18. November 2016

Trotz Protesten: Der Staat wächst, besonders auch im Bildungswesen

Wer dieser Tage in den Aargau, nach Luzern oder in andere Kantone schaut, dem könnte es angst und bange werden. Aufgebrachte Staatsangestellte ziehen durch die Strassen– begleitet von Gewerkschaftern und Exponenten linker Parteien. Die Plakate, die sie schwenken, malen düsterste Szenarien, beispielsweise über Schulen und die Zukunft des Bildungssystems. Über Kinder, die bald nicht mehr korrekt schreiben können. Es ist, so wird einem unzweideutig zu verstehen gegeben, Weltuntergang.
Der Staat schrumpft nicht, er wächst, NZZ, 18.11. Kommentar von Michael Schoenenberger

Doch wie verhält es sich eigentlich wirklich? Steht unser Staatswesen tatsächlich kurz vor dem Kollaps? Bricht nächstens das Bildungswesen zusammen? Implodieren gar ganze Polizeikorps? Leiden die Staatsangestellten in den Stuben der Verwaltungen an systematischer Überlastung – trotz korrekter Arbeitszeiterfassung und meist besten Möglichkeiten zur Kompensation von Überzeit?

Bei den einfachen Steuerzahlern keimen Zweifel. Viele von ihnen kennen keine geregelten Arbeitszeiten. Viele von ihnen sind selbständig und tragen täglich die Sorge mit sich herum, Aufträge und Arbeit zu verlieren. Das geht auch Nichtselbständigen so, die dafür sorgen müssen, dass Arbeit überhaupt reinkommt. Viele von ihnen haben nur vier Wochen Ferien pro Jahr und nehmen erstaunt zur Kenntnis, wie beispielsweise Zürcher Lehrer gleich am ersten Tag nach den Ferien pausieren, um eine – wohl staatlich verordnete – Veranstaltung zu besuchen. Bei allem Verständnis für den anstrengenden und fordernden Lehrerberuf, da schwindet dann doch das Wohlwollen, zumal bei berufstätigen Eltern, die eine Betreuung für ihre Sprösslinge zu organisieren haben.

Nein, die kantonalen Staatswesen wie auch der Bund sind weit davon entfernt, zusammenzubrechen. Die aufgebrachte Linke suggeriert, der Staat werde «kaputtgespart», nur wegen Steuersenkungen, die gar nicht nötig seien. Mit Verlaub: Steuersenkungen und Senkungen von Abgaben und Gebühren sind nötig. Einerseits für die Privathaushalte, deren totale Belastung seit Jahren anwächst. Andererseits sind niedrige Steuern und wenig Bürokratie das beste Mittel, damit Jobs – ausserhalb des staatlichen Sektors natürlich – überhaupt entstehen können.

Man muss aber nicht immer gleich grundsätzlich werden. Im Prinzip genügt ein Blick auf die nackten Zahlen: In der Schweiz wachsen die staatlichen und die staatsnahen Sektoren kontinuierlich und überdurchschnittlich im Verhältnis zu anderen Bereichen. Immer mehr Menschen arbeiten in öffentlichen Verwaltungen, in Erziehung und Unterricht, im Gesundheitswesen, im Sozialwesen. Kurzum: Der Staat wächst, und zwar massiv.


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