24. Juni 2016

St. Gallen mit vergleichsweise sehr hohen Bildungsausgaben

Für die einen gibt der Kanton zu viel für die Schulen aus, für die anderen ist es viel zu wenig. Die nackten Zahlen sagen jedenfalls Folgendes: Im Jahr 2016 gibt der Kanton 564 Millionen Franken für die Bildung aus. Neben dem Gesundheitswesen ist es auch der Bereich, in dem die Ausgaben am stärksten steigen. Laut Bundesamt für Statistik sind die Ausgaben in St. Gallen ohnehin hoch: Nach Freiburg gab der Kanton schweizweit am meisten dafür aus, nämlich 30,2 Prozent der ­öffentlichen Gesamtausgaben. Weil diese Zahlen jedoch von 2013 stammen, ist dies wahrscheinlich ziemlich beschönigend. Die verschiedenen Sparpakete betrafen auch immer wieder die Schulen. Und es ist noch nicht vorbei. Eine Umfrage des Lehrerdachverbandes (LCH) kam im November 2015 zum Schluss, dass der Kanton in den nächsten Jahren Einsparungen von mindestens 13 Millionen plant. Und auch organisatorisch und inhaltlich ist im Bildungswesen vieles im Gange, einiges davon ist ziemlich umstritten.Löhne: Damit Junglehrerinnen und -lehrer nach Abschluss ihrer Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule nicht in besser zahlende Kantone ziehen, hebt der Kanton auf das kommende Schuljahr den Einstiegslohn für Kindergarten- und Primarschul-Lehrkräfte um zwei Stufen an. Bisher wurde bei den Löhnen ­gespart: So lehnte der Kantonsrat kürzlich eine bereits verspro­chene Lohnerhöhung von einem Prozent für das Staatspersonal ab.
St. Gallen will mehr Gymnasiasten, Bild: Keystone
Neue Schulen, neue Lehrpläne, neue Konflikte, Zürichsee Zeitung, 24.6. von Sina Bühler
Harmos: Im September kommt eine Initiative an die Urne, die den Austritt aus dem Harmos-Konkordat verlangt. Bereits einmal, 2008, stimmten die St. Galler darüber ab, knapp wurde die Vorlage damals angenommen. Eigentlich wollten sich die Initiantinnen und Initianten gegen die Einführung des Lehrplans 21 im Kanton wehren. Weil dieser aber Bestandteil der interkantonalen Vereinbarung ist, müssen sie den Umweg gehen. Der Kantonsrat hat sich im April klar ­dagegen ausgesprochen.

Lehrplan 21: Der neue, für die ganze Deutschschweiz harmonisierte Lehrplan soll auf das Schuljahr 2017 in Kraft treten. Die Autonomie der Kantone oder Gemeinden wird damit zwar eingeschränkt, die Stundentafeln können in einem gewissen Rahmen aber weiterhin selbstständig bestimmt werden. Die Gegner des Lehrplans kritisieren, dass an der Primarschule zwei Fremdsprachen unterrichtet werden: Der Französischunterricht überfordere die Kinder. Es ist aber keine Neuerung des harmonisierten Lehrplanes, sondern bereits seit 2008 Tatsache.

Maturaquote: St. Gallen hat eine äusserst tiefe Quote von gym­nasialen Maturanden. Es sind nur 14 Prozent. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei 20 Prozent. Die Regierung möchte die Situation mit einer Informationskampagne verbessern, ohne eine Zielquote festzulegen. Im Parlament wurde der entsprechende Bericht im Juni als «strategielos» kritisiert, zusätzlich Geld dafür ausgeben wollte die Mehrheit aber nicht. Ein Antrag der SVP, die ganze Kampagne zu streichen, scheiterte nur sehr knapp.

Fachhochschulen: Die Struktur der Ostschweizer Fachhochschulen muss neu organisiert werden, damit sie bis 2022 an das eidgenössische Gesetz angepasst und vom Bundesrat genehmigt werden kann. Dabei geht es um die Standorte St. Gallen, Buchs und Rapperswil. Der Kantonsrat wollte schon vor acht Jahren, dass verschiedene Modelle geprüft werden. Bildungsdirektor Stefan Kölliker bevorzugte und verfolgte aber nur ein zentralisiertes Modell. In der Junisession wurde er zurückgepfiffen. Nun muss er drei verschiedene Organisationsmodelle auf deren Vor- und Nachteile analysieren.

Neue Studiengänge: Um den Mangel an Fachkräften zu beheben, fokussiert der Kanton auf die Ausbildung in der Informatik. Ab 2017 gibt es in St. Gallen, Buchs und Rapperswil-Jona neue Informatikmittelschulen, in St. Gallen und Rapperswil werden die entsprechenden Lehrgänge an den Fachhochschulen gestärkt.

Ebenfalls auf 2017 geplant ist die Einführung eines Architekturstudiums an der FHS St. Gallen. Etwas länger wird es dauern, bis der Medical Master steht. Ab Herbst 2020 sollen 40 Medizinstudentinnen und -studenten am Kantonsspital St. Gallen ausgebildet werden können. Ob das Projekt tatsächlich zustande kommt, ist aber noch unklar, denn die Konkurrenz ist gross. Erst Anfang 2017 will der schweizerische Hochschulrat entscheiden, welche Kantone den Zuschlag und damit eine Anschub­finanzierung erhalten.
Die Veränderungen im Bildungsdepartement sind gross, vieles ist umstritten. Mit der Zukunft von Bildung, Schule, Kindern und Kantonsfinanzen lässt sich von rechts bis links hervor­ragend Politik machen.


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