Im
Jahresbericht der Geschäftsleitung des LEGR 2015/16 zeigt sich einmal mehr,
dass sie die Tragweite der ständigen schulischen Reformen aud die Autonomie der
Kantone in Bildungsfragen und die horrende Kostenfolge, welche daraus
resultiert, nicht verstanden hat. Daher überrascht es auch kaum, dass sie den Kern
der Doppelinitiative nicht verstanden hat. Es macht sich auch nicht besser,
wenn im gleichen Heft ein Loblied auf die AHV-Initiative eingestimmt wird. Es zeigt lediglich, dass das demokratische
Recht je nach Inhalt der Volksinitiative als höchst wichtig oder als Unruhestiftung,
wie die Präsidentin dies in einem Artikel beschrieb, empfunden wird.
Anmerkungen zu Bericht Geschäftsleitung LEGR "Schwerpunktthema", 17.8. von Markus Niederdorfer
Schwerpunkthema des Jahres war der Lehrplan21. Alle
warteten gespannt auf diesen Fahrplan. Endlich werden die nationalen
Bildungsstandards in die kantonalen Lehrpläne einfliessen. Kantonswechsel
während der Schulzeit sollten kein Problem mehr darstellen. Die Lehrmittel sind
angeglichen, am besten aus dem selben Guss gefertigt. Was das Werk aber mit
sich gebracht hat, wird gelinde gesagt so ausgedrückt: Das Fuder wurde
überladen. Der Plan schiesst am Ziel vorbei. Zu komlex für die Lehrpersonen;
ist als Grundlage für die Lehrmittelhersteller gedacht; die Lehrmittel sind
weder zeitlich noch inhaltlich untereindander abgestimmt…" Die Geschäftsleitung des LEGR hat sich über
Weihnachten mit dem Inhalt befasst, korrigierend auf die Stundentafel
eingewirkt. Einige Kröten mussten geschluckt werden. So stand es in der
Stellungnahme im letzten Februar.
Die Grundsatzfragen: Benötigt der Kanton Graubünden ein
solches Regelwerk? Welches sind die Folgen auf die Bildungsstruktur? Können
kleinere Schuleinheiten diesen Bildungskanon bezahlen? Ist ein Stellenabbau zu
befürchten, wenn Schulen geschlossen werden müssen? Gibt es die klassische
Dorfschule in zwanzig Jahren noch? Welche Strategie unterstützt LEGR in Bezug
auf die Volksschule Graubünden?
Diese wurden weder gestellt noch öffentlich andiskutiert.
Der LEGR nahm eine Haltung des Schweigens und des Abwartens ein. Bis im
Dezember 2015 das EKUD die Katze aus dem Sack liess. Im Januar 2016 wurde an
einem Hearing der Rahmen geschnürt, der im wesentlichen sich mit Umsetzung und
Weiterbildug der Lehrpersonen befasst. Weiter ist der Verband in eine Resonanzgruppe
eingebunden. Speziell erwähnt sei, dass die 39. Schulwoche zur Einführung de
LP21 genutzt wird, obwohl gemäss Schulgesetz Unterricht gehalten werden müsste.
Die Kosten tragen einmal mehr die Gemeinden. Diese sind im zweistelligen
Millionenbereich.
Das wärs dann wohl gewesen, wenn wir nicht in der Schweiz
leben würden. Natürlich hatten auch viele Bürgerinnen und Bürger auf den LP21
gewartet. Sie nahmen sich auch Zeit über die Weihnachten, um darin zu blättern.
Auch Politikerinnen und Politiker aller "Couleur" nahmen den Lehrplan
als Ferienlektüre mit. Und viele staunten darüber, wie die EDK oder die
Lehrplangruppe diesen Auftrag des Bundes umgesetzt hatte. Jeder Kanton hat
seine Eigenheit. Und viele sehen sich zurzeit in ein Korsett geschnürt und
fühlen sich ganz schweizerisch betrachtet, nicht wohl darin. Der Unmut wächst
und in 12 Kantonen wurden Initiativen eingereicht oder sind am Laufen; so auch
im Kanton Graubünden.
Die GL des LEGR hat die Intitiativen nicht genau
durchgelesen oder manipuliert bewusst seine Mitglieder durch Fehlinformation.
Die Initiativen richten sich nicht gegen den Lehrplan21. Bei den Initiativen
geht es um die Kantonsautonomie in Bildungsfragen und generell um die Schulstruktur.
Es sind zwei vernünftige Initiativen, welche nicht Unruhe, sondern Sicherheit
und Machbarkeit im Zentrum stehen haben. Weiter wird das Kantonsrecht gestärkt.
Und es geht um verbindliche Inhalte und Jahresziele in den einzelnen Klassen.
Dies wären Kerngebiete des LEGR, welche aber in den letzten Jahren preisgegeben
wurden. Der Schlusssatz zum Schwerpunktthema strotzt nur so von Arroganz und
undemokratischem Rechtsbewusstsein. Zitat
aus Bericht: Bis diese Initiative greifen würde, ist der Lehrplan 21 längst
eingeführt.
Der Föderalismus kann
als Regulator oder Blockade angesehen werden, wie die Untersuchung
von Dr. Regula Bürgi aufzeigt.
