Monika Maire-Hefti ist erleichtert. «Der Entscheid aus Zürich zeigt,
dass wir auf dem richtigen Weg sind», sagt die Neuenburger Staatsrätin, die der
Regionalkonferenz der Westschweizer und Tessiner Bildungsdirektoren vorsteht.
Es brauche kein Eingreifen des Bundesrates, sondern den Kantonen gelinge es selbst, den Sprachenkompromissumzusetzen.
«Es braucht einfach Zeit.» Die Zürcherinnen und Zürcher hätten bewiesen, dass
ihnen zwei Fremdsprachen in der Primarschule wichtig seien. «Das Resultat ist
ein Bekenntnis zu den Minderheiten und zur Viersprachigkeit der Schweiz.»
"Merci aux Zurichois", NZZ, 22.5. von Andrea Kucera
Frühdeutsch ist unbestritten
Maire-Hefti ist überzeugt, dass das Resultat aus Zürich Signalwirkung
entfaltet. «Im Thurgau kommt die Fremdsprachenfrage ja im Juni erneut aufs
Tapet.» Das Thurgauer Parlament hat sich Anfang Mai in erster Lesung dafür
ausgesprochen, Frühfranzösisch aus dem Lehrplan der
Primarschule zu kippen. Die zweite Lesung erfolgt am 14. Juni.
Die Zuckungen der Deutschschweizer Kantone im Sprachenstreit werden in
der Westschweiz aufmerksam verfolgt. Im Gegensatz zum Frühfranzösisch ist das
Frühdeutsch in den französischsprachigen Kantonen unantastbar. Auch die
Westschweizer SVP bekennt sich dazu. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht die
Reaktion der Genfer SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz in der Podiumsdiskussion
des Westschweizer Fernsehens am Abstimmungssonntag. Auf die Frage des Walliser
SP-Nationalrates Mathias Reynard, weshalb ausgerechnet eine patriotische Partei
wie die SVP mancherorts die Fremdsprache Englisch der Landessprache Französisch
vorziehe, sagte Amaudruz: «Das verstehe ich auch nicht.» Reynard ist in der
Westschweiz einer der Wortführer in der Sprachendebatte. Für den
Oberstufenlehrer ist das Erlernen der Landessprachen ein Bekenntnis zur
Willensnation. Entsprechend schrieb Reynard am Sonntag auf Twitter: «Merci aux
Zurichois, es lebe die mehrsprachige Schweiz!»
«Nicht alles ist in Ordnung»
Nicht alle Westschweizer Politiker messen dem Frühfranzösisch eine
staatspolitische Bedeutung bei wie Maire-Hefti und Reynard. Es gibt auch
Stimmen, die Verständnis dafür bekunden, dass ein Thurgauer oder Zürcher
Familienvater den Englischunterricht wichtiger findet. Auf Anfrage hält Reynard
fest, es sei nötig, dass nun eine Debatte über die Qualität des
Fremdsprachenunterrichts geführt werde. «Dass die Initiative abgelehnt wurde,
heisst nicht, dass alles in bester Ordnung ist», sagt auch Maire-Hefti. Es
brauche bessere Lehrmittel und vor allem mehr Austausch zwischen Schülern und
Lehrern aus den verschiedenen Landesteilen. «Es gibt noch viel
Verbesserungspotenzial.»
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