fordert der Lehrerverband nun Massnahmen: Alle Kantone sollten eine professionelle schulinterne Begleitung der Junglehrer sicherstellen. «Es genügt nicht, wenn sie von Kollegen im Göttisystem betreut werden», sagt Brühlmann. Mentoren müssten gut ausgebildet und entschädigt werden. Für die Junglehrer will der Verband eine Weiterbildungspflicht mit klarer Struktur. Noch besser wäre statt des Bachelors eine Masterausbildung für Primarlehrer, da der Beruf immer anspruchsvoller werde. Darin hätte auch eine begleitete Berufseinführung Platz.

Bern ergreift Massnahmen
Bei den Kantonen stösst der Ruf nach nationalen Standards auf Ablehnung. «Der Berufseinstieg ist für die Lehrpersonen eine absolut entscheidende Phase», sagt zwar der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss (svp.). Aber: «Mit seinen Forderungen schiesst der Lehrerverband über das Ziel hinaus.» Es brauche weder Normierungen noch Obligatorien.
Auch die Zürcher Regierungsrätin und Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz, Silvia Steiner (cvp.) betont den Föderalismus: «Die Frage der Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs ist eine wichtige Aufgabe der Kantone und ihrer pädagogischen Hochschulen.» In der Erziehungsdirektorenkonferenz gebe es keine Bestrebungen, den Umfang der Ausbildung zu erhöhen.

Anders bei den Pädagogischen Hochschulen (PH): Diese diskutieren über eine Verlängerung des Primarlehrerstudiums und die Einführung des Masters. Auch der berufsbegleitende Master ist ein Thema. Im Herbst soll ein entsprechendes Strategiepapier vorgestellt werden: «Die Anforderungen an die Schule nehmen zu, dem müssen wir Rechnung tragen», sagte Hans-Rudolf Schärer, Präsident der pädagogischen Kammer des Rektorenverbandes Swissuniversities, im März.

Unabhängig davon ergreifen einzelne Kantone jetzt schon Massnahmen, um den Lehrerinnen den Berufseinstieg zu erleichtern. So werden im Kanton Bern ab dem neuen Schuljahr jene Lehrer entlastet, die sich als Mentoren ihrer jungen Berufskollegen annehmen. Pro Mentorat gibt es eine Gutschrift von drei Stellenprozenten. «Damit wird die Wichtigkeit dieser Arbeit auch anerkannt», sagt Urs Gfeller von der Pädagogischen Hochschule Bern. Die Betreuung dauert maximal zwei Semester und soll von einer erfahrenen Lehrperson der gleichen Stufe und im gleichen Schulhaus übernommen werden. Auch der Kanton Zürich setzt sogenannte Fachbegleiter ein, die entschädigt werden. «Das sind gute Beispiele», sagt Brühlmann. Andere Kantone behandelten diese Frage indes stiefmütterlich.

Keine Bevormundung
Grosse Unterschiede gibt es auch betreffend Weiterbildung der Junglehrer zu Themen wie Elternarbeit, Klassenführung, Beurteilung von Schülern. In Zürich sind Kurse während der ersten Berufsjahre Pflicht. In Bern sind sie freiwillig. «Wir wollen die Lehrpersonen nicht bevormunden», sagt Gfeller von der PH Bern. «Sie müssen selber die Einsicht haben, dass sie sich weiterbilden sollten.» Bereits im Studium werde die Wichtigkeit des lebenslangen Lernens betont.

Diese Freiwilligkeit genügt nicht, sagt Brühlmann vom Lehrerverband: «Es braucht einheitliche professionelle Standards.» Nur diese führten zu einer nationalen Anerkennung der Weiterbildungen. Und nur so könnten auch jene erreicht werden, die durch die Maschen fallen, weil sie schon beim Berufseinstieg ausbrennen. «Jede Lehrperson, die aufgibt, ist eine zu viel», sagt er.


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