Die
Luzerner Regierung will die kantonale Initiative «Bildungsreformen vor das
Volk» teilweise für ungültig erklären. Die Umsetzung des Lehrplans 21 in der
gesamten Deutschschweiz rückt damit näher.
Lange schien es, als könnte der Protest zu einer Volksbewegung
werden. In zahlreichen Deutschschweizer Kantonen sammelten Komitees
unterschiedlichster Zusammensetzung erfolgreich Unterschriften für mehr
Mitsprache des Volkes bei Bildungsfragen. Die Initianten wollten auf diese
Weise verhindern, dass auf ihrem jeweiligen Gebiet der umstrittene Lehrplan 21
eingeführt wird.
Neuer Rückschlag für die Gegner des Lehrplans 21, 10.7. von Erich Aschwanden
Volk
vertraut Regierung und Parlament
Aus
der von den Kritikern erhofften Kettenreaktion wurde jedoch nichts,
kam es doch gar nie zur Initialzündung. Mit schöner Regelmässigkeit lehnten die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Volksbegehren nämlich ab. So zuletzt im
Kanton Solothurn, wo es die Gegner des Lehrplans 21 nur auf knapp über 34
Prozent Zustimmung brachten. Im Aargau, in St. Gallen, Schaffhausen und im
Thurgau sowie an der Landsgemeinde in Appenzell Innerrhoden obsiegten die von
Regierungen und Parlamenten unterstützten Befürworter des Lehrplans 21 noch
deutlicher. Es
war von Ohrfeigen für die Kritiker der Schulreformen die Rede. In
weiteren Kantonen kamen Volksbegehren gar nicht zustande oder wurden
zurückgezogen.
Angesichts dieser eindeutigen Resultate gewinnt man den
Eindruck, dass in Kantonen wie Zürich,
Bern, Basel-Landschaft und Graubünden, wo noch Volksbegehren hängig sind, nur
noch Rückzugsgefechte stattfinden. Der Umsetzung des Lehrplans 21, die in
vielen Kantonen mit Beginn des kommenden Schuljahres ansteht, scheint fast
nichts mehr im Wege zu stehen.
Neuerlich schlechte Botschaft kam für die Initianten am Montag
aus dem Kanton Luzern. Dort empfiehlt der Regierungsrat dem Parlament nämlich,
die Gesetzesinitiative «Bildungsreformen vor das Volk» in zentralen Punkten für
ungültig zu erklären. So verstosse die Forderung, dass vom Regierungsrat
beschlossene Lehrplanänderungen direkt dem obligatorischen Referendum
unterstellt werden sollen, gegen die Kantonsverfassung. Diese lasse nur
Referenden gegen Beschlüsse des Kantonsrates zu. Dasselbe gelte für die
Forderung eines nachträglichen obligatorischen Referendums bei
Lehrplanänderungen seit 2014.
Weiter verlangt die Initiative, dass interkantonale
Vereinbarungen, wie der Lehrplan 21, vom Kantonsrat genehmigt werden und dem
fakultativen Referendum unterliegen. Dies widerspreche der Kompetenzregelung
bei interkantonalen Verträgen und könnte nur per Verfassungsinitiative geändert
werden, argumentiert die Luzerner Regierung.
Bestätigung durch das
Bundesgericht
Ob die Initiative tatsächlich teilweise für ungültig erklärt
wird, muss in den nächsten Monaten der Luzerner Kantonsrat entscheiden. Eine
Volksabstimmung könnte frühestens im Mai 2018 stattfinden. Dem Initiativkomitee
ist die rechtliche Problematik bekannt, wie es in einer Stellungnahme mitteilt.
Deshalb liess das Komitee das Volksbegehren durch den Staatsrechtler und
ausgewiesenen Experten der Luzerner Kantonsverfassung, Professor Paul Richli,
prüfen. Dieser sei zum Schluss gekommen, dass kein Verstoss gegen gültiges
Recht vorliege. Barbara Lang, SVP-Kantonsrätin und Co-Präsidentin des
Initiativkomitees, wirft Bildungsdirektor Reto Wyss vor, mit diesem Vorgehen
Verzögerungstaktik zu betreiben. «Die Regierung muss so gar nicht inhaltlich
Stellung nehmen. Bis es zur Abstimmung kommt, ist der Lehrplan 21 bereits
eingeführt», kritisiert Lang.
Luzern wäre nicht der erste Kanton, in welchem die Gegner des
Reformprojekts auf diese Weise gebremst werden. Der Schwyzer Kantonsrat
erklärte bereits Ende 2015 eine noch weiter gehende Initiative für ungültig.
Das Bundesgericht stützte im Oktober 2016 diesen Entscheid. Das Begehren verstosse gegen die Einheit der Materie und
gegen übergeordnetes Recht, lautete unter anderem die Begründung. Auch
in St. Gallen erklärte das Parlament eine Initiative für ungültig, die
eine entsprechende Änderung des Volksschulgesetzes verlangte. Dieser Entscheid
wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt.
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