Am SP-Stadtgespräch vom
Mittwochabend im Torggel Rosenegg war die Volksschule das Thema. Am 27.
November wird im Kanton über die Initiative «für eine gute Volksschule»
abgestimmt. Dass das Thema mobilisiert, zeigte sich am grossen Interesse.
Einleitend gab Beat Brüllmann, Chef des Amtes für Volksschule, einen Einblick
in den Lehrplan Thurgau 2017. Dieser basiere auf dem Lehrplan 21, habe aber
kantonale Besonderheiten. Das Ziel: «Kinder fit machen für das Leben, den
Beruf, die Gesellschaft und die persönliche Entwicklung». Der neue Lehrplan sei
eine Anpassung an die Realitäten und ein übergeordnetes Planungsinstrument.
Wenn die Stimmberechtigten die Initiative ablehnen, werde der Lehrplan am 1.
August 2017 in Kraft gesetzt und 2021/22 im ganzen Kanton eingeführt sein.
Jahresziele sind veraltet, Thurgauer Zeitung, 7.10. von Kurt Peter
Unter der Leitung von
Ruedi Herzog diskutierten der Kreuzlinger Schulpräsident René Zweifel und die
Münsterlinger Schulpräsidentin Andrea Epper, die sich beide gegen die
Initiative aussprachen, sowie Kantonsrat Klemenz Somm und
Erziehungswissenschafter Lutz Wittenberg als Vertreter des Pro-Komitees. Die von
der Initiative geforderten Jahrgangsziele verteidigte Wittenberg: «Es sind
Eckwerte für eine Harmonisierung.» Auch Somm sprach sich dafür aus, denn «es
besteht die Gefahr, dass schwächere Schüler abgehängt werden und die Lehrer das
zu spät bemerken».
Das könne sie so nicht
bestätigen, erklärte Epper. Auch innerhalb des dreijährigen Zyklus hätten die
Lehrer ein Auge auf die einzelnen Schüler. Jahresziele seien nicht realistisch,
da die Kinder unterschiedliche Lernleistungen aufwiesen und «selbstverständlich
unterstützt werden». – «Jahresziele sind Schnee von gestern», sagte Zweifel.
Der individualisierte Unterricht bestehe schon lange und biete Vorteile.
Entgegen der Befürchtungen der Initianten bleibe mehr Zeit für schwächere
Schüler.
Individualisierung stört den Klassengeist nicht
Dies stritt Wittenberg
ab. Er meinte, dass die Individualisierung zu einem Bildungsabbau und für
Kinder aus bildungsfernen Familien zu Problemen führe. Er sehe im Gegensatz zu
Epper und Zweifel keine Vorteile, sondern die Gefahr einer Entsolidarisierung
in den Klassen. Das bestritt Zweifel: «Individualisierung führt nicht zur
Störung des Klassengeistes, wie die jahrelangen Erfahrungen aufzeigen.»
Der zweite Punkt der
Initiative sieht vor, dass nicht mehr der Regierungsrat, sondern der Grosse Rat
über Lehrpläne befindet. «Wir werden diese Vorlagen nicht stundenlang
diskutieren. Es geht darum, dass solch wichtige Geschäfte demokratisch
legitimiert werden», erklärte Somm. Ein Paradigmenwechsel in staatlichen
Institutionen müsse öffentlich diskutiert werden, ergänzte Wittenberg. Zweifel
hingegen fand, dass «der Prozess für den neuen Lehrplan transparent abgelaufen
ist». Und «ein Zurück zu den Jahreszielen wäre ein Schritt zurück in die
Steinzeit». Bei der Initiative gehe es um eine Korrektur, nicht um eine
Verhinderung des Lehrplans, meinte Somm. «Der Supertanker Volksschule bleibt
auf Kurs, auch ohne Lehrplan 21», sagte er. Für Epper wäre eine Diskussion über
Lehrpläne im Grossen Rat hingegen nicht praxistauglich.
Fehlende Transparenz bei den Grundlagen für den LP21
AntwortenLöschenAuch an diesem Podium wurde offensichtlich nicht über die "Grundlagen für den Lehrplan 21" informiert, mit denen der radikalste Systemwechsel in der Geschichte der Volksschule vollzogen werden soll, bei dem der Klassenunterricht, der Lehrer und die Methodenfreiheit abgeschafft und die Kinder vom 1. Schultag an mit dem "selbstgesteuerten Lernen" allein gelassen werden. https://www.lehrplan.ch/sites/default/files/Grundlagenbericht.pdf