Was kommt mit dem Lehrplan 21 auf die
Gymnasien zu? Wird der Wissensstand von Volksschulabsolventen kompatibel mit
den Mittelschulen sein? Über dieses brisante Thema diskutierten Bildungsfachleute
im Rahmen eines Podiums an der Kantonsschule Zürich Nord.
Lehrplan 21: Auch Zürcher Gymnasien sind betroffen, Lokalinfo, 23.11.
«Als Kantonsschule stehen wir im Spannungsfeld zwischen Volks- und
Hochschule», sagte KZN-Rektor Andreas Niklaus bei seiner Einführung zur
Bildungsdebatte «Lehrplan 21 – Was bedeutet er für das Gymnasium?». Unten müsse
der Anschluss an die Volksschule stimmen und oben an die Universität. Doch was
kommt mit dem Lehrplan 21 auf die Zürcher Gymnasien zu? Viele Lehrpersonen sind
verunsichert. In zwei Inputvorträgen von Christoph Mylaeus, Geschäftsleiter der
Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, die den Lehrplan 21 erarbeitet
hat, und Beat Kissling, Lehrer, Erziehungswissenschaftler und Mitherausgeber
der Lehrplan-21-kritischen Bildungsstreitschrift «Einspruch», wurde das Thema
kontrovers beleuchtet.
Keine Schulreform
«Der Lehrplan 21 ist keine Schulreform, kein Jahrhundertwerk, das die Schule revolutionieren wird, wie Regierungsrätin Regina Aeppli ihn einst angepriesen hatte», sagte Christoph Mylaeus. Nach der Abstimmung am 21. Mai 2006 über die Harmonisierung der Schule in den Schweizer Kantonen wurde das HarmoS-Konkordat gegründet, ein überparteiliches Komitee, dem 21 Kantone angehören. Regierungsmitglieder dieser Kantone erarbeiteten in jahrelanger Arbeit den Lehrplan 21. «Die Fächerstruktur war bisher in allen Kantonen sehr unterschiedlich», so Mylaeus. «Das wurde harmonisiert. Neu wurden Kompetenzen festgelegt, was Schulkinder jeweils Ende eines Zyklus können müssen. Es wird Stichprobentests in den Kantonen geben, ob die Schüler die Grundkompetenzen erreicht haben.» Der Lehrplan 21 werde nicht alles regeln. Es gebe einen obligatorischen Themen- und Gestaltungsraum für Lehrpersonen, der durchaus Spielraum offenlasse.
Der zweite Referent, Beat Kissling, steht dem neuen Lehrplan sehr kritisch gegenüber. Er prophezeite ein Absinken des Gesamtniveaus der Volksschule und befürchtete, dass die Leistungserwartungen zum Einstieg ins Gymnasium wie in Deutschland stillschweigend herunternivelliert würden.
«Der Lehrplan 21 ist keine Schulreform, kein Jahrhundertwerk, das die Schule revolutionieren wird, wie Regierungsrätin Regina Aeppli ihn einst angepriesen hatte», sagte Christoph Mylaeus. Nach der Abstimmung am 21. Mai 2006 über die Harmonisierung der Schule in den Schweizer Kantonen wurde das HarmoS-Konkordat gegründet, ein überparteiliches Komitee, dem 21 Kantone angehören. Regierungsmitglieder dieser Kantone erarbeiteten in jahrelanger Arbeit den Lehrplan 21. «Die Fächerstruktur war bisher in allen Kantonen sehr unterschiedlich», so Mylaeus. «Das wurde harmonisiert. Neu wurden Kompetenzen festgelegt, was Schulkinder jeweils Ende eines Zyklus können müssen. Es wird Stichprobentests in den Kantonen geben, ob die Schüler die Grundkompetenzen erreicht haben.» Der Lehrplan 21 werde nicht alles regeln. Es gebe einen obligatorischen Themen- und Gestaltungsraum für Lehrpersonen, der durchaus Spielraum offenlasse.
Der zweite Referent, Beat Kissling, steht dem neuen Lehrplan sehr kritisch gegenüber. Er prophezeite ein Absinken des Gesamtniveaus der Volksschule und befürchtete, dass die Leistungserwartungen zum Einstieg ins Gymnasium wie in Deutschland stillschweigend herunternivelliert würden.
Selbstverantwortliches Lernen
Er stellte alte Lernmethoden den künftigen gegenüber: Bei der herkömmlichen Input-Orientierung liege die Verantwortung bei der Lehrperson, die ihre Schüler individuell fördert. Bei der geplanten Output-Orientierung liege die Verantwortung beim Schüler; diese müssten selbstverantwortlich messbare, in Tests reproduzierbare Kompetenzen trainieren. Bei der «alten» Didaktik stünden stufenweiser Aufbau, Veranschaulichung, Wiederholung und Automatisieren im Vordergrund, bei der «neuen» Didaktik das «selber entdecken» von Aufgaben und Rechenwegen, ohne dabei einen systematischen Aufbau zu verfolgen.
Er stellte alte Lernmethoden den künftigen gegenüber: Bei der herkömmlichen Input-Orientierung liege die Verantwortung bei der Lehrperson, die ihre Schüler individuell fördert. Bei der geplanten Output-Orientierung liege die Verantwortung beim Schüler; diese müssten selbstverantwortlich messbare, in Tests reproduzierbare Kompetenzen trainieren. Bei der «alten» Didaktik stünden stufenweiser Aufbau, Veranschaulichung, Wiederholung und Automatisieren im Vordergrund, bei der «neuen» Didaktik das «selber entdecken» von Aufgaben und Rechenwegen, ohne dabei einen systematischen Aufbau zu verfolgen.
Zudem kritisiert Kissling, dass immer mehr europäische Reformen Einzug
halten würden. «Die Internationalisierung des Bildungswesens geht immer mehr an
den Behörden vorbei; das Volk hat nichts mehr zu sagen.» Seiner Meinung nach
haben Lehrpersonen künftig keinen Spielraum mehr. «Sie sollen nicht mehr
lehren, sondern ‹coachen›. Tests wie Pisa, die die erworbenen ‹Kompetenzen›
ermitteln sollen, zerstören die weltweite Bildung. Die Quintessenz ist, dass
beim selbstorganisierten Lernen die Leistungsschere enorm aufgeht. Die Eltern
müssen künftig an die Arbeit.»
Im Anschluss an die Referate kamen im Rahmen eines Podiums, moderiert
vom KZN-Gymilehrer Michael Pfister, auch der Leiter Abteilung Mittelschule,
Reto Givel, der Lehrplanforscher Rudolf Künzli und einer der prominentesten
Kritiker, der Bieler Stadtrat und Sekundarlehrer Alain Pichard, zu Wort. Reto
Givel ist überzeugt, dass der Lehrplan 21 das Gymi beeinflussen wird. «Die
Kinder werden andere Kompetenzen und ein anderes Wissen mitbringen. Die
Harmonisierung wird auch zu Veränderungen am Gymi führen.»
«Eine klare Strukturreform»
Und Rudolf Künzli sieht den Lehrplan 21 als klare Strukturreform: «Früher erwarb man Bildung, heute Kompetenz. Zu erwarten ist eine extreme Selektion.» Seiner Meinung nach sollten Lehrpläne eine reine Schulangelegenheit sein. Er bemängelte, dass der Lehrplan 21 «plötzlich da war. Es fand zuvor keine öffentliche Diskussion statt.»
Und Rudolf Künzli sieht den Lehrplan 21 als klare Strukturreform: «Früher erwarb man Bildung, heute Kompetenz. Zu erwarten ist eine extreme Selektion.» Seiner Meinung nach sollten Lehrpläne eine reine Schulangelegenheit sein. Er bemängelte, dass der Lehrplan 21 «plötzlich da war. Es fand zuvor keine öffentliche Diskussion statt.»
«Die traditionellen Lehrpläne haben den Inhalt festgelegt, die
Lehrpersonen haben den Unterricht gestaltet und die Kompetenzen bestimmt»,
sagte Alain Pichard. «Jetzt sind die Kompetenzen vorgelegt. Die alten Lehrpläne
der Kantone waren sehr ähnlich. Es wäre einfach und günstig gewesen, sie zu
harmonisieren. Jetzt wurden stillschweigend messbare OECD-Bildungsstandards
eingeschmuggelt.» Die Pisa-Testvergleiche fand er insofern gut, als dass man
gesehen habe, dass viele Schülerinnen und Schüler weder lesen noch schreiben
können. «Doch was macht man? Statt die Leistung zu verbessern, passt man das
System an, um besser abzuschneiden.»
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