Es war eine Überraschung, als die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK)
Ende Oktober die Zürcher Regierungsrätin Silvia
Steiner zu ihrer neuen Präsidentin wählte. Ihrem CVP-Kollegen
Reto Wyss aus dem Kanton Luzern waren im Vorfeld die besseren Chancen
eingeräumt worden.
Harmos-Gegner übernimmt das Steuer, NZZ, 24.11. von Erich Aschwanden
Wenig Beachtung fand, dass praktisch gleichzeitig die Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) den Zuger Bildungsdirektor Stephan
Schleiss zu ihrem neuen Präsidenten wählte. Der 44-Jährige tritt sein Amt am 1.
Januar 2017 an und löst den Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler (fdp.)
ab.
SVP gewinnt an Einfluss
Mit Schleiss geht das einflussreiche Amt erstmals in die Hände eines
SVP-Vertreters über, was kein Zufall, sondern eher folgerichtig ist. In den
letzten Jahren hat die Partei in der Deutschschweiz nach und nach
bildungspolitische Schaltstellen übernommen. SP und Grüne stellen nur noch in
Graubünden und Bern die obersten politischen Verantwortlichen für diesen
Bereich. Anders sieht es in der Romandie aus, wo Sozialdemokratinnen und Grüne
weiterhin dominieren. Dieser Vormarsch der SVP ging nicht immer reibungslos
über die Bühne. So sorgt der Walliser Erziehungsdirektor Oskar
Freysinger mit seinen Entscheiden immer wieder für Unruhe in
seinem Departement und unter den Lehrern.
SVP-Politiker amten inzwischen in sechs der 21 deutsch- und
zweisprachigen Kantone als Erziehungsdirektoren. Mit dem Zuger Stephan Schleiss
wird die Konferenz nun erstmals von einem erklärten Gegner des
Harmos-Konkordats präsidiert, organisierte er doch als damaliger Zuger
Kantonalpräsident 2009 das erfolgreiche Referendum. Aus der Sicht von Schleiss
ist dies kein Problem, weil in der interkantonalen Zusammenarbeit der
Parteihintergrund sekundär sei. «Zumal doch elf der 21 Kantone dem
Schulharmonisierungskonkordat nicht beigetreten sind», wie der Zuger
Bildungsdirektor sagt.
Gewisses Misstrauen gespürt
Schleiss gehört zu jenen SVP-Exponenten, die in den vergangenen Jahren
das Steuer in der kantonalen Bildungspolitik übernahmen. Als Nachfolger eines
grünen Politikers hatte er es bei seinem Start im Jahr 2011 nicht leicht. «Ich
stand zwar nicht unter dem Generalverdacht, dass hier ein Grüsel kommt, der nur
dreinschlägt. Doch eine gewisse Beschnupperungsphase brauchte es schon»,
erklärt Schleiss. Als klar gewesen sei, dass es im Bildungsbereich zu einer
Evolution und nicht zu einer Revolution komme, habe sich die Situation mit der
Lehrerschaft entspannt. «Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass jetzt eine
Phase der Konsolidierung folgt, während deren die Reformen umgesetzt werden»,
ist Schleiss überzeugt.
SVP-Bildungspolitiker haben es im Umgang mit ihrer eigenen Partei nicht
immer leicht. So trat der St. Galler Regierungsrat Stefan Kölliker vor kurzem erfolgreich gegen eine Initiative
seiner Partei an, die den Austritt des Kantons aus dem Harmos-Konkordat
forderte. Sein Aargauer Partei- und Amtskollege Alex Hürzeler spürte
Gegenwind, als er erneut für den Regierungsrat kandidierte. Der Präsident der
SVP-Ortssektion Muri empfahl ihn zur Abwahl. Hürzeler politisiere zu weit
entfernt von der SVP-Basis und habe sich «mit seinen Bildungsbeamten
längst arrangiert», lauteten die Vorwürfe. Hürzeler schaffte die
Wiederwahl trotzdem problemlos.
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