Man erinnert sich: Hauptsächlich damit
Familien und insbesondere die betroffenen Kinder bei einem Kantonswechsel den
Anschluss in der Schule besser finden können sollten, wurde vor Jahren die
landesweite Vereinheitlichung des Schuljahresbeginns beschlossen. Diesem Ziel
dienten auch einige Anpassungen in den kantonalen Lehrplänen, wodurch sich die
jeweiligen Jahresprogramme und konkreten Lernziele weiter zeitlich gegenseitig
annäherten (Beispiel Kanton Zürich: Im Fach Mathematik wurden in den
Neunzigerjahren die dreijährigen Stufenziele in stoffliche Jahresziele
umgewandelt.) Durch diese Harmonisierungsmassnahmen konnten die vielen
strukturellen Unterschiede und Hürden rund um die Schule über alle
Kantonsgrenzen hinweg deutlich abgebaut werden, ohne die kantonalen
Bildungshoheiten zu verletzen.
Kein Lehrplan 21 der Beliebigkeit, 19.1. von Kurt Scherrer
Heute ist im Zusammenhang mit der
geplanten Einführung des neuen Lehrplans 21 wieder viel von Harmonisierung die
Rede. Ich frage mich nur, welche Harmonisierung denn nun gemeint ist. Um
weitere kantonsübergreifende Erleichterungen im Schulalltag jedenfalls kann es
nicht gehen: Konkrete stoffliche Lernziele fehlen gänzlich, dafür finden sich
durchgehend viele hundert, oft sehr schwammig formulierte Kompetenzen in Form
von „Können“-Beschreibungen. Diese sollen festhalten, welche „Kompetenzen“ (nicht
Fähigkeiten oder Fertigkeiten!) anzustreben sind. Was aber genau mit
„Kompetenzen“ gemeint ist, habe ich auch nach langen Recherchen weder gefunden noch
plausibel erklärt bekommen. Somit lässt deren Interpretation einen riesigen
Spielraum offen. Aber was auch immer damit gemeint ist: Es soll nun neu in sogenannten
Vierjahres-Zyklen erreicht werden, kaum mehr strukturiert und schon gar nicht
mehr pro Schuljahr! Da für mich als Lehrer per Gesetz immer der jeweils gültige
Lehrplan verbindlich und verpflichtend war und ist, kann auch der Verweis auf
die Lehrmittel nicht überzeugen, welche sich zudem immer mehr Richtung Stoffsammlung,
Vorschläge und Themenangebote entwickeln, deren Auswahl und Reihenfolge für die
Lehrpersonen nicht zwingend sind. Da tun mir angesichts unserer heutigen
mobilen Arbeitswelt die vielen Familien jetzt schon leid, die dann in einem
neuen Kanton den Anschluss in der Schule wieder finden müssen!
Nein, um das Wohl von Kindern und
Eltern geht es mit dem neuen Lehrplan 21 offensichtlich nicht;
bezeichnenderweise ist er denn auch keineswegs aus einem schulalltäglichen
Bedürfnis an der Basis –– sprich: Eltern, Schüler, Lehrerschaft –– entstanden,
sondern wird vornehmlich von Politikern, sogenannten Bildungsexperten und
Bildungsverwaltungsbürokraten propagiert. Ob es mit der behaupteten
Harmonisierung und Zwängerei von oben nicht vielmehr um etwas ganz Anderes
geht, nämlich darum, das schweizerische Schul- und Bildungswesen in weiteren
Schritten noch EU-kompatibler zu machen, um es dereinst im geplanten Rahmen der
OECD als privatisierter landesweiter Dienstleistungsbetrieb auf dem
internationalen Markt verkaufen zu können –– etwa so, wie es zum Beispiel mit
der sogenannten Stromliberalisierung bereits weit gediehen ist? Die
internationalen Abkommen in diese Richtung sind schon erschreckend weitgehend
vorbereitet, die seinerzeitige Bologna-Reform zum Bildungswesen, von Frau
Altbundesrätin Dreifuss über das Volk hinweg eingeführt, war dazu nur ein
Anfang. Um diese verhängnisvolle weitere Entwicklung zu stoppen, kann ich nur
empfehlen, in den Abstimmungen zum Lehrplan 21, welche aufgrund verschiedener
Volksinitiativen in vielen Kantonen bevorsteht, eine deutliche Ablehnung des
Lehrplans 21 zum Ausdruck zu bringen. Unsere
künftigen Schülergenerationen werden es uns danken! Kein Lehrplan 21 der
Beliebigkeit!
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