13. Mai 2017

Frühfranzösisch: "Wir tun es, weil es die andern auch so machen"

«Mit oder ohne Frühfranzösisch wird es schwierig», Ausgabe vom 29. April
In DavidAngsts Gedanken zum Frühfranzösisch fehlt der entscheidende Punkt: Man kann den scheinbar fehlenden Zusammenhalt nicht mit fragwürdigen Methoden auf dem Buckel von Schulkindern einfordern.
Ältere Schüler lernen Sprachen leichter, Thurgauer Zeitung, 8.5. von Urs Kalberer

Viele Politiker verbreiten blindlings die Position der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), indem sie behaupten, es gäbe für eine Verschiebung des Fremdsprachenunterrichts keine eindeutigen Anhaltspunkte. Die von der EDK in Dänemark bestellte Auftragsstudie kommt zum Schluss, dass hinsichtlich des Starts des Fremdsprachenunterrichts ein späterer Beginn vorteilhaft sei. Ausserdem hält sie fest: «Je älter die Schüler beim Start einer Drittsprache sind, desto besser schneiden sie an Leistungsüberprüfungen ab.» Dazu gehört das in vielen Studien nachgewiesene höhere Lerntempo von älteren Lernern, die die jungen trotz mehr Lektionen bald einund überholen. Ältere Lernende schneiden auch bezüglich des Lernstands über lange Sicht besser ab. Ebenfalls unbestritten ist die Bedeutung der Muttersprache für das Erlernen von Fremdsprachen. Offenbar werden in der Debatte die wissenschaftlichen Fakten massiv zurechtgebogen.

David Angst spricht davon, dass bei einem Wegfall des Primarfranzösischen «zwingend » mehr Lektionen Französisch auf die Oberstufe verlegt werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass alle wegfallenden Lektionen aus der Primarschule in der Oberstufe kompensiert werden müssten. Die Nachhaltigkeit des Primarfranzösischen ist dermassen gering, dass je eine zusätzliche Lektion in der 1. und 2. Oberstufe die wegfallenden Primarlektionen mehr als kompensierten und die Thurgauer zu den besten Französischschülern der Ostschweiz machten.


Das einzige Argument für Frühfranzösisch ist demnach: «Wir tun es, weil es die anderen auch so machen.» In einem föderalistischen Staatswesen, das jedem Kanton bildungspolitische Freiheit zusichert, ist diese Haltung nicht nachvollziehbar. Entgegen den von Angst geschilderten Befürchtungen stünde der Thurgau nicht alleine da: Neben Innerrhoden verzichtet auch Uri auf Primarfranzösisch, der Aargau beginnt in der 6. Primar, in Zürich, Luzern und Graubünden sind Volksentscheide hängig. Auch die Westschweiz kann den Thurgau nicht zu einem ineffizienten und teuren Sprachenkonzept zwingen, das dafür sorgt, dass viele Schulkinder bereits beim Eintritt in die Oberstufe die Köpfe hängen lassen. 

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