Ein weiteres Mal haben die Gegner des Lehrplans 21 mit ihren Initiativen
Niederlagen eingefahren. Im Thurgau wie in Schaffhausen verlangten sie, dass
der Lehrplan jeweils dem Volk vorgelegt werde. Dieses aber will davon nichts
wissen.
Ohrfeigen für Lehrplan-Gegner, NZZ, 28.11. von Jörg Krummenacher
Im Thurgau kam die Initiative unter dem wenig konkreten Titel «Ja zu
einer guten Thurgauer Volksschule» zur Abstimmung, im Kanton Schaffhausen war
die Absicht gleich im Titel «Ja zu Lehrpläne vors Volk» evident. Unabhängig
davon fiel das Ergebnis aus: Im Thurgau wurde das Anliegen mit einem
Nein-Anteil von 75,3 Prozent verworfen, in Schaffhausen etwas weniger deutlich
mit 68,5 Prozent Nein-Stimmen. In beiden Kantonen erreichte die Initiative in
keiner einzigen Gemeinde eine zustimmende Mehrheit.
Zunehmende Ablehnung
Dass die ablehnenden Mehrheiten derart wuchtig ausfallen würden, konnte
nicht erwartet werden: Zu kontrovers und emotional verliefen die Diskussionen
im Vorfeld. Doch ganz offensichtlich zeigt das Stimmvolk wenig Lust, über knapp
500 Seiten dicke Lehrpläne entscheiden zu dürfen oder zu müssen.
Damit ist es den Initianten weiterhin in keinem Kanton gelungen, den
Lehrplan der Kompetenz der Erziehungsbehörden zu entziehen. In Schaffhausen
stand die SVP an der Spitze des Initiativkomitees, im Thurgau war es eine
Allianz aus Lehrern, Eltern und Vertretern mehrerer Parteien. Die Ablehnung
ihrer Initiativen fiel markant deutlicher aus als noch im vergangenen Juni in
Basel-Landschaft: Damals stimmte eine relativ knappe Nein-Mehrheit von 52,7
Prozent dagegen. Appenzell Innerrhoden und St. Gallen lehnten ähnliche
Initiativen deutlicher ab. Das Thurgauer Resultat stellt für die Initianten
aber die bisher heftigste Ohrfeige dar. Noch nie war der Nein-Anteil derart
hoch.
Mit oder ohne Frühfranzösisch
Der Thurgau ist zudem jener Kanton, der den Bundesrat mit seiner
Fremdsprachenpolitik herausfordert. Das Kantonsparlament sprach sich dafür aus,
den Französischunterricht von der Primarstufe in die Sekundarschule zu
verschieben. Den abschliessenden Entscheid dazu muss das Parlament aber erst
noch fällen.
Der Lehrplan 21 wird im Thurgau ungeachtet des Französisch-Entscheids
auf das nächste Schuljahr eingeführt. Wie bis anhin bleibt der Regierungsrat
für den Erlass der Lehrpläne und Stundentafeln der Volksschule zuständig. Auf
die von den Initianten verlangte Erarbeitung von Jahrgangszielen wird
verzichtet. Im Kanton Schaffhausen folgt die Einführung auf das Schuljahr
2018/19. Hier hatten die Initianten explizit auf die Abschaffung von
Frühfranzösisch gezielt.
Das klare Verdikt dieses Wochenendes muss den Lehrplan-Gegnern mit Blick
auf kommende Abstimmungen in anderen Kantonen zu denken geben. Der nächste
Volksentscheid zu einer Lehrplan-Initiative steht im Februar im Aargau an.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen