Der
Bildungsexperte des Schweizer Lehrerverbands, Jürg Brühlmann, über die
Schwierigkeit, ein Wunderkind zu erkennen, und Eltern, die meinen, ihr
Nachwuchs sei hochbegabt – selbst wenn es nicht stimmt.
"Manche Kinder verstecken ihre Begabung", Schweiz am Wochenende, 15.4. von Yannick Nock
Herr Brühlmann, ist es schwierig, hochbegabte
Kinder zu erkennen?
Jürg
Brühlmann: Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, es gibt keine trennscharfe
Linie. Hochbegabte Kinder interessieren sich oft für spezielle Themen und
wissen darüber sehr viel. Aber eben nur in diesem Bereich. Ausserdem ziehen sie
sich, wenn sie älter werden, manchmal zurück und wollen nicht auffallen.
Einige Kinder versuchen also, ihre Begabung
zu verstecken?
Genau,
sie wollen sich nicht exponieren, melden sich kaum und legen bewusst
durchschnittliche Prüfungen ab. Wer immer nur 6er schreibt, wird schnell zum
Aussenseiter. Im schlechtesten Szenario fallen sie nur noch negativ auf. Sie
stören, werden depressiv oder verweigern die Schule.
Wie gehen Sie mit solchen Schülern um?
Diesen
Kindern kann man spezielle Aufträge oder Projektarbeiten geben, die sie
zusätzlich herausfordern. In manchen Schulen und Kantonen existieren auch
Programme, in denen hochbegabte Kinder während einer gewissen Zeit gemeinsam
arbeiten können.
Macht die Schweiz genug für ihre
Hochbegabten?
Durch
die Digitalisierung wäre es möglich, hochbegabte Kinder zusammen online zu
unterrichten und sie manchmal gemeinsam in ein Lager zu schicken. In diesem
Bereich könnten die Kantone mehr tun. Aber für die ganz aussergewöhnlichen
Kinder fehlen in der Schweiz die Strukturen.
Ist Maximilian, der mit 9 die
Mathematik-Matura absolvierte, so ein Fall.
Ja,
denn er ist von der Begabung her nicht einer aus 10000, sondern einer aus
100000, ein Extremfall wie vielleicht Mozart in der Musik.
Gibt es Eltern, die fälschlicherweise davon
ausgehen, ihre Kinder seien hochbegabt?
Das
kommt durchaus öfters vor. Hochbegabte Kinder sind seltener, als Eltern meinen.
Wenn der Druck von Eltern auf ihre Kinder und die Lehrpersonen zunimmt, tun sie
niemandem einen Gefallen. Eine Hochbegabung kann wenn nötig schulpsychologisch
abgeklärt werden. Dazu sollte die Schule im Interesse des Kindes Unterstützung
bieten.
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