2006 nahm das
Volk den Bildungsartikel unter dem Schlagwort „Harmonisierung“ an, in der
Meinung, damit würden nur Schulanfang und Bildungsziele angeglichen. Im
gleichen Jahr begann ein kleines Projektteam von Experten für
„Kompetenzorientierung“ mit der Ausarbeitung der Grundlagen für den Lehrplan
21. Im gleichen Jahr begann die Gemeinde Uetikon am See mit der Planung des
„selbstgesteuerten Lernens“, damit die Schule im Dorf bleiben durfte. Alles
Zufall? Honi soit qui mal y
pense!
Radikale Schulreformen 2006-2016, 27.12. von Peter Aebersold
Natürlich wusste man
damals noch nicht, dass „Harmonisierung“ eines von drei Zielen der
Wirtschaftsorganisation OECD war, um den globalen Bildungsmarkt zu „öffnen“,
mit der Vision, den Lehrer dereinst durch die gleichen Computerprogramme weltweit zu ersetzen. Mit dem
Pisa-Schock hatte die OECD bereits eine weltweite
Reformwelle in Gang gesetzt, bei der die traditionellen Bildungssysteme mit der
OECD-Kompetenzorientierung ersetzt wurden, was allerdings im Pisa-Ranking zu
einer Abwärtsspirale (Beispiel Finnland, Neuseeland usw.) führte, die immer
weitere Reformen auslöst. Selbst heute weiss kaum jemand, dass die
OECD-Kompetenzorientierung (nach Weinert) mit dem „selbstgesteuerten
Lernen“ in den Grundlagen
des Lehrplans 21 als die alleinige „zeitgemässe“ Methode verankert wurde. Damit
werden Klassenunterricht, Methodenfreiheit und Lehrer durch das
selbstgesteuerte, individuelle Lernen mit Computerprogrammen abgelöst.
Zehn
Jahre später: 2016 ebnet die Schweizerische Lehrerdachorganisation LCH mit
ihrem Leitfaden „Externe Bildungsfinanzierung“ den globalen Bildungskonzernen
den Weg ins Klassenzimmer. Im
Oktober 2016 kündigte die Bundesbildungsministerin Johanna Wanka den
„Digitalpakt#D“ an: 40.000 Schulen in Deutschland sollen in den nächsten fünf
Jahren mit Computern und WLAN ausgestattet werden. Im „Gegenzug für die
finanzielle Unterstützung“ werden Zugeständnisse eingefordert, die einen
massiven Eingriff in das Berufsbild und das Selbstverständnis des Unterrichtens
bedeuten. Lehrerinnen und Lehrer sollen z.B. für den Einsatz digitaler Medien
im Unterricht ausgebildet werden. Das verkürzt auf digitale statt allgemein
„Medien im Unterricht“. Zugleich wird Digital- als Medientechnik im
„Unterricht“ verpflichtend vorgeschrieben (siehe Analogie zum Lehrplan 21), was
ein direkter Eingriff in die Lehr- und Methodenfreiheit der Lehrenden ist.
2016 sind
bei den Lehrplan 21-„Versuchs“schulen wie der Sek Ossingen Lehrer und
Klassenunterricht abgeschafft. „Lernbegleiter“ und „Lernende“ sitzen meistens
vor Computer und Tablet.
Der isolierte digitale Monolog wirkt sich besonders verheerend auf die
Sprachfächer aus. Im gleichen Jahr stürzt die Schweiz bei Pisa überall ab, 20%
der Schulabgänger sind kaum mehr vermittelbar, weil ihnen Grundkenntnisse
fehlen. Zufall oder schlechtes Omen?
Die
neoliberale Ökonomisierung (Privatisierung) der Bildung ist in den letzten zehn
Jahren weiter fortgeschritten: Die Umsätze des globalen Bildungsmarktes sollen
von 4.5 Billionen im Jahr 2012 auf 6.4 Billionen USD im 2017 gesteigert werden.
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