Ist eine Lehrkraft krank oder aufgrund einer Weiterbildung abwesend,
soll am ersten Tag keine Stellvertretung mehr organisiert werden. Mit dieser
Massnahme, die im Rahmen des Entlastungsprogramms Balance beschlossen wurde,
will die Stadt Winterthur bei der Schule rund 200 000 Franken sparen.
Umstrittene Balance-Massnahme, Landbote, 6.11. von Mirjam Fonti
Kindergartenkinder sind überfordert
Kaum eine andere Balance-Massnahme bei der Volksschule gab mehr zu
reden. Widerstand formierte sich vor allem vonseiten der
Kindergarten-Lehrpersonen. «Es ist schlicht undenkbar, dass eine
Kindergärtnerin zwei Klassen gleichzeitig betreut. Ebenso unrealistisch ist es,
dass die teils erst vierjährigen Kinder auf mehrere Kindergärten verteilt
werden. Das überfordert die Kinder», sagt eine Lehrerin, die nicht genannt
werden möchte.
Obwohl die Balance-Massnahme bislang gar noch nicht umgesetzt wird, war
sie bereits Gegenstand zahlreicher Diskussionen, wie Carmen Rappazo,
Vertreterin des Kindergartens im Stadtkonvent, bestätigt. «Es war allen schnell
klar, dass diese Sparmassnahme im Kindergarten nicht umsetzbar ist.»
In der Primarschule werden schon heute häufig keine Vikare mehr für
kurze Abwesenheiten organisiert. Stattdessen wird gespettet. Das heisst, dass
die Kinder einer Klasse auf verschiedene andere Klassen im Schulhaus verteilt
werden und dort mehr oder weniger selbstständig einer Aufgabe nachgehen.
Betroffene müssten Massnahme mittragen
Gemäss Stadtrat Stefan Fritschi (FDP) soll sich demnächst eine
Arbeitsgruppe mit der Frage befassen, wie die Balance-Massnahme konkret
umgesetzt wird. «Grundsätzlich halten wir an dieser Massnahme fest und haben
die Absicht, das Sparziel zu erreichen», sagt er. Denn Vikariate verursachten
grossen administrativen Aufwand ohne pädagogischen Gewinn. Zudem würden auch
die Schulleitungen die Massnahme als realistisch einschätzen. «Aber es kann gut
sein, dass wir für die Kindergärten eine andere Regelung finden müssen. Denn
wenn die Massnahme von den betroffenen Lehrpersonen nicht mitgetragen wird, ist
eine Umsetzung schwierig», sagt Fritschi.
Grundsätzlich habe man mit dem Spetten bei Schulklassen gute Erfahrungen
gemacht. «Jetzt gilt es abzuklären, für welche Altersklassen sich diese
Massnahme eignet und wie lange man mit Spetten sinnvoll überbrücken kann.
Denkbar sind ein bis zwei Tage.» Spetten soll sowohl bei vorhersehbaren
Absenzen wie auch bei Krankheit zur Regel werden. Allerdings müsse man
vermeiden, dass jene übermässig belastet werden, die gesund sind.
Schon heute ist es so, dass bei krankheitsbedingten Ausfällen oft die
Stellenpartner einspringen müssen. Fritschi sieht dies als Idealfall. «Das
verursacht am wenigsten Bürokratie, oft ist es möglich, diese Einsätze bei
anderer Gelegenheit zu kompensieren.» Andererseits setzt das die Lehrpersonen
auch unter Druck. «Wir kommen häufig halb krank zur Arbeit, weil wir die
Kollegen nicht zusätzlich belasten wollen», sagt eine Betroffene.
Ab wann keine Vikare bei Kurzabwesenheiten mehr eingesetzt werden
dürfen, ist laut Fritschi noch offen. «Wir wollen das sauber durchdenken.»
Alternativen sind im Gespräch
Bei den Kleinsten ist man auf der Suche nach alternativen Lösungen für
unvorhersehbare Abwesenheiten. So haben Kindergarten-Lehrpersonen auch schon
darüber diskutiert, nicht berufstätige Eltern anzufragen, ob sie in einem
Notfall die Verantwortung für eine Gruppe Kinder übernehmen könnten. Fritschi
ist dieser Vorschlag nicht bekannt. Er will ihn jedoch an die Arbeitsgruppe zur
Diskussion weitergeben.
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