Fremdsprachenunterricht an der Primarschule
provoziert immer noch Widerstand. So nannte ihn der bekannte Kinderarzt Remo
Largo einen «pädagogischen Irrweg». Für den analytischen Spracherwerb seien
Primarschüler zu jung. Und «ein bisschen Englisch lernen» (spielerisch, Fehler
erlaubt) sei für das Endergebnis eher kontraproduktiv. Aus Lehrer- und
Elternkreisen hört man zudem, schwächere Schüler seien überfordert und lernten
dafür nicht mehr richtig Deutsch.
Frühenglisch hilft - aber nicht allen, Aargauer Zeitung, 4.3. von Hans Fahrländer
Das Fremdsprachenkonzept der Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK) verlangt zwei
Fremdsprachen auf der Primarstufe, eine ab der 3. und eine ab der 5. Klasse. Im
Aargau wird seit 2008 ab der 3. Klasse Englisch unterrichtet. Französisch folgt
ab der 6. Klasse, mit dem Lehrplan 21 soll es auf die 5. vorverlegt werden. Tut
man damit auch pädagogisch das Richtige? Auf vielseitiges Drängen hat das
Bildungsdepartement den Erfolg des Frühenglisch durch das Institut für
Bildungsevaluation der Uni Zürich untersuchen lassen. Die Medienmitteilung zu
den Ergebnissen tönt erfreulich: Das Primarschul-Englisch zeige «Wirkung», die
Lernziele würden «weitgehend erreicht», der Lernzuwachs sei
überdurchschnittlich gross», Zufriedenheit und Motivation der Lehrpersonen
seien «hoch».
Wer genauer liest, findet aber auch weniger euphorische
Befunde. So gibt es in den Oberstufentypen immer noch beträchtliche
Unterschiede beim Englisch-Erfolg: In der Bezirksschule erfüllen praktisch alle
Jugendlichen die Lernziele, in der Sekundarschule sind es um die 90 Prozent, in
der Realschule aber nur 50 bis 70 Prozent. Offenbar vermag Frühenglisch die
Leistungsunterschiede nicht auszugleichen. Entsprechend monieren Lehrpersonen,
die Anforderungen des Lehrmittels seien für die Realschule «eher zu hoch», für
die Bezirksschule «eher zu tief». In einer ersten Reaktion auf das Papier
moniert überdies die FDP, nicht untersucht worden seien die Auswirkungen des
frühen Fremdsprachenunterrichts auf den Deutschunterricht. Diesem sei «dringend
mehr Gewicht zu geben».
Fazit: Frühenglisch hilft. Aber nicht allen. Frühenglisch
ist etabliert, Wieder-Abschaffung kein Thema mehr. Aber statt sich auf einem
euphorischen Papier auszuruhen, tun die Verantwortlichen gut daran, das Thema
zu vertiefen. Soll Primarschul-Englisch allenfalls fakultativ werden? Soll man
wieder zu grösseren Unterschieden in den Lernzielen der Oberstufenzüge stehen?
Das Wohl der Kinder (auch der schwächeren) ist jedenfalls höher zu gewichten als EDK-Richtlinien.
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