Für die Schweiz ist die Idee einer
nationalen Bildungspolitik ein explosives Thema. 1882 wurde der Slogan „Das
Geld und die Lehrpläne sind Sache des Bundes, aber die Schulen gehören den
Kantonen“ in der Kampagne gegen die Zentralisierung der Schweizer Bildung
verwendet. Im Nachgang dieses Widerstandes wurde die EDK 1897 gegründet, um die
kantonalen Kräfte gegen die Übergriffe seitens der Bundesregierung zu
koordinieren.
Entsprechend dieser Tradition war es eine
grosse Überraschung, dass die Schweiz 1989 bei der OECD-Länderbewertung
mitmachte. 1976, 1983 und 1987 hatte zuvor die OECD die Schweiz bereits
angefragt, sich der bildungspolitischen Bewertung zu unterziehen. Wie zu
erwarten war, spielte die EDK eine zentrale Rolle bei den früheren Ablehnungen
der OECD-Anfragen. Die Argumentation für die Ablehnung war grundsätzlich
jeweils dieselbe: man sah weder eine Notwendigkeit noch einen möglichen Profit
von einer solchen Bewertung. Man sah höchstens einen möglichen Vorteil darin,
dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern gut abschneiden würde.
Die Wende kam 1987 als die Nordwestschweizer
EDK die OECD in Paris besucht. Diese Reise liess die verpasste Möglichkeit,
eine Bewertung der eigenen Bildungspolitik machen zu lassen, in neuem Licht
erscheinen und bald folgte eine neuerliche OECD-Anfrage. Erstaunlicherweise
änderte nun die EDK, die bis anhin ein führender Opponent gegen die Bewertungen
war, ihr Haltung und wurde zu einem der führenden Unterstützer. Gemäss den
Protokollen dauerte die Diskussion dafür innerhalb des EDK-Vorstandes nicht
lange. Die Schlussfolgerung, zu der dieser kam, war, dass der Föderalismus kein
Hinderungsgrund mehr sein sollte, um die OECD-Bewertung zu umgehen. Der
Beschluss fusste auf dem Argument, die Schweiz sei das einzige Land, das bisher
nicht an den bildungspolitischen Bewertungen teilgenommen hatte. Nur ein Jahr
später äusserste sich der Generalsekretär der EDK ganz anders, dass nämlich auswertige
Experten grundsätzlich unfähig seien, die Komplexität des Schweizer
Bildungswesens richtig zu erfassen und dass jegliche Bewertung zu mehr
Konfusion als zu nützlichen Vorschläge führen würde.
Schlussendlich hat die EDK nicht nur ihre
Kooperation zugesagt, sondern auch die meiste Verantwortung und die Kosten für
die Bewertungen übernommen.
Die EDK löste das Problem der erheblichen
kantonalen Unterschiede in der Bildungspolitik dadurch, dass sie sechs
repräsentative Kantone aussuchte. Vier auswärtige Experten von Nachbarländern
untersuchten dann diese Kantone hinsichtlich Primar- und Oberstufenschulen.
Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten unter
den Experten dauerte es 2 Jahre bis zur Publikation des Bewertungsberichts. Der
Inhalt wurde von allen Seiten kritisiert: von der EDK der OECD und den Experten
selbst. Trotz der vielen Defizite wurde dieser Bericht zu einer ‚Lokomotive’
für die Schweizer Schulreformen während den 1990er Jahre. ... und bis heute. anm:
Schreiber
Aus: Dr. Regula Bürgi (University Luxembourg) Die
Umgehung der nationalen Bildungspolitik: Die OECD und der Fall Schweiz
Beide Initiativen stärken die Autonomie der
Schulgemeinden und der einzelnen Lehrperson. Bei Annahme durch das Volk erhält
der Kanton die Legitimation, ein massgeschneidertes, bezahlbares Schulsystem
umzusetzen. Graubünden hat dadurch die einmalige Chance, sich nicht in die
Abhängigkeit von Lehrmittelproduzenten und Bildungsexperten zu begeben, sondern
im Dialog mit Gewerbe, Handel, Industrie und den weiterführenden Schulen die
besten Arbeitskräfte von morgen heranzubilden. Dies kann am besten gelingen,
wenn die Kinder früh mit den kulturellen Gegebenheiten ihrer nächsten
Schulumgebung vertraut werden. Dies schafft das Vertrauen und das Heimatgefühl,
welches nötig ist, um später erfogreich das Leben zu meistern. Deshalb muss
über die Volksschule in Graubünden öffentlich diskutiert werden.
Wenn LEGR schon zum Steigbügelhalter der AHV-Initiative
wird, dann muss erwartet werden, dass das dazu nötige Geld auch bei der Bildung
eingespart werden kann. Bei den teuren Lehrmitteln könnte schon heute damit
begonnen werden, wenn wieder klare Jahresziele formuliert sind. Alle Mitglieder
sind aufgerufen, sich in aller Ruhe mit den Initiativen auseinanderzusetzen. Initiativtexte
Zum Schluss möchte ich alle Nicht-Mitglieder des LEGR
ansprechen. Die Zahl der Verbandsresistenten nähert sich rasch den Tausend. Ihr
seid auch aufgerufen, euch für die Bildungslandschaft des Kantons zu
engagieren.
Was wäre, wenn
1887 die EDK nicht entstanden wäre? Diese Frage hat wohl hypothetischen
Charakter. Die Antwort überlasse ich der
Leserschaft.
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