Allen
eidgenössischen Drohkulissen zum Trotz: Das Kantonsparlament hat seinen
Entscheid von 2014 erneuert und sich vom Französischunterricht in der
Primarschule verabschiedet. Wie ist diese Renitenz möglich in einem Kanton, der
bis dato eher für seine Obrigkeitshörigkeit denn für aufrührerische
Anwandlungen bekannt gewesen ist?
Mit Anstand renitent, Thurgauer Zeitung, 4.5. Kommentar von Christian Kamm
Eines
vorweg: Das Parlament hat sich seinen Entscheid nicht leicht gemacht. Keine
Spur von Nonchalance oder demonstrativer Ignoranz gegenüber den welschen
Compatriotes. In dieser Debatte wurde gerungen. Mit sich und den anderen. Das
lässt sich allein schon an der langen Liste der zitierten Dichter und Denker
ablesen, die in der Sache bemüht worden sind.
Es
obsiegte schliesslich die Haltung, dass es keinen vernünftigen Grund geben
könne, Primarschüler Frühfranzösisch-Lektionen absitzen zu lassen, von deren
Output im Thurgau viele je länger je weniger überzeugt sind. Keine Absage also
ans Französisch an sich. Sondern ein Votum für einen zumindest in den Augen der
Befürworter effizienteren, konzentrierteren und damit bessern Sprachunterricht
auf der Oberstufe.
In den
Fokus gerät mit diesem Verdikt erneut Erziehungsdirektorin Monika Knill (SVP).
Ihr ist es weder gelungen, die Mehrheit des Grossen Rates von der
Existenzberechtigung des Frühfranzösischs zu überzeugen, geschweige denn die
eigene Fraktion. Die kurz vor dem Showdown und aus taktischen Gründen
präsentierten Verbesserungsvorschläge kamen viel zu spät, um über den
pädagogischen Kuchen hinaus volle Wirkung entfalten zu können. Und man fragt
sich zurecht: Was haben die Verantwortlichen eigentlich in den vergangenen vier
Jahren getan?
Et
maintenant? Alles läuft nun auf eine kantonale Volksabstimmung hinaus. Die 30
Kantonsräte, die es in der kommenden Schlussabstimmung dafür braucht, werden
sich problemlos finden lassen. Den Anhängern des Frühfranzösischs zum Trost:
Noch ist der Thurgau also nicht verloren. Und noch manches gewichtige Zitat
wird für oder gegen den Frühfranzösisch-Unterricht herhalten müssen.
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