Ein
Lehrplan legt in groben Zügen fest, welche Aufgabe die Bürgerinnen und Bürger
der Schule zuweisen und welche Leistungen sie von ihr erwarten. Unsere bewährte
Volksschule gehört dem Volk. Die Bürgerinnen und Bürger finanzieren nicht nur
die Ausgaben für die Schule, die Lehrmittel, Lehrerlöhne und die ganze
Bildungsadministration, sondern sind auch direkt betroffen von grossen
Veränderungen im Bildungswesen. Die zahlreichen Schulreformen der letzten Jahre
zeigen verheerende Auswirkungen: Der Bildungsstand der Volksschulabgänger hat
sich bedeutend verschlechtert. Mit der Einführung des kompetenzorientierten
Lehrplans 21 wird sich die Situation leider nicht verbessern. Wie langjährige
Erfahrungen mit kompetenzorientierten Lehrplänen in unseren Nachbarländern
Deutschland und Österreich zeigen, wird ein grossflächiger Bildungsabbau die
Folge sein. Auch in der Deutschschweiz ist ein Bildungsabbau durch den kompetenzorientierten
Französischunterricht bereits sichtbar: Eine Leistungsmessung in den
Zentralschweizer Kantonen zeigt, dass 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler
die Lernziele in Französisch am Ende der Primarschule nicht erreichen. Im
Kanton Bern wurde die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium auf 2017 angepasst: Es
gibt nur noch eine kurze mündliche Prüfung, auf einen Prüfungsteil zur
Grammatik wird verzichtet! Aus diesen Gründen hat unser Bürgerkomitee im Januar
2016 die Initiative „Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk!“
lanciert und im August 2016 mit knapp 19 000 Unterschriften eingereicht.
Demokratische Mitsprache – ein Schritt in die richtige Richtung, Medienmitteilung Starke Volksschule Bern, 6.5.
Das
Initiativkomitee nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass ein entsprechendes
Gutachten, welches die Erziehungsdirektion in Auftrag gegeben hat zum Schluss
kommt, dass die Initiative verfassungskonform und damit für gültig zu erklären
sei. Enttäuschend ist jedoch die Empfehlung des Regierungsrates, dem Grossen
Rat zu beantragen die Initiative inhaltlich abzulehnen. Er argumentiert, dass
„die pädagogische Diskussion über Lehrpläne und deren Inkraftsetzung auch
weiterhin aus fachlicher Sicht zu erfolgen habe“. Die Erziehungsdirektion
erklärte in der Vergangenheit wiederholt, dass eine Mitentscheidung des
Stimmvolkes bei Lehrplänen unerwünscht und diese Diskussionen nur unter
entsprechenden Fachleuten zu führen sei. Da stellt sich die Frage, warum die
unüberhörbare Kritik namhafter Experten am Lehrplan 21 in der Berner
Erziehungsdirektion nicht ernst genommen wird? Professor Dr. Walter Herzog (Uni
Bern) hat mehrmals öffentlich seine Kritik an der umstrittenen
Kompetenzorientierung erklärt. Auch Lehrer, Kinderärzte, Therapeuten und
Bildungswissenschaftler wie Dr. Phil. Beat Kissling, Prof. Dr. Remo Largo,
Prof. Dr. Allan Guggenbühl, Prof. Dr. Roland Reichenbach, Alain Pichard usw.
haben ihre Kritik deutlich geäussert. Bereits 2013 hat eine Gruppe renommierter
Erziehungswissenschaftler, Psychologen und Ärzte ein Memorandum mit dem Titel
„Mehr Bildung – weniger Reformen“ herausgegeben. Ziel des Memorandums war die
„Lancierung eines Aufrufs zur Besinnung in der schweizerischen Bildungspolitik
angesichts einer wachsenden Reformhektik“, die zunehmend „eine klare
Orientierung vermissen“ lasse. Doch offenbar lassen sich die Verantwortlichen
in der Berner Erziehungsdirektion davon nicht beeindrucken...
Unser
Komitee ist überzeugt, dass nur durch einen öffentlichen und breiten Dialog mit
allen Beteiligten die Probleme der „Baustelle“ Bildung angegangen werden
können. Fachpersonen, Lehrer, Eltern, usw. müssen gemeinsam die Auswirkungen
der Bildungsreform „Lehrplan 21“ ehrlich und ohne Denkverbote analysieren und
diskutieren. Wir sind deshalb davon überzeugt, dass die Forderung unserer
Initiative, dass nicht mehr der Erziehungsdirektor die alleinige Verantwortung
für die Einführung neuer Lehrpläne trägt, ein Schritt in die richtige Richtung
ist.
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