Gegenwärtig soll in verschiedenen Kantonen mit
dem umstrittenen Lehrplan 21 die radikalste Änderung des Schulsystems seit
Bestehen der Volksschule vorgenommen werden. Dass die Bedenken, die von der
Lehrerschaft, besorgten Eltern und Pädagogikprofessoren, angemeldet wurden,
ihre Berechtigung haben, zeigen die schlechten Resultate der
LP21-Versuchsschulen, die mit der „Kompetenzorientierung“ und ihrem
„selbstgesteuerten“ oder „selbstorganisierten Lernen SOL“ den bewährten
Klassenunterricht weitgehend abgeschafft und qualifizierte Lehrer zu
„Lernbegleiter“ degradiert haben. Die Schüler werden allein gelassen, in dem es
ihnen überlassen wird, wann, wie, wo und ob sie lernen wollen. Die übereilte
Einführung dieser wissenschaftlich nicht abgesicherten „Neuen Lernformen“
könnte für die Pionierkantone und deren Gewerbe zu einem wirtschaftlichen
Standort-Nachteil werden, wie das der Reformpionierkanton Basel-Stadt schon
einmal schmerzlich erleben musste.
Lehrplan 21 als Standortnachteil für die Wirtschaft, von Peter Aebersold, 7.6.
Lehrplan 21 als Standortnachteil für die Wirtschaft, von Peter Aebersold, 7.6.
Basel-Stadt hat mit dem Schulgesetz von 1988 eine
Reihe von sogenannt fortschrittlichen Schulreformen eingeführt und damit in der
Schweiz eine Vorreiterrolle übernommen. Bereits fünf Jahre später (Basler
Zeitung vom 12.10.93) zeigten sich jedoch die ersten negativen Resultate: Ein
Ausbildungsleiter einer grossen Basler Chemiefabrik meldete, dass von 45
Lehrverträgen für Chemie-Laboranten nur noch einer mit einem Stadt Basler
Schulabgänger abgeschlossen werden konnte. 1995 berichtete der Generaldirektor
des Schweizerischen Bankvereins in einer Sondersitzung des Basler Grossen Rates
zum Problem der nachlassenden Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Basel
(NZZ vom 3.4.95) über die gravierenden Auswirkungen der Basler Schulreformen.
Der Bankverein könne nur noch 20 Prozent seiner Lehrlinge aus dem Kanton
Basel-Stadt rekrutieren. Wie die Ergebnisse der Eignungstests für das
Medizinstudium zeigten, waren mittlerweile auch die Maturanden Opfer der
Schulreformen geworden. In den 1990er Jahren haben die Stadt-Basler Bewerber
beim Eignungstest für das Medizinstudium gesamtschweizerisch am schlechtesten
abgeschnitten.
Obwohl der Zusammenhang mit den umstrittenen
Schulreformen offensichtlich war, konnte der Kanton Basel-Stadt unbehindert
seinen Reformkurs weiterführen. Die einst als „fortschrittlich“ hochgelobte
Orientierungsschule war 2015 kaum ganz abgeschafft, als die Stadt Basel als
Pionierkanton direkt auf den „Lehrplan 21“-Zug aufsprang. Das veranlasste
beteiligte Lehrer zu folgenden Bemerkungen: «Einmal mehr dienen wir und die
Schulkinder dem Erziehungsdepartement als Versuchskaninchen. Bereits die
Einführung der Orientierungsschule als Basler Unikum sei ein einziges
Experiment und ein riesiger Fehler gewesen. Und jetzt passen wir unser System
dem Rest der Schweiz an, noch bevor die anderen Kantone die Neuerung selber
umsetzen.» („Neuer Lehrplan ohne Bücher“, Basler Zeitung, 27.10.2015)
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