Seit mehr als zwanzig Jahren wird an
Urner Schulen auf Primarstufe Italienisch unterrichtet. Uri und Graubünden
waren die einzigen Kantone, die in der fünften und sechsten Klasse Italienisch
statt Französisch als obligatorische Zweitsprache in den Lehrplan aufgenommen
haben. Mit der Einführung von Englisch ab der dritten Primarklasse wurde
Italienisch zu einem Wahlpflichtfach. Auf der Oberstufe war es mangels
interessierter Schüler stets schwierig, Italienisch in allen Gemeinden
anzubieten. Die Italienischkarriere war also für viele nach zwei Jahren
beendet.
Online-Unterricht macht Schülern Mühe, Luzerner Zeitung, 19.4. von Salome Infanger
Der Erziehungsrat hat sich 2012
entschieden, Italienischunterricht an der Oberstufe weiter als Wahlfach
anzubieten. Die geografische Nähe zum Tessin spielte eine wichtige Rolle. Seit
drei Jahren gibt es ein gemeindeübergreifendes Italienischangebot, das zum
grossen Teil auf Fernunterricht übers Internet basiert. Nur einmal im Monat
treffen sich die Schüler zum Unterricht im Kollegi in Altdorf. Alle Schüler des
Kantons von der ersten bis zur dritten Oberstufe können sich anmelden, sofern sie
bereits in der Primarschule Italienisch gewählt hatten. Rund die Hälfte der
angemeldeten Jugendlichen sind Kollegischüler. «Wie uns Lehrer des Gymnasiums
bestätigen, profitieren Schüler im Französischunterricht vom Besuch des
Italienisch in der Primarschule», sagt David Zurfluh vom Amt für Volksschulen.
Viele Schüler brechen
Italienischunterricht ab
Einzig in Andermatt ist das Interesse
an der Sprache gross genug, dass eine eigene Italienischklasse vor Ort zu
Stande gekommen ist. Von den übrigen Gemeinden im Kanton besuchen zurzeit nur
sieben Schüler von der ersten bis zur dritten Oberstufe den virtuellen
Italienischunterricht. Die Mehrheit der angemeldeten Schüler ist wieder
ausgestiegen. Dies, weil es ihnen zu viel wurde oder die Unterrichtszeiten
nicht mit ihren Hobbys vereinbar waren, sagt Zurfluh.
Trotz allem will man im Kanton Uri am
Italienischunterricht auf der Oberstufe festhalten. Sobald sich von den
gesamten drei Jahrgängen mindestens fünf Schüler anmelden, wird das Fach
durchgeführt, so Zurfluh. «Wir wollen Jugendlichen weiterhin die Möglichkeit
bieten, die Sprache unseres Nachbarkantons zu lernen.» Zurfluh sagt aber auch:
«Das Konzept ist eigentlich eine Notlösung.» Im Grunde wünsche man sich schon,
dass sich in jeder Gemeinde genug Schüler anmelden würden, um einen eigenen
Italienischunterricht vor Ort anbieten zu können.
Einmal in der Woche online dabei
Zwei Lektionen pro Woche bringt
Lehrerin Cornelia Epp den Schülern Italienisch bei. Grammatikübungen lösen,
Aussprache verbessern, Verben konjugieren, Texte lesen, Konversation üben.
«Eigentlich ganz normaler Unterricht», sagt Epp. Nur findet all das dreimal im
Monat, jeweils am Montagabend von 20 bis 21 Uhr in einem virtuellen
Klassenzimmer statt. Die Lehrerin verschickt vor dem Unterricht einen Link per
Mail, der den Schülern den Zugang zur Onlineplattform Adobe Connect ermöglicht.
Die Schüler und die Lehrerin sehen sich so gegenseitig auf einem Bildschirm und
können über Mikrofone miteinander kommunizieren. Zu Beginn sei das jedoch vor
allem auch technisch vielfach eine Herausforderung, sagt Epp.
Whatsapp wird für den Unterricht
ebenfalls genutzt. Die Schüler sind jeweils zu zweit – plus der Lehrerin – in
einer Whatsapp-Gruppe und üben mündliche Konversation mit Hilfe von
Sprachnachrichten.
Prüfungen schreiben die Schüler im
«Live-Unterricht». Die zwei Lektionen am Dienstagnachmittag werden aber nicht
nur für Prüfungen genutzt. Die Schüler repetieren zudem den Lernstoff auf
spielerische Weise. Um das Gelernte auch konkret anwenden zu können, tauschen
sich die Urner Schüler mit Tessiner Klassen aus. Sie schreiben sich Briefe oder
senden sich Quiz oder Spiele zu. Einmal im Jahr ist auch geplant, eine Tessiner
Schulklasse zu treffen.
Schüler müssen diszipliniert dem
Unterricht folgen
Auf der ersten bis zur dritten
Oberstufe wird Italienisch als zusätzliches Schulfach zum obligatorischen
Schulplan belegt. Die Jugendlichen nehmen also freiwillig einen Mehraufwand auf
sich. Mireille Gisler aus Altdorf besucht das erste Jahr des
Italienischunterrichts. «Ich habe das Fach gewählt, weil es mir in der
Primarschule Spass gemacht hat», sagt sie. Was die Schüler aber stört, sind die
Unterrichtszeiten. «Am Montag um 20 Uhr möchte man lieber im Bett liegen oder
sonst etwas machen», sagt die 13-jährige Mona Gerig aus Schattdorf. «Wir
wollten die Kurse zu einer früheren Uhrzeit machen, aber dann waren viele wegen
anderer Hobbys verhindert», sagt Epp.
Die Schüler bemängeln ausserdem, dass
sie viele Hausaufgaben hätten. Der Eindruck rührt wohl auch daher, dass die
Schüler vieles selbstständig erarbeiten müssen. «Die Schüler müssen sehr
diszipliniert sein und auch ohne Kontrolle durch Lehrpersonen gut lernen
können», sagt Epp.
Bei den Treffen im Kollegi gibt die
Lehrerin den Schülern einen Plan ab, was die nächsten drei Wochen im
Onlineunterricht behandelt wird und welche Aufgaben gelöst werden müssen. Epp
sagt, grundsätzlich funktioniere das Unterrichtssystem. «Für engagierte Schüler
ist es kein Problem, sie profitieren von dieser Art von Unterricht genauso.»
Das Lernprogramm sei nicht überladen, und sie versuche, den Unterricht laufend
zu verbessern. Aber sehr viele hätten Mühe, allein zu Hause daran zu arbeiten.
Das zeigen auch die Zahlen. Im ersten Jahr des Pilotprojekts haben sich 16
Schüler angemeldet, Ende Jahr waren noch sechs dabei. Der Jahrgang ist nun in
der dritten Oberstufe und besteht noch aus zwei Schülern. In der zweiten
Oberstufe ist von acht Angemeldeten nur noch jemand dabei, und die erste
Oberstufe besteht aus vier anstatt sieben Schülern. Grundsätzlich melden sich
die Schüler für ein Jahr an. Zurfluh sagt aber: «Wir möchten nicht, dass die
Schüler wegen eines Wahlfachs überfordert sind, darum können sie in begründeten
Fällen während des Jahrs abbrechen.»
Nächstes Jahr wird ein neuer Anlauf
genommen. Zwölf Sechstklässler haben sich für den Italienischunterricht in der
ersten Oberstufe angemeldet.
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