24. November 2016

Erstmals ein SVP-Politiker Präsident der D-EDK

Es war eine Überraschung, als die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) Ende Oktober die Zürcher Regierungsrätin Silvia Steiner zu ihrer neuen Präsidentin wählte. Ihrem CVP-Kollegen Reto Wyss aus dem Kanton Luzern waren im Vorfeld die besseren Chancen eingeräumt worden.
Harmos-Gegner übernimmt das Steuer, NZZ, 24.11. von Erich Aschwanden


Wenig Beachtung fand, dass praktisch gleichzeitig die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) den Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss zu ihrem neuen Präsidenten wählte. Der 44-Jährige tritt sein Amt am 1. Januar 2017 an und löst den Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler (fdp.) ab.

SVP gewinnt an Einfluss
Mit Schleiss geht das einflussreiche Amt erstmals in die Hände eines SVP-Vertreters über, was kein Zufall, sondern eher folgerichtig ist. In den letzten Jahren hat die Partei in der Deutschschweiz nach und nach bildungspolitische Schaltstellen übernommen. SP und Grüne stellen nur noch in Graubünden und Bern die obersten politischen Verantwortlichen für diesen Bereich. Anders sieht es in der Romandie aus, wo Sozialdemokratinnen und Grüne weiterhin dominieren. Dieser Vormarsch der SVP ging nicht immer reibungslos über die Bühne. So sorgt der Walliser Erziehungsdirektor Oskar Freysinger mit seinen Entscheiden immer wieder für Unruhe in seinem Departement und unter den Lehrern.
SVP-Politiker amten inzwischen in sechs der 21 deutsch- und zweisprachigen Kantone als Erziehungsdirektoren. Mit dem Zuger Stephan Schleiss wird die Konferenz nun erstmals von einem erklärten Gegner des Harmos-Konkordats präsidiert, organisierte er doch als damaliger Zuger Kantonalpräsident 2009 das erfolgreiche Referendum. Aus der Sicht von Schleiss ist dies kein Problem, weil in der interkantonalen Zusammenarbeit der Parteihintergrund sekundär sei. «Zumal doch elf der 21 Kantone dem Schulharmonisierungskonkordat nicht beigetreten sind», wie der Zuger Bildungsdirektor sagt.

Gewisses Misstrauen gespürt
Schleiss gehört zu jenen SVP-Exponenten, die in den vergangenen Jahren das Steuer in der kantonalen Bildungspolitik übernahmen. Als Nachfolger eines grünen Politikers hatte er es bei seinem Start im Jahr 2011 nicht leicht. «Ich stand zwar nicht unter dem Generalverdacht, dass hier ein Grüsel kommt, der nur dreinschlägt. Doch eine gewisse Beschnupperungsphase brauchte es schon», erklärt Schleiss. Als klar gewesen sei, dass es im Bildungsbereich zu einer Evolution und nicht zu einer Revolution komme, habe sich die Situation mit der Lehrerschaft entspannt. «Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass jetzt eine Phase der Konsolidierung folgt, während deren die Reformen umgesetzt werden», ist Schleiss überzeugt.

SVP-Bildungspolitiker haben es im Umgang mit ihrer eigenen Partei nicht immer leicht. So trat der St. Galler Regierungsrat Stefan Kölliker vor kurzem erfolgreich gegen eine Initiative seiner Partei an, die den Austritt des Kantons aus dem Harmos-Konkordat forderte. Sein Aargauer Partei- und Amtskollege Alex Hürzeler spürte Gegenwind, als er erneut für den Regierungsrat kandidierte. Der Präsident der SVP-Ortssektion Muri empfahl ihn zur Abwahl. Hürzeler politisiere zu weit entfernt von der SVP-Basis und habe sich «mit seinen Bildungsbeamten längst arrangiert», lauteten die Vorwürfe. Hürzeler schaffte die Wiederwahl trotzdem problemlos.


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