Von
2006 bis 2010 erarbeitete eine sechsköpfige Projektgruppe unter Ausschluss der
Öffentlichkeit die „Grundlagen für den Lehrplan 21“ (https://www.lehrplan.ch/sites/default/files/Grundlagenbericht.pdf).
Die Projektgruppe setzte sich ausschliesslich aus reformorientierten Fachhochschuldozenten
mit den Spezialgebieten Kompetenzorientierung, Bildungsstandards,
Bildungssteuerung, Gender und Diversität sowie Schulbürokraten für
Bildungsplanung, Schulentwicklung und Lehrersteuerung zusammen. Als gesetzliche
Grundlage für den Lehrplan 21 wählte die Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) 2010 die Form einer „Verwaltungsvereinbarung“,
die den kantonalen Parlamenten nicht vorlegt werden musste. Der EDK ist es offensichtlich
bewusst, dass ihre ständige Behauptung, das Volk hätte 2006 mit dem
Bildungsartikel über den Lehrplan 21 abgestimmt, juristisch nicht haltbar ist
und hat deshalb heimlich und eigenmächtig mit der Verwaltungsvereinbarung eine
gesetzliche Grundlage am Volk vorbei geschaffen.
Der staatliche Umerziehungsplan „LP 21“ muss vors Volk, Bulletin Nr. 41 Bürger für Bürger, November 2016 von Peter Aebersold (Quelle: Rudolf Künzli: Verwaltungsanordnungen sind keine hinreichende Legitimation schulpolitischer Neuerungen. April 2016)
Lehrplanmonster LP21 in der Kritik – (ideologische)
Grundlagen werden totgeschwiegen
Ab 2010
hatte das grosse Team an Fachleuten auf dieser Grundlage (Kompetenzorientierung)
und wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit den eigentlichen
Monsterlehrplan zu erstellen. Seit 2013 findet die politische und mediale
Auseinandersetzung ausschliesslich um den umstrittenen Lehrplan statt, während
die dahinterstehenden, radikalen Grundlagen weitgehend verschwiegen oder verharmlost
werden. So kolportieren EDK-Exponenten gebetsmühlenartig „es würde sich wenig
ändern“ oder vom „selbstgesteuerten Lernen“ stehe nichts im Lehrplan 21,
verschweigen aber, dass das sehr wohl im Grundlagenbericht steht. Dass
Kompetenzorientierung, „Selbstgesteuertes Lernen“ und Konstruktivismus-Ideologie
wie das Huhn und das Ei zusammengehören, geht auch aus den Schulungsunterlagen
der Pädagogischen Hochschulen und der einschlägigen Reformliteratur hervor. Wenn
die Schüler mit dem „selbstgesteuerten Lernen“ selber bestimmen was, wann, wie
und ob sie lernen wollen und dabei von den „Lernbegleitern“ allein gelassen
werden müssen, ist damit logischerweise die Abschaffung des Klassenunterrichts
(Reformdeutsch: „veränderte Sicht auf den Unterricht“ oder „Unterricht ohne zu
unterrichten“), der Methodenfreiheit und der qualifizierten Lehrer verbunden.
Zürcher Regierung gegen Volksabstimmung und
Moratorium
Unter
diesen Voraussetzungen wundert es nicht, dass die Zürcher Regierung ins gleiche
Horn bläst und ihren Entscheid, die Vorbereitungsarbeiten zur Einführung des
Lehrplans 21 weiterzuführen, obwohl demnächst in einer Volksabstimmung über
diesen Lehrplan erst noch entschieden werde muss, folgendermassen begründet
(NZZ vom 18. März 2016): „Grundsätzlich gelte, dass die Schule mit dem
kompetenzorientierten Lehrplan 21 nicht grundlegend umgestaltet werde. Der
Kompetenzorientierung liege ein Lern- und Unterrichtsverständnis zugrunde, das
in der Aus- und Weiterbildung seit längerem vermittelt werde.“
Fehlende Legitimität schulpolitscher und
Lehrplanmässiger Verwaltungsentscheide
Für Rudolf Künzli,
Titularprofessor für Lehrplanforschung an der Universität Zürich, wirft die
Begründung der Zürcher Regierung unter anderem drei grundsätzliche
Fragen zur Legitimität und Legitimationspraxis schulpolitischer und
Lehrplanmässiger Entscheidungen auf, insbesondere in Bezug auf unsere direkte
Demokratie:
1.
Trifft die Behauptung zu, es handle sich bei der
Kompetenzorientierung um keine grundlegende Umgestaltung der Schule?
2.
Braucht es keine öffentliche Legitimation durch Parlament und
Volk, weil die Aus- und Weiterbildung der Lehrer bereits jetzt schon (ohne
Zustimmung des Volkes) nach der Kompetenzorientierung erfolge?
3.
Braucht es keine öffentliche Legitimation durch Parlament und
Volk, weil die hier angestrebte Umgestaltung der Schule nicht grundlegend sei?
Radikalste
Schulsystemänderung seit Bestehen der
Volksschule
Auf die erste Frage, ob das neue
Unterrichtsverständnis (Lehr- und Lernverständnis) eine grundlegende
Umgestaltung von Schule darstelle, verweist Künzli auf die neueste Analyse der
Agenda 2030 der OECD von Walter Herzog. Dieser warnt vor einem radikalen von
der internationalen Wirtschaftsorganisation OECD fremdgesteuerten Systemwechsel
mit unabsehbaren Folgen: „Der Fokus der Aufmerksamkeit wechselt vom Lehren
(durch Unterricht) zum (selbstgesteuerten) Lernen“. „In dem die pädagogische Aufmerksamkeit durch
eine nationale und internationale Bildungspolitik von den konkreten Umständen
von Schule und Unterricht auf deren Resultate verschoben wird, werden
Erwartungen gegenüber Schulreformen erzeugt, die sich absehbar nicht einlösen
werden“. „Ohne die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, sich unterrichten
zu lassen und aktiv am Unterricht teilzunehmen, wäre die Institution Schule
einer ihrer wichtigsten Ressourcen beraubt“.
Heimliche
Einführung in Aus- und Weiterbildung schafft vollendete Tatsachen
Auch wenn mit der Aus- und
Weiterbildung des Lehrplan 21 schon heimlich vollendete Tatsachen geschaffen
wurden, brauchen diese gemäss Künzli eine demokratische Legitimation: „ Der
offizielle Hinweis darauf, dass die Praxis in Grundausbildung und Weiterbildung
bereits integriert sei, kann das Gewicht der Umstellung nicht verkleinern. Auch
eine neue Praxis, die gleichsam ‚schleichend‘ oder trendmässig sich
breitgemacht hat, unterstützt durch Aus- und Weiterbildung, bedarf einer
schulpolitischen Legitimation. Die gilt umso mehr, wenn die neue geforderte
Praxis eine massgebliche Umstellung bisheriger Lehr- und Lernroutinen
impliziert“. „Es kann deshalb nicht verwundern, dass eine bedeutsame Anzahl von
erfahrenen und erprobten Lehrpersonen eine solche Umstellung ihres Unterrichts
als bedeutsam einstuft und deshalb eine öffentliche Legitimation dieses in
ihrer Wahrnehmung angeordneten Paradigmawechsels einfordern. Und mehr als das,
es ist eine demokratisch gut begründete Erwartung“. „Der blosse Hinweis darauf,
dass auf dem Wege dienstlicher Verpflichtungen eine Umsteuerung bereits erfolgt
sei, kann nicht als hinreichende Begründung dafür gelten, Umgestaltungen der
Schule als nicht grundlegend zu erklären“.
Geringschätzung
demokratischer Grundrechte und deren Missachtung untergraben das Vertrauen in
die Schulpolitik
Zur letzten Frage nimmt Künzli wie
folgt Stellung: „Welche administrativen Massnahmen einer eigenen Legitimation
bedürfen, die über die generelle Legitimation der Exekutive in Fragen der
Schulgestaltung hinausgeht, liegt nicht ausschliesslich in der Kompetenz der
Exekutive selber. Dies gilt insbesondere dann, wenn mittels einer
Volksinitiative eine solche fallbezogene Legitimation eingefordert wird. Der
Entscheid der Zürcher Regierung erweckt im vorliegenden Fall zumindest den
Eindruck der Geringschätzung eines demokratischen Grundrechtes. Er unterstellt
implizite, dass a) die Abstimmung in der Sache für die Initianten negativ
ausgeht oder b) bei einem positiven Ausgang der Abstimmung an der eingeleiteten
Reform in ihrer Grundrichtung festgehalten werden könne und auch werde. Da es
bei der eingereichten Volksinitiative und generell beim verbreiteten Widerstand
gegen den Lehrplan21 sehr vielmehr exakt um dieses „der Kompetenzorientierung
zu Grunde liegende Lehr- und Unterrichtsverständnis“ geht, also um die
Grundrichtung der Reform, und sehr viel weniger um den neu einzuführenden
Lehrplan, lässt den Entscheid nicht bloss als Geringschätzung demokratischer
Mitbestimmungsrechte in Fragen der Schulpolitik, sondern als deren Missachtung
erscheinen. Und schliesslich, ganz unabhängig von dem konkreten Sachverhalt, um
den es hier geht, trägt der Entscheid der Regierung dazu bei, das Vertrauen in
die Schulpolitik von Regierung und Administration zu untergraben“.
Staatlicher
Umerziehungsplan, der als „moderner“ Lehrplan daherkommt
Auf den
Umstand, dass der Lehrplan 21 nur als Vorwand für die radikalste Systemänderung
in der Geschichte der Volksschule benutzt wird, warnte die NZZ schon 2013:
«Gewarnt sei vor einem staatlichen Umerziehungsplan, der in Form eines
«modernen» Lehrplans daherkommt.» (Michael Schönenberger, NZZ 13.8.2013). Das
bewährte Schweizer Schulsystem darf nicht heimlich am Volk vorbei beerdigt
werden!
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