"Der Lehrplan 21 ist kein Gesetzbuch", Basler Zeitung, 29.9. von Daniel Aenishänslin
Gemeindepräsident Mark Seelig stellte gleich
in seiner Begrüssung die Frage, ob der Lehrplan 21 in zehn Jahren bereits
wieder überholt sei? Dann, wenn die digitalen Medien das Schulzimmer erobert
hätten, dann, wenn die Schule 4.0 Tatsache sei. Eine erste Antwort gab der
Solothurner FDP-Regierungsrat Remo Ankli in seinem Referat in der Witterswiler
Mehrzweckhalle. Der Vorsteher des Departements für Bildung und Kultur stand für
den Lehrplan 21 ein. Damit widersprach er als Erster dem EVP-Kantonsrat René
Steiner, der das Komitee Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21
präsidiert. Abgestimmt wird am 17. Mai kommenden Jahres. Zur Veranstaltung
geladen hatte die FDP der Gemeinden Witterswil, Bättwil, Hofstetten-Flüh
Metzerlen und Rodersdorf. Moderator war FDP-Kantonsrat Mark Winkler.
«Kein Gesetzbuch» ist der neue Lehrplan gemäss Ankli. Es werde
nicht «jedes Wort auf die Goldwaage gelegt». Zu 80 Prozent sei der Lehrplan 21
mit seinem Vorgänger identisch, nur zehn Prozent seien wirklich neu. Remo Ankli
verwies darauf, dass der Lehrplan in Basel-Stadt von der 1. bis zur 9. Klasse
bereits «erfolgreich» angewendet wird, im Baselbiet in der Primarschule.
«Kompetenzen können nicht auf Wissen und Inhalt verzichten», entgegnete er den
Kritikern, «der Lehrerverband steht dahinter». Methodenfreiheit bleibe
gewährleistet. Auf die Informatik-Bildung, in der Solothurn eine Vorreiterrolle
einnehme, werde auch künftig nicht verzichtet werden müssen.
Lehrplan
mit vielen Freiräumen
René Steiner legte seine gegenteilige Sicht dar. «Niemand
produziert mehr Nobelpreisträger pro Kopf als die Schweiz», sagte Steiner. Ein
Grund, an Bewährtem festzuhalten. Radikale Kompetenzorientierung scheitere
überall, wo sie länger angewendet werde. Der Lehrplan 21 mit seinen vielen
Freiräumen, einem Lernen, in dem die Lehrperson vor allem das Umfeld schaffe,
sei «super für starke Schüler, aber eine komplette Überforderung für alle
anderen». Letztere seien zu stark auf sich alleine gestellt.
Rolf Knechtli, Geschäftsführer Aprentas und Vorstandsmitglied der
Handelskammer beider Basel, erklärte, diese Art zu lernen, sei in der
Berufsbildung seit Jahren üblich. Zudem bemerkte er: «Die Gymnasien sind
bereit.» Susan Gronki, Gesamtleiterin Schulen Leimental, meinte, der Lehrplan
21 könne auf das Schuljahr 2018/2019 eingeführt werden. Bis in zehn Jahren
gebe es genügend Lehrer, die kompetent Sammelfächer unterrichten können.
Andreas Walter, Amtsvorsteher Volksschulamt Solothurn, sagte: «Die Umsetzung
wird uns keine zusätzlichen Kosten bringen.» Eine grössere Korrektur sei
gewesen, die Anzahl der Lektionen während der neun Schuljahre um 1400 zu
erhöhen und damit auf einen Durchschnittswert zu kommen.
Udo Spornitz, Präsident Zweckverband Schule Leimental und
ehemaliger Präsident der Baselbieter FDP, hatte «erhebliche Bedenken», dass die
Umstellung reibungslos ablaufe. Noch überforderten Sammelfächer die
Lehrpersonen. Er stehe aber «voll» dahinter. «Würden wir immer noch machen, was
Pestalozzi propagierte, wären wir heute nirgends.» Entscheidend sei, «die Lehrpersonen
nicht zu verunsichern, sondern zu motivieren».
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