13. Juni 2016

Nach den Abstimmungen in Baselland

Eine Woche nach dem Abstimmungssonntag hat sich der Pulverdampf verzogen. Über Wochen wurde im Baselbiet heftig über die Schulen und die Universität gestritten. Und noch als das Abstimmungsergebnis bereits feststand, lamentierten die Unterlegenen, dass jetzt alles Schlimme über die Baselbieter Schulen hereinbrechen würde. Inzwischen scheint das Volksverdikt verdaut zu sein: Die Verabschiedung der Volksschul-Lehrpläne bleiben den Experten anvertraut, beim Fächerkatalog und den Zeugnisnoten haben sie sich jedoch dem Willen der Bevölkerung zu beugen.
Baselland ist keine Bildungsinsel, Basler Zeitung, 13.6. von Thomas Dähler


Was wurde doch alles am Abstimmungssonntag in Zorn und Eifer an Weltuntergangsstimmung verbreitet: Baselland werde nun zur Bildungsinsel, die schon mit Basel-Stadt vereinbarte Stundentafel müsse neu erfunden werden, für die Lehrerausbildung brauche es an der Pädagogischen Hochschule einen eigenen Baselbieter Lehrgang, und die Schweizer Lehrmittel könnten jetzt im Baselbiet nicht mehr verwendet werden. Alles Unsinn. Der Reformzug an den Baselbieter Sekundarschulen dürfte jetzt einfach etwas unaufgeregter und überlegter weiterfahren. Und für die unmittelbare Zukunft dürften sich die Volksentscheide als heilsam erweisen. «Mein Ziel ist es, einen Lehrplan zu verabschieden, der mehrheitsfähig ist», brachte es Bildungsdirektorin Monica Gschwind nach der Abstimmung auf den Punkt. Das wird sich auch der Bildungsrat zu Herzen nehmen. Auch Experten sind angehalten, auf Volkes Stimme zu hören.

Problemlos umsetzbar
Die nun vom Volk verschmähten Sammelfächer sind zwar eine Erfindung des Lehrplans 21. Doch wer die einzelnen Kompetenzen studiert, die gemäss Lehrplan 21 jeweils zu erreichen sind, stellt fest, dass sich darunter kaum fächerübergreifende Ziele befinden. Einzig im Bereich Natur und Technik verlangt der Lehrplan fächerübergreifende Diskussionen und Reflexionen über naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Anwendungen – etwas, was auch heute schon im Schulalltag Realität ist. Auch mit dem Lehrplan 21 wird es nicht schwierig sein, Einzelfächer zu unterrichten und zu benoten – auch dann nicht, wenn sich die Schüler in zwei oder drei Fächern auf ein einziges Schulbuch abstützen müssen.
Auch die Lehrerausbildung muss nach dem Entscheid zugunsten der Einzelfächer nicht neu organisiert werden. Schon bisher wurden Sekundarlehrer in Naturwissenschaften ausgebildet, damit sie Physik und Chemie unterrichten können – ein kombiniertes Fach existierte dennoch nicht in der Stundentafel. Demgegenüber wurden auch bisher die Sekundarlehrer in Chemie und in Biologie separat ausgebildet, obwohl die beiden Fächer in den Baselbieter Sekundarschulen heute zusammen unterrichtet werden.

Auch die für 2017 geplante Anpassung der Sekundarlehrer-Studiengänge an der Fachhochschule Nordwestschweiz sieht eine breite Palette an Möglichkeiten vor. Die Re-Akkreditierung bei der Erziehungsdirektoren-Konferenz ist im Gang. Eine Ausbildung in drei Fächern bleibt Standard. Im Masterstudium wird zwingend die Vertiefung von mindestens einem Einzelfach aus einer Fächerkombination verlangt.

Ob mit oder ohne Sammelfächer: Die Rufe nach einer besseren Fachausbildung angehender Sekundarlehrer werden so oder so nicht verstummen. Die Fachkompetenz darf nämlich in keinem Fall von den Stundenplänen oder der Notengebung abhängig gemacht werden. Sogenannte Schnellbleichen sollten unabhängig vom geltenden Lehrplan vermieden werden.

Pragmatischer Weg

Der von den Stimmberechtigten am letzten Sonntag eingeschlagene Weg ist ein pragmatischer. Er sollte entsprechend unaufgeregt umgesetzt werden. Die Bundesverfassung verpflichtet die Kantone zur Zusammenarbeit, garantiert aber auch ihre Schulhoheit. Die Harmonisierung mit den Nachbarkantonen dürfte mit einer Stunde mehr oder weniger Geografie oder Hauswirtschaft kaum infrage gestellt sein. Von einer Bildungsinsel ist das Baselbiet weit entfernt. Im Gegenteil: Der Baselbieter Volksentscheid könnte den einen oder anderen Kanton in der Schweiz dazu anhalten, mit den Reformen nicht zu übertreiben.

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