Für die einen gibt der
Kanton zu viel für die Schulen aus, für die anderen ist es viel zu wenig. Die
nackten Zahlen sagen jedenfalls Folgendes: Im Jahr 2016 gibt der Kanton 564
Millionen Franken für die Bildung aus. Neben dem Gesundheitswesen ist es auch
der Bereich, in dem die Ausgaben am stärksten steigen. Laut Bundesamt für
Statistik sind die Ausgaben in St. Gallen ohnehin hoch: Nach Freiburg gab der
Kanton schweizweit am meisten dafür aus, nämlich 30,2 Prozent der öffentlichen
Gesamtausgaben. Weil diese Zahlen jedoch von 2013 stammen, ist dies
wahrscheinlich ziemlich beschönigend. Die verschiedenen Sparpakete betrafen
auch immer wieder die Schulen. Und es ist noch nicht vorbei. Eine Umfrage des
Lehrerdachverbandes (LCH) kam im November 2015 zum Schluss, dass der Kanton in
den nächsten Jahren Einsparungen von mindestens 13 Millionen plant. Und auch
organisatorisch und inhaltlich ist im Bildungswesen vieles im Gange, einiges
davon ist ziemlich umstritten.Löhne: Damit Junglehrerinnen und -lehrer nach
Abschluss ihrer Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule nicht in besser
zahlende Kantone ziehen, hebt der Kanton auf das kommende Schuljahr den
Einstiegslohn für Kindergarten- und Primarschul-Lehrkräfte um zwei Stufen an.
Bisher wurde bei den Löhnen gespart: So lehnte der Kantonsrat kürzlich eine
bereits versprochene Lohnerhöhung von einem Prozent für das Staatspersonal ab.
St. Gallen will mehr Gymnasiasten, Bild: Keystone
Neue Schulen, neue Lehrpläne, neue Konflikte, Zürichsee Zeitung, 24.6. von Sina Bühler
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Harmos: Im September kommt eine Initiative an die Urne, die den Austritt
aus dem Harmos-Konkordat verlangt. Bereits einmal, 2008, stimmten die St.
Galler darüber ab, knapp wurde die Vorlage damals angenommen. Eigentlich
wollten sich die Initiantinnen und Initianten gegen die Einführung des
Lehrplans 21 im Kanton wehren. Weil dieser aber Bestandteil der interkantonalen
Vereinbarung ist, müssen sie den Umweg gehen. Der Kantonsrat hat sich im April
klar dagegen ausgesprochen.
Lehrplan 21: Der neue, für die ganze Deutschschweiz harmonisierte Lehrplan
soll auf das Schuljahr 2017 in Kraft treten. Die Autonomie der Kantone oder
Gemeinden wird damit zwar eingeschränkt, die Stundentafeln können in einem
gewissen Rahmen aber weiterhin selbstständig bestimmt werden. Die Gegner des
Lehrplans kritisieren, dass an der Primarschule zwei Fremdsprachen unterrichtet
werden: Der Französischunterricht überfordere die Kinder. Es ist aber keine
Neuerung des harmonisierten Lehrplanes, sondern bereits seit 2008 Tatsache.
Maturaquote: St. Gallen hat eine äusserst tiefe Quote von gymnasialen
Maturanden. Es sind nur 14 Prozent. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei 20
Prozent. Die Regierung möchte die Situation mit einer Informationskampagne
verbessern, ohne eine Zielquote festzulegen. Im Parlament wurde der
entsprechende Bericht im Juni als «strategielos» kritisiert, zusätzlich Geld
dafür ausgeben wollte die Mehrheit aber nicht. Ein Antrag der SVP, die ganze
Kampagne zu streichen, scheiterte nur sehr knapp.
Fachhochschulen: Die Struktur der Ostschweizer Fachhochschulen muss neu
organisiert werden, damit sie bis 2022 an das eidgenössische Gesetz angepasst
und vom Bundesrat genehmigt werden kann. Dabei geht es um die Standorte St.
Gallen, Buchs und Rapperswil. Der Kantonsrat wollte schon vor acht Jahren, dass
verschiedene Modelle geprüft werden. Bildungsdirektor Stefan Kölliker
bevorzugte und verfolgte aber nur ein zentralisiertes Modell. In der
Junisession wurde er zurückgepfiffen. Nun muss er drei verschiedene
Organisationsmodelle auf deren Vor- und Nachteile analysieren.
Neue Studiengänge: Um den Mangel an Fachkräften zu beheben, fokussiert der Kanton
auf die Ausbildung in der Informatik. Ab 2017 gibt es in St. Gallen, Buchs und
Rapperswil-Jona neue Informatikmittelschulen, in St. Gallen und Rapperswil
werden die entsprechenden Lehrgänge an den Fachhochschulen gestärkt.
Ebenfalls
auf 2017 geplant ist die Einführung eines Architekturstudiums an der FHS St.
Gallen. Etwas länger wird es dauern, bis der Medical Master steht. Ab Herbst
2020 sollen 40 Medizinstudentinnen und -studenten am Kantonsspital St. Gallen
ausgebildet werden können. Ob das Projekt tatsächlich zustande kommt, ist aber
noch unklar, denn die Konkurrenz ist gross. Erst Anfang 2017 will der
schweizerische Hochschulrat entscheiden, welche Kantone den Zuschlag und damit
eine Anschubfinanzierung erhalten.
Die
Veränderungen im Bildungsdepartement sind gross, vieles ist umstritten. Mit der
Zukunft von Bildung, Schule, Kindern und Kantonsfinanzen lässt sich von rechts
bis links hervorragend Politik machen.
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