Dem Baselbieter Bildungsrat droht die
Entmachtung. Seit April hat der Bildungsrat keinerlei Beschlüsse mehr
publiziert. Letzten Donnerstag bekräftigte Regierungsrätin Monica Gschwind in
der Fragestunde des Landrats auf Nachfrage von Christine Gorrengourt (CVP),
dass sie dem Landrat eine Vorlage zur Umsetzung der Motion von Paul Hofer (FDP)
vorlegen werde. Diese wurde vom Landrat im Frühjahr mit 47 zu 34 Stimmen
überwiesen und verlangt, dass das Expertengremium ersatzlos aufgelöst wird.
Den Experten droht die Entmachtung, Basler Zeitung, 19.11. von Thomas Dähler
Ganz so weit will Gschwind, die den Bildungsrat aktuell
präsidiert, jedoch nicht gehen. An einem Mediengespräch letzte Woche über ihre
weiteren Pläne als Bildungsdirektorin skizzierte sie, dass sie anstelle des
heutigen Bildungsrats eine beratende Kommission des Regierungsrats ins Leben
rufen möchte. Heute hat der Bildungsrat die Kompetenzen, über Stufenlehrpläne,
Stundentafeln und obligatorische Lehrmittel abschliessend zu entscheiden.
Kritisiert wird dabei seit Langem, dass diese Entscheide finanzielle Folgen
haben, die mit der Finanzhoheit des Baselbieter Parlaments unvereinbar seien.
Neues
Beratungsgremium
Anders als unter Vorgänger Urs Wüthrich stützt sich Gschwind
weniger auf den Bildungsrat ab. Deshalb hat sie aktuell ein beratendes Gremium
«Plattform Bildung» mit Vertretern aus allen Interessengruppen gebildet, das
sich einmal wöchentlich mit ihr trifft. Die Baselbieter SP hat die Existenz des
Gremiums erst kürzlich massiv kritisiert. Die «Plattform Bildung» konkurriere
direkt die Kompetenzen und Aufgaben des Bildungsrats, protestierte SP-Landrat
Christoph Hänggi. Es werde damit eine Parallel-Struktur ohne gesetzlichen
Auftrag geschaffen. In der Tat: Wäre der Bildungsrat breiter zusammengesetzt,
bräuchte es kein zusätzliches Beratungsgremium.
Der Bildungsrat selber allerdings wird sich gegen die Entmachtung
durch seine Präsidentin wehren. Gegenüber dem SRF-«Regionaljournal»
wollte sich Vizepräsident Rolf Knechtli nicht mit den Ideen Gschwinds
anfreunden: «Die Beschlüsse des neuen Gremiums hätten überhaupt keine
Verbindlichkeit», monierte Knechtli, der dem Bildungsrat seit 13 Jahren
angehört. Landrätin Simone Abt, welche die SP im Bildungsrat vertritt, erklärte
der BaZ, sie und vermutlich die Mehrheit des Gremiums wollten verhindern, dass
die Bildung zu stark politisiert werde. «Stabilität lässt sich nicht erreichen,
wenn politische Mehrheiten ausschlaggebend sind», sagte Abt. Das Fachgremium
bestehe aus sachorientierten Mitgliedern, die nicht nach politischen Kriterien
entscheiden würden.
Es sei zwar grundsätzlich denkbar, die Entscheide über
Bildungsinhalte, wie von Gschwind angestrebt, auf die Regierungsebene zu
verlagern. Doch sie glaube nicht, dass dies der Bildungsrat unterstütze, sagte
Abt. «Ich jedenfalls bin dagegen.» Wenn der Landrat den Bildungsrat in der
heutigen Form abschaffen wolle, werde das Volk abschliessend darüber
entscheiden müssen. Die bürgerliche Mehrheit werde dafür keine 80 Prozent
der Stimmen erhalten, die für eine Revision des Bildungsgesetzes ohne
Volksabstimmung nötig wären.
Für Irritationen hatten diese Woche Meldungen gesorgt, wonach
Bildungsdirektorin Gschwind die Verschiebung des neuen Lehrplans Volksschule um
zwei Jahre im Alleingang beschlossen habe. Gschwind widersprach dieser Version
im Landrat. Auf eine Frage von Simone Abt in der Fragestunde antwortete
Gschwind: «Die Beschlüsse des Bildungsrats dazu sind noch ausstehend.» Auf der
Traktandenliste der Sitzung des Bildungsrats vom 23. November steht die
Verlängerung der Übergangsstundentafel.
Vom
Volk bestätigt
Gestärkt wurde der Bildungsrat im vergangenen Juni bei der
Volksabstimmung über den Lehrplan 21. Zwar hatte der Rat die Einführung
von Sammelfächern vergeblich befürwortet. Doch bei der Frage, ob die
Einführung des Volksschul-Lehrplans dem Landrat übertragen werden solle,
entschied sich die Mehrheit der Stimmberechtigten für den Bildungsrat. «Wenn
das Volk nicht will, dass der Landrat über den Lehrplan entscheidet, ist das
schon ein Hinweis, dass dazu kein politischer Entscheid gewünscht ist», sagt
Abt, die sowohl dem Landrat als auch dem Bildungsrat angehört.
Sowohl beim Lehrplan als auch bei den finanziellen Mitteln für die
Bildung gehen heute die Meinungen des Landrats und des Bildungsrats
auseinander. Dessen Amtsperiode endet 2018. Absehbar ist, dass der Landrat bei
der Neuwahl des Bildungsrats die personelle Zusammensetzung infrage
stellt – wenn es das Gremium dannzumal in der heutigen Form noch gibt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen