8. Juni 2017

Stadt Bern will Ganztagesstrukturen

Eltern von kleinen Kindern im Altenbergquartier können sich freuen: Ab August 2018 werden ihre Sprösslinge auch im Kindergartenalter weiterhin die Kindertagesstätte (Kita) besuchen können. Die Stadtberner Bildungsdirektion will in der Kita Altenberg einen Kindergarten einrichten, heisst es in einer Mitteilung. An mindestens vier Wochentagen werden Kindergarten-Lehrpersonen gemeinsam mit Fachpersonen Betreuung die Kinder unterrichten und betreuen.
Bern strebt Ganztagesstrukturen für Schulkinder an, Bund, 7.6. von Bernhard Ott


Private sprangen in die Lücke
In der Stadt Bern gibt es ein wachsendes Bedürfnis nach solchen Angeboten. So hat die kantonale Erziehungsdirektion seit 2013 acht private Kindergärten in Kindertagesstätten bewilligt – allein sieben davon in der Stadt Bern. Der SP ist der Ausbau der privaten Angebote seit längerem ein Dorn im Auge: So hat der Stadtrat bereits vor zwei Jahren einen SP-Vorstoss zur Realisierung eines Pilotprojektes für einen Ganztageskindergarten bewilligt. Zudem ist zurzeit eine weitere SP-Motion hängig, die mehrere Pilotversuche und die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Schaffung öffentlicher Ganztageskindergärten fordert.

Für FDP nur ein «kleiner Schritt»
Das Anliegen ist allerdings nicht ausschliesslich eine linke Forderung: So wollen FDP und GLP den Gemeinderat dazu auffordern, eine engere Zusammenarbeit von Kitas und Kindergärten zu prüfen. Das entsprechende Postulat wird nächste Woche im Stadtrat eingereicht. FDP-Stadträtin Claudine Esseiva kann zwar nichts anfangen mit der Kritik der SP am Ausbau der privaten Angebote. Sie teilt aber die Stossrichtung der SP-Vorstösse: «Es braucht ein freiwilliges Angebot von Ganztageskindergärten in der ganzen Stadt.» Der erste öffentliche Ganztageskindergarten im Altenberg sei da bloss ein «erster kleiner Schritt» in die richtige Richtung, sagt Esseiva.

Für die Stadt Bern sei der erste öffentliche Ganztageskindergarten im Altenberg «Neuland», sagt Schulamtsleiterin Irene Hänsenberger. Falls sich das Angebot bewähre, soll es auch in anderen Kitas eingeführt werden. Heute besuchten bereits vierjährige Kinder den Kindergarten. Nicht alle von ihnen seien in der Lage, mittags und am Nachmittag gemeinsam mit wesentlich älteren Kindern eine Tagesschule zu besuchen. «Für solche Kinder ist eine ganztägige Betreuung in einer konstanten Gruppe im Kindergarten oft eine altersgerechtere Lösung», sagt Hänsenberger.

GFL fordert «breite Debatte»
Längerfristig bewege sich die Stadt Bern «in kleinen Schritten» Richtung Ganztagesstrukturen für Schulkinder, sagt die Schulamtsleiterin. Die Einrichtung von Ganztageskindergärten sei nur dort sinnvoll, wo keine Ganztagesschulen vorgesehen seien. «Es sind mehrere Formen von Ganztagesstrukturen möglich», sagt Hänsenberger. Bei der GFL (Grüne Freie Liste, uk) stösst diese Entwicklung überraschenderweise auf Skepsis. «Ich stelle alle Ganztagesversuche infrage», sagt Manuel Widmer. Er forderte eine «breite politische Debatte» über die Veränderung des Berufsbildes von Lehrpersonen und Betreuenden. Niemand dürfe zur Arbeit an einer Ganztageseinrichtung gezwungen werden, sagt Widmer. 
 

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