Die am 21. Mai im Kanton Zürich zur Abstimmung kommende Volksinitiative
«Mehr Qualität – eine Fremdsprache in der Primarschule» der Zürcher
Lehrerverbände will, dass es in der Volksschule weiterhin zwei Fremdsprachen
geben soll, eine davon ab Primarstufe und die zweite (wieder) ab Oberstufe. Der
Lernzuwachs bei Fremdsprachen ist auf der Oberstufe überdurchschnittlich gross
und effizienter, weil die Schüler erst ab diesem Alter analytisch lernen
können. In Lehrer- und Elternkreisen ist schon lange bekannt, dass schwächere
Schüler mit den Frühfremdsprachen überfordert sind und deshalb nicht mehr
richtig Deutsch lernen. Unternehmer betonen zwar die Wichtigkeit der globalen
Fremdsprache, erachten aber die teils unbefriedigende Kompetenz in der
Erstsprache als grösseres Problem.
Fremdsprachen lieber spät und intensiv, als lange halbbatzig und viel teurer, Peter Aebersold, 12.4.
Schon die Zürcher Langzeitstudie von 2014 zeigte, dass
Fremdsprachenunterricht in der Primarschule mit rund zwei Wochenlektionen pro
Sprache wenig bringt. Oberstufenschüler lernen in einem halben Jahr gleich
viel. Einen Langzeiteffekt von Frühenglisch gibt es nicht. In der
Zentralschweizer Studie der Universität und Pädagogischen Hochschule Freiburg
von 2016 verfehlten bei zwei Fremdsprachen an der Primarschule zwischen 50 und
75 Prozent der Schüler die Französisch-Lernziele am Ende der 6. Klasse.
Auch die jüngste Studie des Instituts für Bildungsevaluation der Uni
Zürich von Ende 2016 beweist, dass Frühfremdsprachen viel kosten, aber wenig
bringen. Im Aargau wird Englisch ab der 3. Primarklasse als erste Fremdsprache
unterrichtet. Solothurner Schüler hatten zum Zeitpunkt der Untersuchung erst ab
der 7. Klasse Englisch. Wer danach weiter zur Schule ging, holte den
Unterschied von 4 Jahren Frühenglisch nach maximal einem Jahr auf.
Seit es auf der Primarstufe zwei Frühfremdsprachen gibt, fristet der
Deutschunterricht ein Aschenbrödeldasein. Dabei ist das Beherrschen der
Erstsprache Deutsch (für die vielen Migrantenkinder ist es bereits eine
Zweitsprache, wenn man von der Mundart absieht) die Voraussetzung nicht nur für
einen Erfolg beim Erlernen jeder Fremdsprache sondern auch für alle anderen
Fächer. Die MINT-Fächer sind betroffen, weil mathematisch-technische
Aufgabestellungen ohne gutes Deutsch nicht verstanden werden können. Mit dem
Lehrplan 21 würde die Sprachenkompetenz noch schlechter, weil Deutsch und
Fremdsprachen wegen der „Kompetenzorientierung“ nur noch „selbstgesteuert“ im
Monolog mit Computer und Tablet gelernt werden sollen.
Die Deutschkenntnisse der Schweizer Schüler stürzten bereits bei Pisa
2012 ab. Pisa 2015 war noch schlimmer: bereits 20% der 15-Jährigen in der
Schweiz haben ungenügende Grundkenntnisse in Deutsch und Lesen. Sie sind für
den Arbeitsmarkt kaum mehr vermittelbar und können der IV zur Last fallen. Die
Verschiebung einer Frühfremdsprache auf die Oberstufe bringt nicht nur bessere
Sprachqualität und auch langfristig viel weniger Kosten, sondern macht
Ressourcen auf der Primarstufe frei, um die mangelhaften Deutschkenntnisse
wieder zu verbessern.
Für die Fremdspracheninitiative braucht es ein JA, weil der
wirtschaftliche Wohlstand unseres Landes auf einer breiten Volksschulbildung
beruht und wir uns keine Zweiklassengesellschaft mit 20% funktionalen
Analphabeten leisten können.
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