13. Mai 2017

Berner Lehrplan-Initiative für gültig erklärt

Ein Lehrplan legt in groben Zügen fest, welche Aufgabe die Bürgerinnen und Bürger der Schule zuweisen und welche Leistungen sie von ihr erwarten. Unsere bewährte Volksschule gehört dem Volk. Die Bürgerinnen und Bürger finanzieren nicht nur die Ausgaben für die Schule, die Lehrmittel, Lehrerlöhne und die ganze Bildungsadministration, sondern sind auch direkt betroffen von grossen Veränderungen im Bildungswesen. Die zahlreichen Schulreformen der letzten Jahre zeigen verheerende Auswirkungen: Der Bildungsstand der Volksschulabgänger hat sich bedeutend verschlechtert. Mit der Einführung des kompetenzorientierten Lehrplans 21 wird sich die Situation leider nicht verbessern. Wie langjährige Erfahrungen mit kompetenzorientierten Lehrplänen in unseren Nachbarländern Deutschland und Österreich zeigen, wird ein grossflächiger Bildungsabbau die Folge sein. Auch in der Deutschschweiz ist ein Bildungsabbau durch den kompetenzorientierten Französischunterricht bereits sichtbar: Eine Leistungsmessung in den Zentralschweizer Kantonen zeigt, dass 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Lernziele in Französisch am Ende der Primarschule nicht erreichen. Im Kanton Bern wurde die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium auf 2017 angepasst: Es gibt nur noch eine kurze mündliche Prüfung, auf einen Prüfungsteil zur Grammatik wird verzichtet! Aus diesen Gründen hat unser Bürgerkomitee im Januar 2016 die Initiative „Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk!“ lanciert und im August 2016 mit knapp 19 000 Unterschriften eingereicht.
Demokratische Mitsprache – ein Schritt in die richtige Richtung, Medienmitteilung Starke Volksschule Bern, 6.5.


Das Initiativkomitee nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass ein entsprechendes Gutachten, welches die Erziehungsdirektion in Auftrag gegeben hat zum Schluss kommt, dass die Initiative verfassungskonform und damit für gültig zu erklären sei. Enttäuschend ist jedoch die Empfehlung des Regierungsrates, dem Grossen Rat zu beantragen die Initiative inhaltlich abzulehnen. Er argumentiert, dass „die pädagogische Diskussion über Lehrpläne und deren Inkraftsetzung auch weiterhin aus fachlicher Sicht zu erfolgen habe“. Die Erziehungsdirektion erklärte in der Vergangenheit wiederholt, dass eine Mitentscheidung des Stimmvolkes bei Lehrplänen unerwünscht und diese Diskussionen nur unter entsprechenden Fachleuten zu führen sei. Da stellt sich die Frage, warum die unüberhörbare Kritik namhafter Experten am Lehrplan 21 in der Berner Erziehungsdirektion nicht ernst genommen wird? Professor Dr. Walter Herzog (Uni Bern) hat mehrmals öffentlich seine Kritik an der umstrittenen Kompetenzorientierung erklärt. Auch Lehrer, Kinderärzte, Therapeuten und Bildungswissenschaftler wie Dr. Phil. Beat Kissling, Prof. Dr. Remo Largo, Prof. Dr. Allan Guggenbühl, Prof. Dr. Roland Reichenbach, Alain Pichard usw. haben ihre Kritik deutlich geäussert. Bereits 2013 hat eine Gruppe renommierter Erziehungswissenschaftler, Psychologen und Ärzte ein Memorandum mit dem Titel „Mehr Bildung – weniger Reformen“ herausgegeben. Ziel des Memorandums war die „Lancierung eines Aufrufs zur Besinnung in der schweizerischen Bildungspolitik angesichts einer wachsenden Reformhektik“, die zunehmend „eine klare Orientierung vermissen“ lasse. Doch offenbar lassen sich die Verantwortlichen in der Berner Erziehungsdirektion davon nicht beeindrucken...

Unser Komitee ist überzeugt, dass nur durch einen öffentlichen und breiten Dialog mit allen Beteiligten die Probleme der „Baustelle“ Bildung angegangen werden können. Fachpersonen, Lehrer, Eltern, usw. müssen gemeinsam die Auswirkungen der Bildungsreform „Lehrplan 21“ ehrlich und ohne Denkverbote analysieren und diskutieren. Wir sind deshalb davon überzeugt, dass die Forderung unserer Initiative, dass nicht mehr der Erziehungsdirektor die alleinige Verantwortung für die Einführung neuer Lehrpläne trägt, ein Schritt in die richtige Richtung ist.

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