4. März 2017

Desinteresse der Lehrer

Die Konferenz der Thurgauer Unterstufenlehrer findet keine neuen Vorstandsmitglieder. Dadurch entsteht die Gefahr, den Leistungsauftrag des Kantons nicht mehr erfüllen zu können. Der Dachverband ist bereits informiert.
Unterstufe setzt einen Notruf ab, St. Galler Tagblatt, 3.3. von Silvan Meile


Claudia Brunner setzt einen Hilferuf ab. «Eine wertvolle Stimme droht zu verstummen», sagt die Präsidentin der Thurgauer Unterstufenkonferenz (TUK). Im aktuellen «Schulblatt», der Publikation des Amts für Volksschule, nennt Brunner das Problem beim Namen: «Wir benötigen weitere Vorstandsmitglieder und Delegierte. Ansonsten müssen wir entweder an der nächsten Jahrestagung die TUK sistieren oder aber können wichtige Aufgaben mangels zeitlicher und personeller Ressourcen nicht mehr ausführen.»

Vorstandsarbeit auf zu wenigen Schultern verteilt
Die von Brunner präsidierte Unterstufenkonferenz ist der direkte Draht aus dem Schulzimmer zur Kantonsverwaltung. Das bietet die Möglichkeit zur Mitgestaltung. Der Vorstand vertritt die Meinungen der Unterstufenlehrer gegenüber dem Kanton, bringt Anliegen ein und spricht Probleme an. «Unsere Meinung war zum Beispiel bei der Umsetzung und Einführung des neuen Lehrplans gefragt», sagt Brunner. Regelmässig trifft sich die TUK mit dem Leiter des kantonalen Amtes für Volksschule. Das sei eine einzigartige Ausgangslage. In anderen Kantonen sind sich Lehrer und Kantonsverwaltung nicht so nahe. «Wir sind froh um diesen Austausch, er hat sich gut bewährt», sagt Beat Brüllmann, Chef des Amtes für Volksschule beim Kanton Thurgau.

Weil die Arbeit der TUK seit langem aber auf zu wenigen Schultern verteilt ist, fühlt sich der Vorstand nicht länger in der Lage, seine Aufgaben sorgfältig auszuführen. «Sieben Vorstandsmitglieder wären ideal», sagt Brunner. Doch nur vier Frauen gehören derzeit dem Gremium an. Auf den Aufruf im «Schulblatt» um Mit- hilfe im Vorstand hat sich bisher noch keine der aktuell 675 Unterstufenlehrpersonen gemeldet, obwohl es keine Freiwilligenarbeit ist. Für die Vorstände gibt es 40 Franken pro Stunde.

«Bitten wir um Mitarbeit, sind aber die meisten abweisend und klagen über mangelnde Ressourcen», sagt Brunner. Sie selber wird für ihre Arbeit als Präsidentin der Unterstufenkommission vom Kanton mit zwei Lektionen pro Woche entlöhnt. Trotzdem fand Brunner im vergangenen Jahr niemanden zur Stellvertretung ihres Amtes, als sie wegen Schwangerschaft eine solche suchte.

Die Aufgaben würde auf den Dachverband zurückfallen
Auch beim Lehrer-Dachverband Bildung Thurgau hat sich die TUK wegen ihrer Personalsorgen im Vorstand schon gemeldet. «Wir besprechen das an der nächsten Geschäftsleitungssitzung Ende März», sagt Bildung-Thurgau-Präsidentin Anne Varenne. Dort helfe man, geeignete Leute zu finden. Das liegt auch im Interesse des Dachverbandes selber. Dieser ist gemäss Leistungsvereinbarung mit dem Kanton verpflichtet, die Lehrer gegenüber dem Regierungsrat zu vertreten. Es ist sogar im Volksschulgesetz verankert, dass Lehrer das Recht haben, sich bei Gesetzesänderungen oder grundlegenden Änderungen vernehmen zu lassen. Würde dies die Unterstufenkonferenz nicht mehr wahrnehmen, fiele die Aufgabe dem Verband Bildung Thurgau zu.

Das Problem eines personellen Engpasses im Vorstand einer Stufenkonferenz bestehe nicht zum ersten Mal, sagt Varenne. Es gründe vor allem auf fehlenden Ressourcen. «Wenn wir Lehrpersonen anfragen, hören wir meistens, dass die Zeit dafür fehle.» In der Unterstufe zeige sich diese Problematik besonders. «Hier unterrichten vor allem Frauen. Sie sind nebst ihrer Tätigkeit als Lehrerin auch noch Mutter, Partnerin, vielleicht betreuen sie noch die Eltern oder Schwiegereltern und allenfalls sind sie auch noch ehrenamtlich in einem Verein tätig.»

Dennoch zeigt sich die Präsidentin von Bildung Thurgau überzeugt, noch geeignete Vorstandsmitglieder für die Unterstufenkonferenz zu finden, damit die Unterstufenlehrpersonen ihre Stimme im Kanton Thurgau nicht verlieren.


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