Am 21. Mai wird im Kanton Solothurn über die
Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21» abgestimmt.
Der Regierungsrat entschied vor zwei Jahren, den Lehrplan 21 auf das
Schuljahr 2018/2019 hin einzuführen. Wie fast in der ganzen Deutschschweiz formierte
sich auch im Kanton Solothurn Widerstand gegen den selbst bei Lehrpersonen
umstrittenen Lehrplan 21.
Kritiker warnen vor einem Paradigmenwechsel, Basler Zeitung, 5.5. von Tobias Gfeller
Einer der führenden Köpfe des schweizweiten Widerstandes
ist der Bieler Lehrer Alain Pichard, der sich selbst politisch als links-grün
bezeichnet und Mitglied der Grünliberalen Partei (GLP) ist. Er empfinde den
Lehrplan 21 als eine Einmischung in die Schulen, an denen mit Kompetenzstufen
Vergleichbarkeit und eine Ökonomisierung stattfinden sollen. «Das ist ein
Paradigmenwechsel. Die Volksschule wird mit dem Lehrplan 21 zur
Ausbildung. Wir machen an den Schulen aber Bildung», ist er überzeugt.
Methodenfreiheit für die Lehrer?
Bildungsdirektor Remo Ankli (FDP) widersprach an der
Podiumsdiskussion im Neuen Theater am Bahnhof in Dornach Alain Pichard vehement.
«Der Lehrplan 21 ist kein Paradigmen- oder Systemwechsel», sagte er. «Er
ist eine Weiterentwicklung des Bestehenden.» Und das Bestehende sei der 1992
eingeführte und seit damals stets weiterentwickelte aktuelle Lehrplan.
«Natürlich ist der neue Lehrplan kompetenzorientiert
aufgebaut. Aber er ist nicht der grosse Schritt, wie er teilweise dargestellt
wird», sagte Ankli weiter. Zudem werde die Methodenfreiheit der Lehrerschaft
gewahrt.
Alain Pichard sieht die Freiheit der Lehrer, wie sie was
unterrichten wollen, in Gefahr. Der Lehrplan 21 schreibe zu viele Belange
des Unterrichts vor. «Die Schule wird so zum totalitären System!», hielt er
fest. Gerade über die neuen Lehrmittel werde die Freiheit der Lehrpersonen
eingeschränkt.
Regierungsrat Remo Ankli warnt vor einer Annahme der
Initiative gegen die Einführung des Lehrplans 21. «Wir würden damit zu
einer Insel in der Nordwestschweiz und der ganzen Schweiz», sagte er. Dem
stimmte der Dornacher Kantonsrat Daniel Urech (Grüne) aus dem Plenum bei. «Das ist
gerade durch die Lage des Kantons Solothurn und dessen Verbundenheit mit
anderen Kantonen gefährlich.»
Bei einem Ja müsse entweder der bestehende Lehrplan
weiterentwickelt oder ein ganz neuer Lehrplan erarbeitet werden. «Auch das
würde zu vehementen politischen Diskussionen führen», ist der Bildungsdirektor
überzeugt.
Kompetenzstufen als Anreize
Das Publikum im Neuen Theater am Bahnhof debattierte
danach selber intensiv mit den beiden Exponenten mit. Die Meinungen waren dabei
eher auf der Seite des Lehrplankritikers. «Die Bildung wird zu sehr
politisiert. Das Vertrauen sollte ganz den Lehrern gehören», meinte etwa Pia
Amacher, ihres Zeichens Präsidentin der Elternlobby Schweiz.
Eine andere Teilnehmerin des Podiums kennt den
Lehrplan 21 von ihren Grosskindern, die im Kanton Zürich zur Schule gehen.
Gerade die Kompetenzstufen, die ein wichtiger Bestandteil des Lehrplans 21
sind, empfinde sie als positiv. «Sie sind ein Anreiz für die Kinder. Auch
Schwächere werden demnach gefördert.» Alain Pichard stört sich aber an diesem
«Primat des Könnens», wie er die Kompetenzstufen selber bezeichnet.
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