Nach dem
neuen Französischbuch steht nun auch das neue Englischlehrmittel «New World» in
der Kritik. Eine Umfrage in verschiedenen Kantonen ergab etwa, dass schwache
Schüler damit überfordert sind.
Jetzt wird auch das Englischbuch kritisiert, Berner Zeitung, 24.6. von Marius Aschwanden
Die Wogen
gingen hoch, als vor bald zwei Jahren die ersten Schüler in die Oberstufe
kamen, die bereits von der dritten anstelle der fünften Klasse
Französischunterricht hatten. Sie konnten nicht etwa besser, sondern schlechter
Franz als ihre Vorgänger. Bis heute hat sich daran kaum etwas geändert. Die Schuld
geben Eltern, Lehrer und Bildungsexperten den neuen Lehrmitteln «Mille
Feuilles» und «Clin d’œil». Mit diesen büffeln die Kinder nicht mehr vorwiegend
Grammatik, sondern sollen die Sprache spielerisch erkunden.
Nach der
gleichen Didaktik wird im Kanton Bern seit 2013 auch Englisch unterrichtet.
Lange Zeit blieb es in diesem Fach aber trotz ebenfalls neuem Lehrmittel ruhig.
Nun jedoch wird auch daran Kritik laut – und sie unterscheidet sich kaum von
jener im Französisch: Schwache Schüler sind mit den Inhalten überfordert,
Lehrer müssen zusätzliches Übungsmaterial selber herstellen, der Aufbau der
Grammatik ist zu wenig klar, der Wortschatz zu wenig alltagstauglich oder der
Onlinezugang zu umständlich. Zu diesem Schluss jedenfalls kommen die
Lehrerverbände der Kantone Bern, Solothurn, Basel-Land, Basel-Stadt und
Graubünden in einer Umfrage zum Lehrmittel «New World».
Tieferes Sprachniveau
Die von
den Lehrern verorteten Mängel bleiben nicht ohne Folgen auf das Wissen der
Jugendlichen: Die Umfrage ergab auch, dass die Lehrpersonen das Können ihrer
Schützlinge insbesondere im Bereich Schreiben als «mittel» bis «schlecht»
einstufen. Die Grammatikkenntnisse oder das Wissen über die sprachliche
Struktur beurteilen sie sogar mehrheitlich als «schlecht».
Trotzdem
will Franziska Schwab, Leiterin Pädagogik bei Bildung Bern, nicht schwarzmalen.
«Eine Mehrheit der befragten Lehrpersonen im Kanton Bern ist grundsätzlich
zufrieden mit dem neuen Lehrmittel», sagt sie. So seien die Schüler auch nicht
per se schlechter als jene, die mit dem vorangehenden Schulbuch unterrichtet
worden sind. Heute hätten die Jugendlichen etwa weniger Hemmungen, mit der
Sprache umzugehen und seien in Lesen, Hören und Sprechen auf einem guten
Niveau.
Dasselbe
sagen Verfechter der neuen Didaktik seit Längerem auch über die
Französischkenntnisse der Schülerinnen und Schüler. Für Schwab ist die
Situation in den beiden Fremdsprachen aber nicht eins zu eins vergleichbar.
«Französischlernen wird von vielen Jugendlichen als anstrengend oder sogar qualvoll
angesehen, während die englische Sprache in ihrer Kultur bereits stark
verankert ist.» Entsprechend falle es vielen Jugendlichen trotz allfälligen
Mängeln im Lehrmittel leichter, Englisch zu lernen.
Verlag hat reagiert
Weshalb
die Kritik an «New World» erst zwei Jahre nach dem Aufschrei um die
Franz-Lehrmittel kommt, erklärt Schwab mit der ebenfalls um zwei Jahre späteren
Einführung des Englisch-Lehrmittels. «Die Lehrpersonen merken erst nach einer
gewissen Zeit, was in einem neuen Buch fehlt oder ob Teile schlecht aufgebaut
sind», sagt sie.
Die
Berufsverbände haben ihre Kritik mitsamt Verbesserungswünschen vor kurzem dem
Klett und Balmer-Verlag mitgeteilt, der «New World» herausgibt. Mittlerweile
hat auch ein Treffen zwischen den Parteien stattgefunden. Der Verlag hat den
Verbänden dabei aufgezeigt, welche Optimierungsmassnahmen ergriffen werden.
Erarbeitet würde derzeit etwa zusätzliches Übungsmaterial. Zudem werde der
kritisierte Onlinezugang vereinfacht. Betreffend der Alltagstauglichkeit des Wortschatzes
hingegen, kündigt das Unternehmen keine Änderungen an.
Franziska
Schwab macht sich denn auch keine Illusionen: «Eine Überarbeitung braucht Zeit.
Für uns ist aber wichtig, dass etwas geht.» Klar sei zudem, dass niemand zurück
zum alten Lehrmittel wolle.
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