Aller Kritik zum
Trotz nimmt der erste gemeinsame Lehrplan der Deutschschweiz Hürde um Hürde.
Auch im Aargau hat die Stimmbevölkerung gerade grünes Licht gegeben. Doch die
Gegner denken nicht ans Aufgeben.
Die Lehrplan-Gegner haben einen langen Atem, Bild: Salvatore Di Nolfi |
Lehrplan-Gegner geben keine Ruhe, Luzerner Zeitung, 15.2. von Maja Briner und Dominic Wirth
Dem Lehrplan 21 blies von Beginn weg ein rauher Wind entgegen. In
mehreren Kantonen lancierten Bürger Initiativen, die sich gegen den ersten
Deutschschweizer Lehrplan richteten. Doch an der Urne scheiterten die Gegner
wiederholt – im Herbst etwa in den Kantonen Schaffhausen, St. Gallen und Thurgau.
Am Sonntag erlitten sie auch im Aargau eine Schlappe: Das Stimmvolk lehnte eine
Anti-Lehrplan-21-Initiative mit 70 Prozent Nein-Stimmen ab.
Elfy Roca vom Initiativkomitee sagt, ein Grund für das Scheitern der
Initiative sei die «massive Behördenpropaganda». Der Aargauer Bildungsdirektor
Alex Hürzeler wies diesen Vorwurf indes zurück. Er kann im Aargau nun die
Einführung des Lehrplans 21 weiter vorantreiben. Dieser soll dafür sorgen, dass
der Bildungsrucksack der Schülerinnen und Schüler überall in der Deutschschweiz
ähnlich gefüllt wird. Der Lehrplan 21 ist ein Prestigeprojekt der
Deutschschweizer Erziehungsdirektoren. Deren Präsident, der Zuger
Bildungsdirektor Stephan Schleiss (SVP), ist erfreut über das deutliche
Ergebnis aus dem Aargau. «Das spricht auch ein Stück weit für das Produkt»,
sagt er. Schleiss betont, beim Lehrplan 21 handle es sich nur um eine Vorlage,
die Kantone könnten Anpassungen machen. «Es hat Platz für Unterschiede», sagt
er.
Inzwischen haben alle Deutschschweizer Kantone ausser dem Aargau die
Einführung des Lehrplans 21 beschlossen. «Die Einführung des Lehrplans 21 ist
gut unterwegs», sagt Schleiss.
Als Nächste stimmen die Solothurner
ab
Allerdings ist es keineswegs so, dass der Widerstand gegen den Lehrplan
21 nach der Abstimmung im Aargau verebben wird. Im Gegenteil: In vielen
weiteren Deutschschweizer Kantonen sind Initiativen, die den Lehrplan 21 ins
Visier nehmen, bereits eingereicht oder in Planung. Am weitetesten sind seine
Gegner, die sich gerne als Retter der Volksschule darstellen, im Kanton Solothurn.
Dort wird am 21. Mai über eine Initiative abgestimmt, mit der gezielt gewisse
Elemente aus dem Lehrplan 21 verhindert werden sollen, etwa die Sammelfächer
und die Kompetenzorientierung. «Wir wollen die bewährten Eckwerte der
Volksschule im Gesetz verankern», sagt René Steiner vom Initiativkomitee. Der
EVP-Kantonsrat, der auf diese Art die Einführung des Lehrplans 21 «unmöglich
machen» will, rechnet sich gute Chancen auf ein Ja aus – trotz der heftigen
Niederlagen, die es bisher in allen Kantonen gab. «Das Duell zwischen David und
Goliath geht nicht immer so aus, wie Goliath sich das wünscht», sagt Steiner.
Auch andernorts wird der Lehrplan 21 schon bald die Stimmbürger
beschäftigen. Im Kanton Basel-Landschaft wurde eine Volksinitiative
eingereicht, die wie jene in Solothurn einzelne Bestandteile des Lehrplans 21
bekämpft. In Bern, Luzern und Zürich sind derweil Initiativen hängig, die auf
einer anderen, höheren Ebene ansetzen: Die Lehrpläne sollen dort künftig einem
fakultativen Referendum unterliegen und vom Parlament genehmigt werden. Auch im
Kanton Graubünden gab ein Komitee kürzlich bekannt, genug Unterschriften für
die Einreichung einer Initiative gesammelt zu haben; im Kanton Zug will ein
überparteiliches Komitee laut Website «nächstens» eine Initiative lancieren.
Gegner nehmen zweiten Anlauf
Damit nicht genug: Selbst in Kantonen, in denen Abstimmungen gegen den Lehrplan
21 schon einmal verloren gingen oder eine Initiative wie in Schwyz für ungültig
erklärt wurde, geben die Gegner nicht auf. So etwa auch im Kanton St. Gallen.
Und sogar im Aargau, wo die Niederlage noch so frisch ist, will das
Initiativkomitee weitermachen. «Wir sorgen uns um die Schule, daran hat sich
nichts geändert», sagt Elfy Roca. Das Initiativkomitee kündigte noch am
Abstimmungssonntag an, es werde falls nötig weitere Initiativen lancieren.
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