Bald geht die Schule wieder los, und nicht nur
die Kinder, sondern auch die Eltern machen sich viele Gedanken darüber. Für die
Kinder von Sandra C. wird sich nach den Sommerferien einiges ändern: Die beiden
wurden in altersdurchmischte Klassen eingeteilt. Die Familienbloggerin ist
unsicher, ob diese Art des Lernens für ihren Nachwuchs funktioniert, ist aber
grundsätzlich der Meinung: Es kommt vor allem auf die Lehrpersonen an. Diesen
ist wohl manchmal gar nicht bewusst, wie viel von ihnen abhängt.
Schule - quo vadis? Schweizer Illustrierte, 18.8. von Sandra C.
Beim Einkaufen sticht
mir die Schlagzeile des «Beobachters» ins Auge: «Schule ohne Noten - kann das
gutgehen?» Der Lehrplan 21, der die Schule in den Deutschschweizer Kantonen
harmonisieren und in den eingeführt werden soll, schreibt keine Bewertung in Zahlen
vor. Sprich: Noten sind weiterhin möglich, aber nicht zwingend. Wie aber sollen
Schüler dann beurteilt werden? Und macht es überhaupt einen Unterschied, ob da
nun eine Drei oder ein «Ungenügend» steht?
Die Noten-Diskussion ist für mich ein
kleines Sinnbild dafür, wie orientierungslos man derzeit in Sachen Schule ist
in unserem Land. So zielt der umstrittene Lehrplan 21 - heiss diskutiert und in
vielen Kantonen bekämpft - mehr auf die Kompetenzen der Schüler als nur noch
explizit auf ihr Wissen. Was ja grundsätzlich nicht schlecht ist. Das Problem
ist nur, dass viele Kinder damit überfordert sind. Und das grössere Problem
ist, dass viele Lehrpersonen damit überfordert sind. Und somit auch nicht viel
dazu beitragen können, dass die überforderten Kinder sich besser zurecht finden.
Und bevor der Lehrplan 21 überhaupt
eingeführt ist, wird allerorts fleissig gepröbelt und geschraubt auf der Suche
nach der besten Art von Unterricht für unsere Kinder. Auch das ist nicht
grundsätzlich schlecht. Ich habe keine der Petitionen gegen die Einführung des
Altersdurchmischten Lernens unterschrieben, die an der Schule meiner Kinder im
Umlauf waren. Aus dem Grund, dass ich schlicht und einfach nicht glaube, dass
die Art, wie die Kinder unterrichtet werden der zentrale Punkt ist bezüglich
ihrer Lernerfolge - auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann,
dass es für eine Lehrperson irgendwie einfacher sein soll, drei Klassen
parallel zu unterrichten, wenn sie schon mit einer Stufe nicht klarkommt.
Ich bin mir nämlich aus eigener Erfahrung
ziemlich sicher: Lernerfolge hängen zu einem ganz grossen Teil von Lehrern und
Lehrerinnen ab. Ich war eine Riesenniete in Chemie. Wenn man sich das aber
recht überlegt, gibt es ja eigentlich keinen Grund, Chemie nicht zu kapieren -
wenn man es denn einigermassen anständig erklärt bekommt. Ich war immer
ziemlich schlecht in Mathe. Bis ich mal zwei Jahre lang einen Lehrer hatte, der
mir das tatsächlich einigermassen schmackhaft machen konnte. Die Konsequenz: Es
gab wirklich mal zwei kurze Jahre in meinem Leben, in denen ich eine anständige
Mathe-Note hatte (abgesehen von der 1. Klasse, da kriegte ich das noch
einigermassen auf die Reihe). Umgekehrt schaffte es auch mal eine Deutsch-Lehrerin,
mir mein Parade-Fach dermassen zu vermiesen, dass ich eine ungenügende Note
hatte.
Dafür
spricht auch eine in oben erwähntem «Beobachter»-Artikel zitierte Erkenntnis
des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie. Nach Auswertung von 50’000
Studien kommt er zum Schluss, dass die Fähigkeiten der Lehrpersonen das
Wichtigste für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler sind (wow - der
hätte sich viel Arbeit erspart, wenn er einfach mich gefragt hätte…). Die
Unterschiede zwischen traditionellem Frontalunterricht und anderen Formen des
Lernens sind gemäss Hattie minim. Nicht die Form des Unterrichts spielt eine
zentrale Rolle, sondern die Qualität.
Bleibt
die Frage, was denn einen guten Lehrer oder eine gute Lehrerin ausmacht. So
schwierig diese Frage zu beantworten ist, so einfach ist es. Ich als Mutter
erwarte von einer Lehrperson vor allem eines: echtes Interesse an meinem Kind.
Ich erwarte, dass mein Kind nicht gleich als Saugoof abgestempelt wird, wenn es
mal reinschwatzt, und als Anti-Talent, wenn es eine Prüfung verhaut. Ich
erwarte, dass die Lehrpersonen, die es nach den Sommerferien mit meinem Sohn zu tun bekommen, echt
interessiert sind daran, sein Leseverständnis zu verbessern - weil sie möchten,
dass er richtig lesen kann, und nicht, weil im Lehrplan steht, dass auch der
Saugoof, der immer reinschwatzt, irgendwann lesen können muss. Ich erwarte,
dass die Lehrpersonen, die nach den Sommerferien die Klasse meiner Tochter
unterrichtet, ein echtes Interesse daran haben, dass diese Kinder nicht mehr
mit dem puren Anschiss im Gesicht in die Französisch-Stunde latschen, sondern
sich freuen, wenn sie sich ein bisschen in dieser Sprache unterhalten können.
So einfach das klingt, ist es viel verlangt, ich weiss. Denn ich habe das
Gefühl, viele Lehrpersonen wissen gar nicht, wie wichtig sie für die Kinder
sind. Sie können ihnen nämlich ein Fach richtig schmackhaft machen - oder für
immer verderben. Das ist eine riesige Last auf ihren Schultern. Aber bitte,
liebe Lehrerinnen und Lehrer, seid euch bewusst, wie unglaublich wichtig ihr
für die Zukunft eurer Schülerinnen und Schüler seid. Nicht nur, wenn ihr Noten
verteilt. Ihr seid nämlich die einzigen, die ihnen etwas sehr Wichtiges
vermitteln können: Freude am Lernen. Und darum geht es doch in der Schule,
egal, in welcher Art und Weise unterrichtet wird.
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