Wie kommt es, dass sich bildungsferne Vertreter von Verbandsspitzen
besser informiert fühlen, als die Fachleute vor Ort? Wie kann man behaupten,
dass der beabsichtigte Paradigmawechsel im Bildungswesen mit dem Lehrplan 21
einen positiven Einfluss auf Gewerbe und Wirtschaft habe, wenn der Praxistest
noch bevorsteht? Wieso beharrt man auf den Frühfremdsprachen, obschon
wissenschaftlichen Studien und kürzlich veröffentlichte Kantonsvergleiche
zeigen, dass die Frühfremdsprachen wenig effizient, sehr teuer und wegen der
Verdrängung des Deutschunterrichts, eine der Hauptursachen für die 20%
Schulabgänger mit mangelhaften Deutschkenntnisse sind (Pisa 2012 und 2015), die
kaum in den Arbeitsprozess integriert werden können? Hat man vergessen, dass
der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes auf einer breiten Volksschulbildung
beruht und dass wir uns keine Zweiklassengesellschaft leisten können?
Bildungsreformen durch die rosarote Brille betrachtet, 18.3. von Peter Aebersold
Die Informationskultur in Wirtschaft, staatlicher Verwaltung und Medien
wurde in den letzten zwei Jahrzehnten – von der Öffentlichkeit fast unbemerkt –
völlig verändert und hat auch das Bildungswesen erfasst. Anstelle von neutralen
Informationen gibt es immer mehr staatliche Propaganda: Negatives wird
ausgeblendet und Positives überhöht oder herbeigeredet. Reformen und Neuerungen
werden als absolut notwendig und nur positiv dargestellt. Damit die von oben
gesteuerten Reformen und Projekte ohne Störungen durchgezogen werden können,
werden kritische Stimmen (Vetoplayer) mit Methoden des „Change Managements“
ausgeschaltet und jahrzehntelanges Erfahrungswissen nicht berücksichtigt. Die
Aufsichtsbehörden wurden an Schweigepflicht und Datenschutz gebunden und haben
kein Sprachrohr zur Öffentlichkeit. Es gibt keine Schulversuche mehr, um die
neuen Methoden in kleinem Rahmen in der Praxis zu erproben, um sie allenfalls
ohne grosse Kosten und Verluste rückgängig machen zu können. Damit die
Öffentlichkeit, die meist millionenschweren Projekte als erfolgreich wahrnimmt,
werden sie mit Gefälligkeitsgutachten, präparierten Umfragen und PR-Methoden
vermarktet. Die Tagesmedien übernehmen solche präparierten Erfolgsmeldungen aus
zeitlichen Gründen meist unkritisch. Mit solchen gefilterten Informationen
werden die Stimmbürger im Stich gelassen und sie können sich keine objektive
Meinung bilden, wenn sie sich nicht zusätzliche Informationen bei
Alternativmedien beschaffen.
Die Volksinitiative «Mehr Qualität – eine Fremdsprache in der
Primarschule», die am 21. Mai im Kanton Zürich zur Abstimmung kommt und namentlich
von Zürcher Lehrerverbänden unterstützt wird, will eine der bisherigen
Frühfremdsprachen wieder auf die Oberstufe verlegen, um dem Deutschunterricht
als unverzichtbare Grundlage für das Lernen in allen Fächern wieder mehr
Priorität einzuräumen.
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