22. Mai 2017

Fremdsprachenunterricht kann verbessert werden

Die Fremdspracheninitiative hat nicht gezündet. Selbst in den kleinen, ländlichen Gemeinden im Osten und Norden des Kantons gelang es den Initianten nicht, grössere Mehrheiten für ihr Anliegen zu gewinnen, eine Fremdsprache auf die Sekundarschule zu verschieben. Das Ergebnis legt Zeugnis von einer erstaunlichen bildungspolitischen Stabilität im letzten Jahrzehnt ab, das von den grossen Volksschulreformen geprägt war. Es bewegt sich im Rahmen früherer Abstimmungen über das Volksschulgesetz, das Frühenglisch und das Harmos-Konkordat. Die Fremdsprachenfrage trifft offenbar weniger direkt ins Herz als etwa die Frage der Mundart im Kindergarten, des Handarbeits- oder des Religionsunterrichts.
Zürich wird nicht zur Insel, NZZ, 22.5. Kommentar von Walter Bernet


Der Abstimmungskampf war eher flau. Eine Annahme der Initiative hätte trotzdem verheerende Auswirkungen gehabt. Das betrifft weniger den Unterricht in den Fremdsprachen, der tatsächlich verbesserungsfähig ist, als vielmehr die absehbaren Kollateralschäden: Auf kantonaler Ebene wäre die Umsetzung des Lehrplans 21 infrage gestellt worden. Auf interkantonaler und nationaler Ebene wäre angesichts des Gewichts des Kantons Zürich der Sprachenkompromiss aufgebrochen worden. Damit wäre nicht nur der Sprachenstreit auf Feld 1 zurückgesetzt, sondern die Harmonisierung des Volksschulwesens auf dem Konkordatsweg an sich gefährdet worden: Eine Intervention des Bundes hätte neue Konfliktlinien geschaffen.

Die Verlierer sind die organisierten Lehrer und Lehrerinnen. Sie machten sich die Forderung bildungspolitisch konservativer Kreise, die schon die Schulreformen stets bekämpft hatten, zu eigen, in der Hoffnung . . . Ja, in welcher Hoffnung? War es wirklich die pädagogische Überzeugung, mit Stundentafel-Arithmetik in der Volksschule eine wesentliche Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts zu erzielen? Oder war es ein verzweifelter Hilferuf nach besseren Rahmenbedingungen? Die Verbesserung des Sprachunterrichts, so viel ist am Sonntag klargeworden, ist eine Aufgabe, die nicht einfach an die Politik delegiert und auf der Insel Zürich gelöst werden kann. Gefordert sind ganz direkt auch die Lehrer als Spezialisten für das Lehren und Lernen.


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